Hagen.. Der Frust der Fernfahrer über fehlende Parkplätze an den Autobahnen wächst. Raststätten in Nordrhein-Westfalen laufen abends über. Die Nachfrage nach Lkw-Stellplätzen kann mit der Zunahme des Güterverkehrs auf der Straße nicht mithalten.

Sie stehen ständig im Stau. Sie quälen sich durch Baustellen. Eng geht es mit dem 40-Tonner zu. Endlich beim Discounter. Zu spät. Keine Abfertigung - zur Strafe. Sie kennen das böse Spiel. Den Ärger drücken sie weg. Wieder fahren, fahren, fahren auf der Autobahn.

Nach viereinhalb Stunden müssen sie Pause machen. Der Gesetzgeber will es so. Wehe nicht. Eine Überschreitung kann teuer werden. Wohin mit dem Brummi? Kein Platz. Keine Chance. Ab 16, 17 Uhr laufen die Raststätten über. An der Einfahrt ist Schluss. Die Spur ist zugeparkt. Die Suche nach einem Stellplatz nervt. Frust im Führerhaus. Jetzt wird geparkt. Egal wie. Es reicht.

Nichts rollt mehr. Jede Nacht kommt es zu lebensgefährlichen Situationen, wenn Autos in hohem Tempo einbiegen wollen und vor ihnen ein Lkw an einer Stelle parkt, an der er nichts zu suchen hat. „Es spielen sich haarsträubende Szenen ab“, sagt Günter Trunz, Sprecher des ADAC Westfalen. „Die Mittel für den Bau von Lkw-Stellplätzen müssen im Interesse der Verkehrssicherheit aufgestockt werden.“ Das Problem ist erkannt, die Suche nach Lösungen schleicht vor sich hin.

Nachfrage nach Lkw-Stellplätze kommt mit der Zunahme des Güterverkehrs nicht mit

Straßen-NRW hat ihre Zahl in den vergangenen vier Jahren von 4.200 auf 5.500 erhöht. Die Baukosten pro Platz liegen bei 30.000 bis 50.000 Euro. Nach einer Prognose werden bis zum Jahr 2025 zwischen Rhein und Ruhr 10.500 Stellplätze an Autobahnen benötigt, Trunz: „Die Nachfrage nach Lkw-Stellplätzen kann mit der Zunahme des Güterverkehrs auf der Straße nicht mithalten. Und in den nächsten fünfzehn Jahren soll er sich verdoppeln.“

Keine rosige Aussichten. Christoph Kösters, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Verkehrswirtschaft und Logistik NRW, weiß das: „Vielfach gibt es Engpässe. 15.000 bis 20.000 Stellplätze fehlen. Es kneift überall.“ Eine Möglichkeit, die Stoßzeiten am späten Nachmittag und in der Nacht zu entzerren, sieht Kösters nicht: „In der Regel sind es Liefervorgaben der Kunden, die den Takt bestimmen.

Nur bei einer Änderung der Abläufe hätten die Fahrer mehr Spielraum. So, wenn sie vor sechs Uhr anliefern könnten. Aus Lärmschutzgründen geht dies oftmals nicht.“ Vieles geht im Alltag der Fernfahrer nicht. Parken in Gewerbegebieten ist untersagt, Parken beim Kunden nur in Ausnahmefällen möglich. „Viele Fahrer sind genervt.“

Fernfahrer haben Nachwuchssorgen

Heinrich Ketelhut aus Oldenburg auf jeden Fall. „Es ist nur noch Kampf“, sagt der 60-Jährige, der für DHL unterwegs ist. „Ich nehme es jeden Tag hin, irgendwie.“ Jährlich fährt er 110.000 Kilometer. Er parkt mit seinem Sattelzug an der Raststätte Lichtendorf-Süd in Schwerte an der A 1. Der Ärger über die verfahrene Parkplatzsituation sitzt tief: „Wo sollen wir denn hin?“

Marcus Borgstedt aus Vlotho stimmt in den traurigen Chor ein. Mit seinem Kühlwagen ist er als Nachbar unter Kollegen nicht gerne gesehen. Zu laut, zu nervig. „Mir haben sie schon mal die Reifen zerstochen.“ Den 43-Jährigen, „ich fahre seit 20 Jahren“, beschäftigt ein noch größeres Problem. „In 20 Jahren stehen die Räder still. Es gibt viel zu wenig Nachwuchs.“

Die Gründe sind naheliegend: Die Arbeitszeiten sind wenig familienfreundlich, und der Verdienst liegt bei einer 57-Stunden-Woche im Schnitt bei 2 000 Euro brutto im Monat. Nebenan nimmt Alexander von Linden die Finger zur Hilfe und zählt die Autobahnen auf, an denen Parken eine Katastrophe ist: „A1, A 7, A 3, und die A 45.“

Neue Stellplätze zwischen Burbach und Hagen

Letztere bekommt noch in diesem Jahr zwischen Burbach und Hagen mehr Parkplätze. An der Rastanlage Löffelberg sollen in Fahrtrichtung Siegen 23 Stellplätze entstehen. Der 41-Jährige aus Iserlohn, seit fünf Jahren auf dem Bock, ist über das Verhalten vieler Kollegen entsetzt: „Jeder macht beim Parken, was er will.“

Das muss die Autobahnpolizei Dortmund auf den Plan rufen. „Ja“, sagt Sprecher Kim Freigang, „das ist Teil unserer täglichen Erfahrung. „In der Regel erteilen wir einen Platzverweis, wenn jemand verantwortungslos parkt.“ Ein Bußgeld gibt es, wenn er sich sperrt. Bei allem Ärger gibt es auch Zufriedenheit. Andreas Hilbert aus Hallenberg, seit 16 Jahren Kraftfahrer, versichert. „Ich bin mit Herzblut dabei. Wenn ich drei Tage zu Hause bin, werde ich unruhig.“ Sie fahren, fahren, fahren auf der Autobahn.