Hagen/Lüdenscheid/Essen. Ein „Hochzeitskorso“ auf der Autobahn 45 bei Hagen hatte im Juni den Verkehr erheblich behindert. Jetzt muss einer der Teilnehmer ins Gefängnis.
Obwohl sie schon von der Polizei verwarnt worden waren, hatten Mitglieder einer Hochzeitsgesellschaft auf der Autobahn 45 den Verkehr so stark behindert, dass Fahrer bis auf 30 Stundenkilometer abbremsen mussten. Einer von ihnen musste sich am Mittwoch vor dem Amtsgericht Hagen verantworten. Das Urteil gegen den 23-jährigen Mann aus Essen fiel deutlich aus.
Freitag, 21. Juni 2019: Mit wilden Fahrmanövern behindern sechs Fahrzeuge immer wieder den Verkehr auf der Autobahn 45 zwischen der Auffahrt Lüdenscheid-Nord und dem Westhofener Kreuz. „Dabei bremsten die Fahrer immer wieder stark ab, Zeugenaussagen zufolge bis auf 30 km/h“, vermeldet die Polizei damals. Um ein Überholen der Kolonne zu verhindern, sollen die Autofahrer auf allen Fahrstreifen wild hin und hergewechselt haben. Ihr Vorgehen hätten sie dabei durch lautes Hupen und eingeschaltete Warnblinkanlage unterstrichen.
Am Westhofener Kreuz kommt Verkehr ganz zum Erliegen
Andere Autofahrer, die sich massiv bedrängt fühlten, alarmierten die Polizei, die schließlich selbst Schwierigkeiten hatte, dort durchzukommen. In Höhe des Westhofener Kreuzes brachte der Konvoi den Verkehr ganz zum Erliegen. Mittlerweile hatten sich rund 40 unbeteiligte Autofahrer hinter der Kolonne eingereiht.
Den Polizisten war es schon zuvor gelungen, den Fahrer eines PS-starken blauen VW Golf R aus der Hochzeitsgesellschaft auf der Lennetalbrücke in Hagen anzuhalten, der wohl der letzte in dem Korso war und gemeinsam mit einem bislang unbekannten Fahrer eines silberfarbene BMW den Verkehr ausgebremst haben sollte. Er sei lediglich der Gast einer Hochzeit und verstehe nicht, warum die Polizei ihn gestoppt habe, so der 22-Jährige Essener.
In Lüdenscheid fielen schon Schüsse aus einem Auto
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Doch das bewahrte ihn nicht vor einer Anklage wegen Nötigung. Am Mittwoch stand er deswegen vor dem Amtsgericht Hagen. Dort stellte sich heraus, dass er zu der Hochzeitsgesellschaft gehörte, die bereits in Lüdenscheid für Aufsehen gesorgt hatte. Dort hatte man die Braut abgeholt und war mit Warnblinkanlage – Ziel war ein Hochzeitssaal in Essen – losgefahren. Zudem sollen aus einem Auto Schüsse abgegeben worden sein. Die Polizei schritt dort schon ein, stoppte den Konvoi kurz vor der Autobahn und machte den Hochzeitsgästen klar, dass sie so nicht weitermachen dürften.
Doch diese Ansprache kam wohl nicht, stattdessen kam es zu den massiven Behinderungen auf der Autobahn. Doch der inzwischen 23 Jahre alte Essener zeigte sich in der Verhandlung wenig einsichtig. Er habe „keinerlei Reue“ gezeigt, attestierte ihm Amtsrichter Albrecht Bogumil. Ein Zeuge (40) aus Bochum schilderte dagegen, wie dramatisch die Szenen auf der Autobahn waren. Er habe von 120 quasi auf Null abbremsen müssen. Das sei extrem gefährlich gewesen: „Ich bin bereits Witwer. Meine Tochter soll nicht noch Vollwaise werden.“
Richter geht bei Strafe über Forderung der Staatsanwältin hinaus
In seinem Urteil ging Richter Bogumil schließlich auch über das von der Staatsanwältin geforderte Maß von sechs Monaten hinaus. Neun Monate Freiheitsstrafe wegen Nötigung lautete das Strafmaß. Und zwar ohne Bewährung. Denn der heute arbeitslose 23-Jährige stand noch unter Bewährung nach einem Urteil des Amtsgerichts Essen, das ihn wegen Betrügereien als Mitarbeiter eines Schlüsseldienstes zu 13 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt hatte.
Seit dem Vorfall am 21. Juni hatte er schon seinen Führerschein, den er seit 2015 hat, abgeben müssen. Am Mittwoch wurde er zu insgesamt einem Jahr Führerscheinentzug verurteilt. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig, der 23-Jährige kann Berufung einlegen.