Hagen.. Ende 2018 will Hochtief die Brücksanierung an der A45 abschließen. Das Projekt soll eine Blaupause für das Geschäft von Deutschlands größtem Baukonzern bieten

Hochtief sieht im Ausbau der Infrastruktur - wie bei Brückensanierungen - ein großes Geschäft.

Eine Vorfinanzierung der öffentlichen Projekte durch private Träger wäre eine Option.

Kommunen könnten dann - verteilt über Jahre - die Bauten abzahlen.

Die Hälfte seiner Arbeitszeit verbringt Hochtief-Chef Marcelino Fernández Verdes am anderen Ende der Welt. In Australien führt ruft gleich der Spanier das wichtigste Hochtief-Unternehmen Cimic, ehemals Leighton. In dieser Woche widmete sich Fernández Verdes allerdings einer Baustelle im Herzen Nordrhein-Westfalens. Am Beispiel der Lennetalbrücke in Hagen, die Hochtief gerade durch einen Neubau ersetzt, referierte der Vorstandschef, welche Chancen er auf dem seit Jahren hart umkämpften deutschen Markt sieht.

„We are ready“, verkündet Fernández Verdes in seinem von einem starken spanischen Akzent geprägten Wirtschaftsenglisch, „wir sind bereit“. In den vergangenen Jahren hatte sich der Essener Baukonzern Stück für Stück vom Heimatmarkt zurückgezogen und stattdessen vor allem auf Geschäfte in der Ferne gesetzt. Zuletzt steuerte die Region Asien-Pazifik rund 50 Prozent der Umsatzerlöse von Hochtief bei, 40 Prozent entfielen auf Amerika, auf Europa lediglich zehn Prozent. Das Deutschland-Geschäft macht bei Hochtief aktuell noch rund sechs Prozent aus.

Deutlich weniger Mitarbeiter

Innerhalb kurzer Zeit hatte sich die Zahl der Arbeitsplätze von Deutschlands größtem Baukonzern auf dem Heimatmarkt drastisch verringert. Zählte Hochtief vor fünf Jahren noch bundesweit mehr als 10 800 Mitarbeiter, waren es vor wenigen Wochen 3700 Beschäftigte. Zum Vergleich: Weltweit gehören fast 50 000 Mitarbeiter zum Revierkonzern.

Hochtief sei bereit, in Deutschland wieder Personal aufzubauen, betonte Hochtief-Vorstand Nikolaus Graf von Matuschka. „Die Infrastruktur ist in einer desolaten Verfassung“, sagte der Manager beim Ortbesuch an der Lennetalbrücke und verwies auf eine Vielzahl maroder Straßen und Brücken. Insbesondere im Westen der Republik wittert Hochtief große Geschäftspotenziale. „Der Investitionsstau ist eklatant“, urteilt Graf von Matuschka. Nun müsse in Deutschland die Bauindustrie „angeworfen werden“.

Hochtief setzt dabei insbesondere auf die umstrittene Finanzierungsmethode Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP). Das Modell funktioniert so: Ein privater Investor baut Autobahnen, Brücken, Schulen oder Gefängnisse und sorgt über viele Jahre hinweg für den Betrieb. Bund, Länder oder Kommunen stottern die Kosten Stück für Stück ab, die sie sonst auf einen Schlag hätten. Ein aktuelles Beispiel für ein ÖPP-Projekt ist der Ausbau der A 7 bei Hamburg. Der Bundesrechnungshof sieht ÖPP-Modelle allerdings kritisch.

Das Projekt an der A45 bei Hagen wickelt Hochtief klassisch ab. Bauherr ist die Behörde Straßen NRW im Auftrag der Bundesregierung. Hochtief fungiert als Generalunternehmer. Wenn der Brückenneubau steht, wird das marode Vorgängermodell abgerissen. Ende 2018 sollen die Arbeiten an der Lennetalbrücke abgeschlossen sein, berichtet Projektleiter Jan Felgendreher. Ein aufwändiges Konzept soll dafür sorgen, dass der Verkehr auf der Autobahn ohne Unterbrechung auch während der Bauarbeiten fließt. Nebenbei sorge Hochtief übrigens auch dafür, dass die Fledermäuse ihre Heimat im Lennetal nicht verlieren.

Lkw-Verkehr nicht berücksichtigt

Die bisherige Brücke, die in den 60er-Jahren erbaut worden ist und nun vor dem Abriss steht, sei sauber konzipiert worden, erläutert der Ingenieur. Doch der massive Anstieg des Lkw-Verkehrs sei in der Vergangenheit nicht berücksichtigt worden. „Irgendwann geht jede Brücke in die Knie.“ Das neue Bauwerk soll jedenfalls eine jahrzehntelange Perspektive bieten – mit einer vorgesehen Lebensdauer, die bei mehr als 100 Jahren liegt. Hochtief sieht an der A45 noch viel zu tun. „Mittelfristig müssen alle 32 Großbrücken erneuert werden“, sagt Felgendreher.