Hagen.

Das Attribut Karrierefrau lehnt Birgit Cirullies (61) ab. Die Leiterin der Staatsanwaltschaft Hagen, Chefin von 145 Mitarbeitern, hat Karriere gemacht, zweifellos. Doch der Begriff klinge zu sehr nach Klischee, so als sei ihr beruflicher Werdegang vorgezeichnet gewesen: „War er aber nicht. Die Karriere ergibt sich eher so.“

Birgit Cirullies gehört zu jener Generation von Frauen, die in den achtziger Jahren den Weg durch die von Männern dominierten staatlichen Institutionen angetreten haben und in Führungsämter aufgestiegen sind. Auch Polizeipräsidentin Ursula Steinhauer (56) und Angelika Syrnik (55), die neue Leiterin der Justizvollzugsanstalt, gehören zu dieser Riege. Das weibliche Triumvirat an der Spitze von Polizei und Justiz in Hagen symbolisiert deshalb nicht den Aufbruch der Frauen zur Gleichberechtigung, sondern deren Verwirklichung. Für Birgit Cirullies rücken die Unterschiede zwischen den Geschlechtern wie selbstverständlich in den Hintergrund: „Wer eine Behörde leiten will, muss auf Menschen zugehen und seine Vorstellungen durchsetzen können. Das muss man als Mann können und das muss man als Frau können.“

Lebenswege der drei Frauen gleichen sich stark

Es erscheint nicht überraschend, dass sich die Lebenswege dieser drei starken Frauen gleichen. Die Leitende Oberstaatsanwältin, die Polizeipräsidentin und die JVA-Chefin sind Juristinnen, denen nach dem Studium die Welt offen stand. Dass es sie in den Staatsdienst gezogen hat, darüber sei sie „im Nachhinein sehr froh“, berichtet Ursula Steinhauer: „Erstens weil ich einen abwechslungsreichen Job habe. Und zweitens weil ich es als alleinerziehende Mutter ansonsten schwieriger gehabt hätte.“ Um ihren mittlerweile 26 Jahre alten Sohn angemessen erziehen zu können, durfte sie ihre Arbeitszeit im Innenministerium je nach Bedarf reduzieren: „Mal habe ich 27,5 Stunden gearbeitet, mal 31,3. Das war ein großer Segen für mich und mein Kind.“

Doppelrolle Mutter und Beruf erfolgreich bewältigen

Auch Cirullies und Syrnik haben die Doppelrolle Mutter und Beruf erfolgreich bewältigt. Die Gefängnisleiterin brachte sogar das Kunststück fertig, neben Jura mit Sozialwissenschaften einen zweiten Studiengang abzuschließen - eine Kombination, die ihr nun sehr zustatten kommt. Denn das Gros der 350 Knastinsassen besteht aus verurteilten Gefangenen, die ihre Haftzeit in Hagen beginnen und von hier aus auf eine der Regelanstalten verteilt werden. Bei diesem sogenannten Einweisungsverfahren muss die JVA-Chefin sowohl kriminologische Befunde als auch soziale Prognosen berücksichtigen: „Das Einweisungsverfahren ist mein Steckenpferd.“

Offenbar hat die Landesregierung nicht zufällig eine Frau an diese Schaltstelle im Justizapparat des Landes befördert. Denn die Bewertung von Menschen erfordert Einfühlungsvermögen und Empathie - Eigenschaften, die Frauen eher zuzurechnen sind als Männern. Angelika Syrnik will Unterschiede zum anderen Geschlecht denn auch gar nicht wegdiskutieren: „Männer sind vielleicht entscheidungsfreudiger, wir Frauen wägen besser ab.“ Und Ursula Steinhauer bestätigt: „Männer klappern mehr. Ich setze auf Gespräche und versuche in Konfliktfällen stets, einen Ausgleich zu finden. Am Ende bin ich aber diejenige, die die Entscheidung trifft.“

Immer noch nicht genügend Frauen im höheren Polizeidienst

Allerdings gebe es immer noch nicht genügend Frauen im höheren Polizeidienst, meint die Polizeipräsidentin, die bereits seit zwölf Jahren an der Spitze der Hagener Ermittlungsbehörde steht. Die ihr direkt zuarbeitenden Direktionsleiter sind ausnahmslos Männer. Dagegen sind im Gefängnis mit Ursula Scholand-Kuhl und bei der Staatsanwaltschaft mit Dr. Annegret Heymann auch die Posten der stellvertretenden Verwaltungsleitung von Frauen besetzt.

Was letztlich zählt im Beruf und die drei Behördenchefinnen vorangebracht hat, war ihre fachliche Qualifikation. Birgit Cirullies erinnert sich mit einer Mischung aus Stolz und Wehmut an jene Zeit, als sie nach dem Dienst ihre Akten mit nach Hause brachte, um weiterzuarbeiten, wenn die Kinder schließlich im Bette waren: „Eine halbe Stelle und mit halber Kraft arbeiten, das wollte ich nicht. Den Kindern hat meine Berufstätigkeit, glaube ich, auch nicht geschadet. Eher war ich es, die etwas vermisste. Aber man muss eben Kompromisse machen im Leben.“