München/Hamburg (dpa/tmn). Oberleitungsschaden in München, Vandalismus in Hamburg - und auf der Strecke bleiben viele Bahnreisende. Und auch auf Entschädigungen dürfen nicht alle hoffen.
Bahnreisenden wird viel Geduld abverlangt: Wegen eines Oberleitungsschadens in München war der Fernverkehr am Donnerstag stark beeinträchtigt, Züge fuhren nicht, Reisepläne lösten sich in Luft auf.
Am Freitagmorgen sind dann zahlreiche Fernverkehrszüge zwischen Hamburg und Berlin wegen Vandalismusschäden ausgefallen - mehrere Kabelschächte der Deutschen Bahn in der Hansestadt hatten gebrannt.
In solchen Fällen haben Fahrgäste bestimmte Rechte: Sie können bei größeren Verspätungen etwa das Ticket zu einem anderen Zeitpunkt und auch über eine andere Streckenführung zum Ziel nutzen oder sich den Preis erstatten zu lassen. Auch auf Mahlzeiten und Erfrischungen können sie je nach Wartezeit pochen.
Die Frage nach zusätzlichen Entschädigungen
Doch stehen Betroffenen von Verspätungen und Zugausfällen in solchen Fällen darüber hinaus auch zusätzliche Entschädigungszahlungen zu?
Die kurze Antwort: Bei größeren Verspätungen und Zugausfällen in Verbindung mit den Oberleitungsschaden in München - Ja. In Verbindung mit den Vandalismusschäden in Hamburg - Nein.
So lautet die Einschätzung der spezialisierten Juristen von der Schlichtungsstelle für öffentlichen Personenverkehr (söp), die als neutrale Instanz bei Streitigkeiten zwischen Reisenden und insbesondere Bahnunternehmen und Airlines vermittelt.
Wenn, wie es erste Erkenntnisse nahelegen, Bauarbeiten an der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München den Oberleitungsschaden verursacht haben, sei das kein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der neuen EU-Bahngastrechte-Verordnung, so söp-Leiter Christof Berlin.
Die Deutsche Bahn hat bestätigt, dass von den Problemen in München betroffene Reisende entschädigt werden sollen.
Ist indes Vandalismus die Ursache für die konkrete Zugstörung, wie es sehr wahrscheinlich in Hamburg der Fall ist, müsste die Bahn laut söp gemäß Art. 19 Abs. 10 der Verordnung nicht zahlen.
Auch eine DB-Sprecherin wies darauf hin, dass keine Verpflichtung zu einer Verspätungsentschädigung bestehe, wenn die Störung durch Dritte verursacht wurde. Also etwa bei Kabeldiebstahl, Betreten der Gleise oder Sabotage. Entscheidend für die Anwendung dieses sogenannten Haftungsausschlussgrundes sei, wer für die Beeinträchtigung letztendlich verantwortlich war.
„Wir prüfen daher die jeweiligen Sachverhalte genau und im Zweifel hat Kulanz Vorfahrt: Die DB zahlt nur dann keine Entschädigung, wenn die Verspätung ausschließlich und zweifelsfrei auf einen Eingriff Dritter zurückzuführen ist“, teilte die Sprecherin mit.
Zum Hintergrund: Kommt der Zug mehr als eine Stunde zu spät am Ziel an, kann man 25 Prozent des Fahrpreises als Entschädigungen zurückverlangen, bei mehr als zwei Stunden 50 Prozent.
Außergewöhnliche Umstände
Während die Ursache der Störung früher keine Rolle gespielt hat, können Bahnunternehmen seit einer jüngst erfolgten Novellierung der EU-Regeln diese Entschädigungen in bestimmten Fällen ablehnen - und zwar dann, wenn bestimmte „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen.
Neben Vandalismus zählen etwa Kabeldiebstähle oder Personen im Gleis dazu. In solchen Fällen wolle man zukünftig nicht mehr entschädigen, hatte die Deutsche Bahn im Zuge der Einführung der neuen Regeln im Frühsommer angekündigt.
Aber: Die meisten Fälle, in denen Entschädigungen wegen Verspätungen oder Zugausfällen beantragt werden, seien ohnehin auf Probleme in der Infrastruktur zurückzuführen, vor allem auf Baustellen. Hier könnten Kundinnen und Kunden auch künftig ihre Rechte auf Entschädigungen geltend machen, hieß es damals weiter.
Gleiches gilt für Probleme infolge von Bahnpersonal-Streiks. Und auch bei „gewöhnlichen Unwettern“ wolle die DB weiter entschädigen.
Wichtig zu wissen: Weitere Fahrgastrechte bleiben von der Frage, ob außergewöhnliche Umstände vorliegen, unberührt. Einen Überblick über die Fahrgastrechte für Bahnreisende gibt es zum Beispiel auf den Webseiten des Europäischen Verbraucherzentrums und der söp.