Siegen. Klaus Reifenrath engagiert sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe und betreut das Fahrrad-Repair-Café in der ehemaligen Hammerhütter Schule.

„Integration... Das ist ein Begriff, der schwer zu definieren ist.

Klaus Reifenrath im Fahrrad-Repair-Café Siegen in der ehemaligen Hammerhütter Schule.
Klaus Reifenrath im Fahrrad-Repair-Café Siegen in der ehemaligen Hammerhütter Schule.

Es bedeutet für mich, Menschen, die zu uns gekommen sind, zu helfen, sich hier wohlzufühlen, hier anzukommen, damit sie hier bleiben möchten und Teil der Gesellschaft werden als neue Bürger. Aber das ist anstrengend geworden“, sagt Klaus Reifenrath. Der 59-Jährige ist ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe aktiv und sieht für die Zukunft der Integrationsarbeit einige Herausforderungen – hat aber auch ein paar Lösungsansätze parat.

Unter anderem betreut er das Fahrrad-Repair-Café Siegen in der ehemaligen Hammerhütter Schule zusammen mit dem Verein Alter aktiv Siegen. Mit Geflüchteten werkelt Reifenrath dort an Rädern für Flüchtlinge und bedürftige Menschen.

Herausforderungen

Für Viele reine Beschäftigungstherapie, denn für sie eine Anstellung zu finden sei die größte Herausforderung der Integrationsarbeit, sagt der 59-Jährige. „Die Leute möchten gern arbeiten. Mehrere haben einen Schlüssel von der Werkstatt und kommen her, um an den Fahrrädern zu basteln, nur damit sie was zu tun haben. Ihnen ist langweilig.“ Für Reifenrath ist das der Grund für andere Schwierigkeiten: „Wenn so viele Leute auf engstem Raum leben, die keine Arbeit oder eine andere Beschäftigung haben, dann entstehen Reibungen. Die brauchen vernünftige Beschäftigung, am besten mit entsprechender Entlohnung.“ Junge Menschen hätten dabei noch bessere Chancen als ältere.

So kann es funktionieren

Eine gute Integration sei wegen des demografischen Wandels und des daraus resultierenden Fachkräftemangels wichtig für unsere Gesellschaft. „Uns fehlen in zehn bis zwanzig Jahren unheimlich viele Arbeitskräfte – so wie heute schon im Pflegebereich. Da sehe ich die Zukunft für viele neue Bürger in Deutschland, die sich schnell integrieren, schnell Arbeit finden und die Stellen ausgleichen können, für die uns der Nachwuchs fehlt.“

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Der ehrenamtliche Helfer treibt die Integration auf vielen Wegen voran, nimmt Geflüchtete mit zu Veranstaltungen oder Freunden. „Es ist nicht leicht, aber es funktioniert, wenn man die Leute an die Hand nimmt. Wenn sie untereinander eingepfercht sind bei Deutsch- oder Integrationskursen, dann kann das nicht funktionieren. Das ist keine Integration, das ist eine Ausbildung.“

Vorurteile abbauen

Integrationsgegner lädt Klaus Reifenrath ein, einfach mitzukommen. „Bevor sie sich ein Urteil bilden, sollen sie mitkommen, sich die Sache angucken, und die Menschen verstehen lernen.“ Viele Alteingesessene seien verhalten gegenüber den neuen Bürgern, weil sie sie nicht kennen. „Deshalb sage ich immer, sie sollen einfach mitkommen und sehen, dass das ganz normale Menschen wie wir auch sind.“

Religion sei bei seiner ehrenamtlichen Arbeit mit den Geflüchteten, von denen viele dem Islam angehören, kein Thema: „Darüber wird sehr wenig gesprochen. Sie leben mir gegenüber ihre Religion nicht offen aus und akzeptieren, dass ich nicht glaube.“

Hoffnungen...

Für Reifenrath ist das Wichtigste, die Menschen zu akzeptieren – etwas, das er sich von einigen seiner Mitbürger für die Zukunft wünschen würde. „Es steckt immer ein Einzelschicksal dahinter.“ Er erzählt von Kindern, die sich unter dem Tisch verstecken, wenn sie einen Hubschrauber hören, schaut auf den Boden und schüttelt den Kopf. „Sie müssen erstmal die Chance haben, unsere Kultur kennenzulernen und in unserer Kultur zu leben. Natürlich wollen sie auch etwas von ihrer Kultur behalten und das finde ich toll und wichtig. Ich würde mich freuen, wenn möglichst Viele, die wir betreuen, Arbeit finden, hier bleiben können und ohne unsere Betreuung in Zukunft ein Leben wie wir führen.“

... und Ängste

Kritisch betrachtet er vor allem Bewegungen in der rechtsextremen Szene. „Meine Befürchtungen sind, dass die neuen Bürger persönlich angegriffen oder beschimpft werden von Menschen aus der rechten Ecke. Es gibt viele, die Angst davor haben, nach den Vorfällen in letzter Zeit, zum Beispiel in Chemnitz. Die Initiative #wirsindmehr ist ganz wichtig im Moment.“ Dass die Stimmung komplett nach rechts kippt, glaubt Reifenrath nicht. „Dafür sind wir zu stark. Wir sind mehr!“

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