Winterberg. . Der Niederländer Rob Meurs hat vor 32 Jahren das Hotel „Der Brabander“ in Winterberg gegründet. Die meisten Gäste kommen aus dem Nachbarland.

Die Zeit heilt so manches Klischee: „Wissen Sie, wofür ,NL’ früher stand?“ fragt Rob Meurs und muss herzhaft lachen: „NL gleich: nur Limonade.“ Dass Niederländer jeden Gulden zweimal umdrehten – das gab es „vielleicht vor 25 Jahren“, sagt der Chef des Hotels „Der Brabander“ in Winterberg. Es habe sich viel verändert, so der 57-Jährige, der sich selbst als niederländischer Winterberger bezeichnet. „Meine Landsleute lassen es sich im Urlaub gut gehen. Sie kommen nicht ­wieder, weil es im Sauerland billig war, sondern weil es gut war.“

Die Niederländer sind die wichtigste touristische Zielgruppe im Sauerland. „In wenigen Stunden sind sie in einer komplett anderen Welt, eben im Land der 1000 Berge mit seinen enormen Freizeitmöglichkeiten“, sagt Meurs, Hotelier mit Leib und Seele und schönstem niederländischen Akzent. Als er zusammen mit Ehefrau Marja vor 32 Jahren das 8-Zimmer-Hotel am Fuße der St. Georg-Sprungschanze erwarb, betrat der vormalige Leiter dreier Supermärkte völliges Neuland. Heute hat das 4-Sterne-Hotel 380 Betten und einen Jahresumsatz von 8 Millionen Euro.

92 Prozent der Gäste sind Niederländer

92 Prozent der Gäste sind Niederländer, die sich im „Brabander“ wie zu Hause fühlen können. Und gehegt und gepflegt werden. Scheint nachmittags die Sonne über Winterberg und sitzen Menschen auf der Hotelterrasse, schwingt sich Rob Meurs auf sein Fahrrad mit der Aufschrift „Rob’s ijscokar“, klingelt an der Lenkrad-Schelle und verteilt Speiseeis. Versteht sich, dass der freundliche Gastgeber mit Entertainer-Qualitäten für jeden Gast einen lockeren Spruch übrig hat.

Noch heute ist er beim wöchentlichen Bingo-Spiel und bei der Dinner-Show dabei, früher hat er im Hotel auch als DJ Platten aufgelegt. „Auch wenn wir die Nacht zu Sonntag durchmachten, habe ich morgens trotzdem Eier fürs Frühstück gekocht.“ Mit roten Augen, wie er mit selbigen zwinkernd ergänzt: „Nicht nur wegen des fehlenden Schlafs, auch wegen des Jim Beam...“

„Der Brabander“ ist ein Familienbetrieb

Sieben-Tage-Wochen sind für eine Hoteliersfamilie wie die Meurs’ normal. Die vier Kinder sind in Winterberg geboren, drei Söhne sind im Betrieb. Der Generationswechsel ist eingeleitet. Der Nachwuchs hat die diversen Erweiterungen des Brabander („wenn es sich ergab“) hautnah erlebt. „Es gab keinen Tag in den 32 Jahren, an dem ich nicht mit Spaß aufgestanden bin“, sagt Rob Meurs.

Hauptsache Spaß: Das gilt auch für Sohn Danny, der sich neben seinen Vater gesetzt hat und seine Begeisterung für das Hotel-Leben ebenfalls nicht verhehlen kann. Der 28-Jährige hat die Philosophie seines Vaters („Stillstand ist nicht gut“) verinnerlicht: „Wir haben viele Ideen, sehen bei der Umsetzung keine Grenzen und versuchen modern zu denken.“ Licht und Sound in den gastronomischen Räumen werden längst über das Smartphone reguliert, ebenso das Aufblasen der Hüpfburg für Kinder. „Sie müssen immer an Lösungen denken.“

Investitionen sollen sich in Zukunft auszahlen

Nach dieser ­Devise agiert Vater Rob auch in touristischen Arbeitskreisen. „Das Sauerland wächst enorm, nicht nur in Bezug auf niederländische Gäste.“ Dass es in Zukunft so weiter geht, davon ist Meurs überzeugt. „Die vielen Investitionen in Freizeitangebote für den Winter und den Sommer werden sich auf lange Sicht auszahlen.“ Um noch zukunftssicherer zu werden, wünscht sich Meurs weitere 4-Sterne-Hotels in Winterberg. „Es fehlen noch ein paar solcher Häuser. Konkurrenz belebt das Geschäft.“

Man will den Winterberg-Urlaubern einen hohen Standard bieten. Auch um sich von einem – auch bei NL-Urlaubern sehr beliebten – Sauerland-Ort wie Willingen abzugrenzen. „Willingen hat ein völlig anderes Konzept als Party-Ort. Das ist nicht mit dem zu vergleichen, was wir bieten“, sagt Danny Meurs.

„Kontrollierte“ Partys bis 24 Uhr

Das heißt nicht, dass niederländische „Feierbiester“ im Brabander nicht auf ihre Kosten kommen. Ab 16 Uhr steht Apres-Ski-Atmosphäre in der Skihütte nebenan auf dem Programm. Zwischen 19 und 21 Uhr ist die Partyzum „Aufräumen“ unterbrochen, erklärt Dannys Vater Rob. Um 24 Uhr werden die Pforten geschlossen. Mit Rücksicht auf die Nachtruhe der Hotelgäste und die Gesundheit von Fetengängern, die das Feiern allzu ausufern lassen könnten. „Ich spreche vom kontrollierten Feiern. Es geht um Spaß für unsere Gäste, nicht nur ums Geld.“

Winterberg ist längst zur Hauptstadt der holländischen Alpen geworden. In niederländischer Sprache hätte das Hotel statt „Der ­Brabander“ eigentlich „De Brabander“ heißen müssen. Eine gewollte Wortkombination aus den Anfängen des Gästehauses: „Wir wollten Niederländer ansprechen, aber Deutsche nicht ausschließen“, so Rob Meurs.

Frikandel darf nicht fehlen

Was hat sich in den 32 Jahren verändert? „Karaoke ist nicht mehr ,in’, und statt 99,9 Prozent der Gäste stammen heute nur noch 92 Prozent aus den Niederlanden“, lacht der Brabander-Chef. Gut 7 Prozent sind Deutsche – „in erster Linie wegen unserer tollen Saunalandschaft“. Natürlich lassen sie sich holländische Frikandel im Restaurant schmecken. Kulinarisch ist man auf die Essgewohnheiten der mit Abstand größten Gästegruppe eingestellt. Wiewohl auch Sauerländer Spezialitäten auf der Speisekarte stehen.

Rob Meurs ist nicht der einzige Niederländer, der im Sauerland sein Glück als Hotelier versucht hat. So mancher habe sich im Urlaub von der Schönheit des Sauerlandes verzaubern lassen und ein Hotel eröffnet. „Viele haben gedacht, dass das ganz einfach ist und sind gescheitert.“

Das „Brabander“ soll noch lange niederländische Gemütlichkeit im Sauerland angeboten werden. „Wir verkaufen Urlaubs- und Wohlfühlatmosphäre“, sagt Rob Meurs. Eben „NL“: „Nur lächeln.“

Lesen Sie hier unser Interview mit Winterbergs Tourismusdirektor Michael Beckmann:

Zum Zukunftsrauschen