Düsseldorf/Hagen. . Zielfahnder des Landeskriminalamtes (LKA) NRW suchen nach wie vor weltweit nach Norman Franz. Die Spezialisten wollen unerkannt bleiben.
Zielfahnder des Landeskriminalamtes (LKA) NRW suchen nach wie vor weltweit nach Norman Franz. Die Spezialisten wollen unerkannt bleiben, unser Interview, das die WESTFALENPOST im LKA Düsseldorf führte, wird daher in anonymisierter Form veröffentlicht.
Warum fahnden Sie auch nach so vielen Jahren nach Norman Franz?
Weil man wohl kaum etwas Schlimmeres über jemanden sagen kann, als dass er fünf Menschen umgebracht hat. Deshalb besitzt die Suche nach Franz für uns nach wie vor einen hohen Stellenwert. In JVA-Kreisen gilt er als Legende. Jeder meint ihn zu kennen oder ihn gesehen zu haben.
Wie nähern Sie sich einer Person, die Sie persönlich nie kennengelernt haben?
Indem man versucht, alles über ihn zu erfahren, ihn womöglich besser kennenzulernen als er sich selbst – bis hin zu seinen Sehnsüchten und Träumen. So dass man sagen kann: Sein Leben im Untergrund könnte diese Richtung genommen haben. Wir überlegen natürlich auch, welche Eigenschaften an einem Menschen sich verändern und welche er nie wird ablegen können.
Damit hatten Sie bislang nicht viel Erfolg, oder?
In den zurückliegenden 18 Jahren haben sich verschiedene Kollegen mit der Causa Franz beschäftigt. Jeder hat eine andere Herangehensweise, neue Kollegen bringen neue Ansätze mit. Und auch die technischen Möglichkeiten haben sich verbessert, die DNA-Analyse ist heute sehr weit fortgeschritten.
Was für ein Mensch ist dieser Norman Franz?
Ein augenscheinlich unauffälliger Typ mit einer liebenswerten, ruhigen Stimme. Einer, der es gut mit Frauen kann. Doch er hat völlig irrationale Ausbrüche. Die Wachleute bei seinen Raubüberfällen in Weimar und Halle hätte er nicht niederschießen müssen, an die Beute wäre er auch so gelangt. Doch er hat sie kaltblütig ermordet.
Wo könnte sich Franz denn aufhalten?
Wir gehen davon aus, dass er sich im Ausland befindet. Sicherlich nicht dort, wo er als Fremder relativ schnell auffallen muss. Es besteht die Möglichkeit, dass er in einem Portugiesisch sprechenden Land lebt, denn diese Sprache beherrscht er selbst. Da es viele portugiesische Kolonien gab, wird die Sprache in zahlreichen Gegenden auf dem Erdball gesprochen. Einige davon kannten wir vorher selbst nicht.
Gibt es weitere Ermittlungsansätze?
Der Mensch ist ein kommunikatives Wesen. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch Norman Franz, obwohl er seine wahre Identität völlig abschottet, Kontakt zu anderen Menschen sucht. Die Beziehungen nach Deutschland hat er aber höchstwahrscheinlich allesamt abgebrochen, auch die zu seiner Ex-Frau und seinem Sohn. Aber wir beobachten auch, ob in irgendeinem Winkel der Welt ein Verbrechen geschieht, das zu seiner Handschrift passt. Bisher war das nicht der Fall. Aber wir rechnen damit, dass es irgendwann geschieht.
Und wenn er längst tot ist?
Denkbar wäre das. Aber dafür gibt es nicht einen einzigen Beleg. Deshalb gehen wir davon aus, dass er lebt, sonst machte unsere Arbeit ja auch keinen Sinn. Die Deutschen sind ja ein reisewütiges Volk: Wer etwas über ihn weiß oder ihn gesehen hat – ob im indischen Aschram, im australischen Outback oder im Amazonasgebiet –, der kann uns das mitteilen. Wir gehen jedem Hinweis nach.
Und die Legende Franz?
An diesem Mann ist nichts Romantisches. Er ist und bleibt ein eiskalter Verbrecher, der fünf Menschen ermordet hat. Wir vergessen niemanden. Ihn ganz bestimmt nicht.