Winterberg. . Die Bob-Anschieberin Erline Nolte vom BSC Winterberg spricht über ihr vorzeitiges Saison-Aus und die Rolle, in die sie vorerst schlüpft.

Für Erline Nolte boten die Tage in Winterberg einen Vorgeschmack auf die anstehende Saison. Allerdings nicht so, wie es sich eine Bob-Anschieberin wünscht und wie es für ihre Kolleginnen zutraf. Die schoben Bobs in die Bahn und jagten hinter ihre Pilotinnen gekauert den Eiskanal hinunter. Erline Nolte, die 29-jährige Olympiastarterin des BSC Winterberg, war bei der Deutschen Meisterschaft hingegen zum Zuschauen verdammt. Und zum Anfeuern. Zum Anfeuern der „German Bobladies“, wie sich die Pilotinnen und Anschieberinnen selbst tauften, und zum Anfeuern ihres Freundes, dem Bobpiloten Christoph Hafer.

Denn für Erline Nolte ist die Bob-Saison bereits beendet. Nach einer Fußoperation Mitte Juni dieses Jahres verlief die Reha nicht wie geplant – weshalb Chef-Bundestrainer René Spies, Noltes Trainer Heiner Preute und sie selbst entschieden, diesen Winter komplett ihrer vollständigen Genesung zu widmen.

Frau Nolte, Ihr Plan war nach der Operation, bis zum Leistungstest kurz vor Weihnachten wieder fit zu sein. Was ist in den vergangenen Wochen schief gegangen?
Erline Nolte: Das war der Plan, ja. Und dementsprechend habe ich trainiert. Aber ich habe meinen Fuß viel zu früh und viel zu viel belastet, wie sich nun leider bei einem MRT herausgestellt hat. Ich hatte zwar permanent Schmerzen, aber ich habe über den Schmerz weg trainiert. Ich wollte einfach so dringend wieder fit werden.

So dringend, dass kein Trainer Sie stoppen konnte?
Das Schöne ist ja, dass wir erwachsene Athleten mit einer gehörigen Portion Eigenverantwortung sind. Deshalb ärgere ich mich krass über mich selbst. Ich weiß, bei welchen Schmerzen ich aufhören muss – normalerweise. Aber ich wollte unbedingt wieder in Form kommen, so dass ich meine Erfahrungen irgendwie ignoriert habe.

Ihre Reha-Erfahrungen von zum Beispiel einer langwierigen Rückenverletzung vor zwei Jahren?
Genau. Beim Rücken war das ähnlich. Damals habe ich mir geschworen: Beim nächsten Mal bist du schlauer. Tja, Pustekuchen. (lacht) Aber ein bisschen kann ich mich verteidigen: Ich bin vor dieser Operation noch nie operiert worden. Das war also doch Neuland. (grinst)

Siegerehrung der DM: Das Podium mit unter anderem Annika Drazek (3.v.li.) und Mariama Jamanka (3.v.re.) sowie Anna Köhler (2.v.re.) und deren Anschieberin Lisa-Sophie Gericke (re.). Foto: Falk Blesken Ihre gute Laune scheint Ihnen trotz des nun feststehenden Saison-Aus’ nicht vergangen zu sein.
Als die Entscheidung getroffen wurde, war ich schon niedergeschlagen, das war echt hart. Vor allem für meine Pilotin und Vereinskollegin Anna Köhler tat es mir super leid. Aber was bringt es, wenn ich Anfang Dezember die Belastung auf den Fuß wieder steigern kann? Meine Top-Leistungen werde ich anschließend nicht sofort abrufen können. Deshalb ist mir bei der DM ein großer Stein vom Herzen gefallen, als ich gesehen habe, dass es für Anna mit der Bronzemedaille so gut läuft.

Sie startet jetzt mit der Anschieberin Lisa-Sophie Gericke.
Lisa-Sophie ist auch stark. Aber im Frauen-Anschub klafft eben hinter Annika Drazek eine große Lücke, da Lisa-Marie Buckwitz zur Pilotin umschult und es einige Verletzungen gibt. Jede Pilotin, die nicht mit Anni oder mit Ann-Christin Strack fährt, muss um ihren Startplatz im Weltcup kämpfen. Lisa-Sophie Gericke war ja quasi heimatlos und nach meinem Ausfall ist es natürlich super, dass sie noch zu Anna gekommen ist.

Warum war sie heimatlos?
Sie war im Team von Sandra Kroll, die aber kurz vor der Saison ihre Karriere beendet hat.

Schaffen die beiden den Sprung in den Weltcup? Am Sonntag und Montag sind ja die entscheidenden Selektionsrennen in Altenberg.
Anna und Lisa-Sophie werden es schaffen. Lisa ist stark, Anna ist eine gute Pilotin. Sie ist im vergangenen Olympia-Winter enorm gereift und hat sich top entwickelt. Mentale Stärke ist extrem wichtig – und die hat sie.

Siegerehrung der DM: Das Team von Noltes Freund Christoph Hafer belegte Rang zwei im Viererbob (li.). Foto: Falk Blesken Eine von Köhlers ärgsten Konkurrentinnen scheint ausgerechnet Ihre erst 19-jährige Vereinskollegin Laura Nolte – Namensvetterin, aber nicht verwandt mit Ihnen – zu sein. Stimmen Sie zu?
Ja. Laura ist außerdem die Pilotin der Zukunft, weil sie am Anschub extrem stark ist und sich dort noch steigern wird. Aber in dieser Saison hat sie beim Material einen Nachteil. Sie fährt den Bob von Sandra Kiriasis, meine ich. Der war top – als ich mit dem Sport anfing. Heute gibt es eben modernere Geräte.

Eine letzte Frage: Wie vertreiben Sie sich eigentlich jetzt die Zeit?
Das ist tatsächlich die große Quizfrage. (lacht) Jeder, der seinen Beruf liebt, wird nachempfinden können, wie schwierig die Zeit jetzt für mich ist. Wenn ich die anderen fahren sehe, würde ich liebend gerne mitmischen. Aber: Erstmal werde ich nur meinem Freund Christoph nachreisen können anstatt selbst aktiv zu sein – als Pilotenfrau. (lacht)