Iserlohn. Wie sieht der Eishockey-Bundestrainer die Iserlohn Roosters? Hat Lean Bergmann eine Chance verdient? Im Interview bezieht Marco Sturm Stellung.

Er wollte kein großes Aufheben um sein Tor machen. „Das war glücklich“, sagte Lean Bergmann bescheiden, nachdem er für die Iserlohn Roosters im Derby gegen die Düsseldorfer EG getroffen hatte. Glücklich – sieht anders aus. Wie der 20-Jährige in der eigenen Zone den Puck stibitzte, wie er raketengleich antrat und wie er die Scheibe unhaltbar in den linken Torwinkel drosch – das war ein weiterer Beweis seiner Klasse.

Aktuell ist der gebürtige Hemeraner mit sechs Toren und drei Assists laut Statistik bester deutscher U25-Spieler der Deutschen Eishockey Liga. Er ist einer der Gründe, warum die Roosters die torgefährlichste Offensive der Liga stellen, was im Torwart-Theater derzeit etwas untergeht.

Am Freitag kommt Mannheim, dann nach Nürnberg

Die zwei Partien in der DEL vor der knapp zweiwöchigen Länderspielpause haben es für die Iserlohn Roosters durchaus in sich: Am Freitag (19.30 Uhr) kommt der letztjährige Hauptrunden-Zweite Adler Mannheim an den Seilersee. Am Sonntag geht es dann zu den Thomas Sabo Ice Tigers aus Nürnberg (16.30 Uhr).

Nach dem bevorstehenden Wochenende legt die DEL eine Länderspielpause ein. Für die deutsche Nationalmannschaft um Bundestrainer Marco Sturm steht dann der Deutschland Cup in Krefeld auf dem Programm. Das Traditionsturnier, an dem neben den Gastgebern noch Russland, die Schweiz und die Slowakei teilnehmen, wird am Donnerstag, 8. November, eröffnet. Wir haben Marco Sturm im Vorfeld ein paar Fragen gestellt – auch die, warum zum Beispiel Lean Bergmann keine Einladung zur Nationalmannschaft erhalten hat.

Herr Sturm, stimmt es, dass Sie als Bundestrainer noch nie ein Heimspiel der Iserlohn Roosters live gesehen haben?
Marco Sturm: Das stimmt. Ich war allerdings in den letzten Jahren regelmäßig bei Auswärtsspielen der Roosters vor Ort. Natürlich liegt mein Hauptaugenmerk auf den deutschen Nationalspielern. Es waren leider in der Vergangenheit keine Spieler für den engeren Kreis dabei, aber Iserlohn hat mit Lean Bergmann definitiv einen potenziellen Nationalspieler für die Zukunft.

Kennen Sie die Eishalle am Seilersee aus anderen Besuchen?
Ich kenne die Eishalle am Seilersee. Ich habe in der DEL mit Ingolstadt in Iserlohn gespielt und stand auch als Jugendspieler einige Male dort auf dem Eis.

Im Umfeld der Roosters wurden zuletzt Stimmen laut, dass Spieler wie Marko Friedrich, Lean Bergmann oder Christopher Fischer mal eine Einladung zur Nationalmannschaft verdient hätten. Stehen deren Namen eventuell auf Ihren Scouting-Listen?
Wir beobachten alle interessanten deutschen Spieler, äußern uns aber nicht zu Einzelnen. Der internationale Trend bewegt sich zu jungen Spielern. Deswegen müssen wir von Jahr zu Jahr denken.

Die Nationalmannschaft befindet sich im Umbruch. Wäre der Deutschland Cup nicht eine gute Möglichkeit, Spieler wie Friedrich, Bergmann oder Fischer – und sei es nur im Rahmen eines Trainings – mal kennenzulernen?
Dieses Jahr hat sich die DEB-Maßnahmen-Struktur verändert. Wir treten mit dem bestmöglichen Kader beim Deutschland Cup an. Für zukünftige Nationalspieler haben wir eigens ein U24/25-Camp im Januar und zwei Länderspiele gegen die Schweiz im Februar eingerichtet. Im Rahmen dieser Veranstaltungen können sich die jungen Spieler empfehlen. Aber generell ist für mich die WM-Vorbereitung bestens dafür geeignet, um andere Spieler besser kennenzulernen.

Kölns Moritz Müller bezeichnete die Roosters vor mittlerweile zweieinhalb Jahren als „Kanadisches 1c-Nationalteam“. Wie sehen Sie die Roosters heute? Junge Spieler wie Marko Friedrich oder Lean Bergmann sind Leistungsträger, im Kader steht unter anderem Junioren-Nationalspieler Tom-Eric Bappert, auch wenn er aktuell mit Förderlizenz in Essen spielt.
Die Iserlohn Roosters hatten nicht viele deutsche Spieler, die für die Nationalmannschaft spielberechtigt sind. Aber ich hoffe natürlich, dass sich dies in naher Zukunft ändern wird.

Spüren Sie den Eishockey-Boom nach Olympia-Silber im Februar dieses Jahres eigentlich noch?
Klar – nur auf eine andere Art und Weise. Wöchentlich bekommen wir Anfragen aufgrund unseres Erfolgs in Pyeongchang. Dementsprechend sind wir bei zahlreichen Veranstaltungen präsent. Bei den Kindern unter zehn Jahren haben wir jetzt fast 15 Prozent mehr Spieler. Da merkt man, dass sich etwas bewegt hat.