Winterberg. . Für Anna Köhler und Erline Nolte ist der Bob-Weltcup in Winterberg ein besonderer. Nicht nur wegen der Aufholjagd um den dritten Olympia-Platz.
Wie oft sie die Bobbahn in der Veltins-EisArena mittlerweile hinunter gerast ist? Anna Köhler zuckt ratlos mit den Schultern. Zu oft, um mitgezählt zu haben. Bobfahren in Winterberg – Alltag für die Pilotin des BSC. Trotzdem steht ihr am Samstag ab 9.45 Uhr ein besonderes Rennen bevor. Zum ersten Mal startet die 24-Jährige bei einem Weltcup an der Kappe. Und nicht nur das: Mit Erline Nolte fährt eine Anschieberin mit ihr, die ebenfalls beim BSC Winterberg beheimatet ist.
„Einen reinen Winterberger Damenbob hat es, glaube ich, schon lange im Weltcup nicht mehr gegeben“, sagt Köhler. Womit sie irrt, denn es gab ihn in dieser Form noch nie. Schließlich wurden sie und Nolte – im Gegensatz zu bekannten BSC-Bobpilotinnen wie Sandra Kiriasis oder Anja Schneiderheinze – auch am heimischen Stützpunkt ausgebildet.
Das Ziel: Top Acht
Fast noch mehr als die Weltcup-Premiere auf der Heimbahn freut Köhler aber ein entscheidendes Detail: Zum ersten Mal bestreitet sie ein Weltcuprennen auch wirklich mit Erline Nolte. Während der drei Weltcups in Nordamerika musste sie auf ihre Stammanschieberin verzichten, da Cheftrainer René Spies in Abwesenheit der besten deutschen Anschieberin, Annika Drazek, seine Bobbesatzungen rotieren ließ.
Nachdem Nolte kleine körperliche Blessuren verdaut und auch einen Infekt überstanden hat, steht nun die Weltcup-Premiere der Winterbergerinnen bevor. Welches Ziel sie sich setzen? „Ich mache das nicht an Platzierungen fest“, sagt Köhler. Zwei sehr gute Starts möchte sie präsentieren, zwei sehr gute Läufe ebenfalls – und dann kann sich jeder selbst ausrechnen, wo die beiden am Ende landen werden: möglichst unter den Top Acht.
Streik erschwert Training der US-Damen
Ohne Bobs trafen die US-Amerikanerinnen in Winterberg ein – und am Donnerstagmittag standen die Sportgeräte immer noch in Los Angeles am Flughafen.
Nach dem Start am weltcupfreien Wochenende beim Nordamerika-Cup in Park City sollten sie gen Europa fliegen. Was die Amerikaner nicht einkalkulieren konnten: Ein Streik am Zielflughafen in Frankfurt verhinderte bislang den Abflug des Materials.
Wann es eintrifft, war offen. Im Training nutzten die US-Damen auch Bobs des BSC Winterberg.
Schließlich fordert René Spies von seinen beiden Top-Pilotinnen Mariama Jamanka und Stephanie Schneider den Angriff in Richtung Podestplatz und von Köhler das nächste erfüllte Drittel der Norm für einen Start bei den Olympischen Spielen im Februar in Pyeongchang/Südkorea.
Dreimal unter die Top Acht oder zweimal unter die Top Drei müssen die Bobpilotinnen fahren, um für Olympia nominiert werden zu können. Eine Top-Acht-Platzierung heimste Köhler als Achte in Park City ein, während sie in Lake Placid auf Rang zwölf und in Whistler auf Rang 14 fuhr.
Noch liegen USA und Kanada vorne
Allerdings waren diese drei Bahnen absolutes Neuland für die BSC-Athletin. Den Eiskanal in Winterberg kennt sie aus dem Effeff. Im Training am Donnerstagnachmittag gelang ihr zweimal die sechstschnellste Zeit.
Für Köhler geht es aber nicht nur um die Erfüllung der internen Olympia-Norm. Schließlich kämpfen die deutschen Damen zusätzlich noch um einen der beiden ersten Plätze in der Nationenwertung, denn nur die beiden bestplatzierten Länder dürfen bei den Olympischen Spielen drei statt zwei Bobs an den Start schicken.
„Aktuell sind sowohl die USA als auch Kanada circa 65 Punkte vor uns“, erklärt René Spies. Doch die Bahnen, die nun auf dem Weltcup-Programm stehen, liegen den deutschen Damen traditionell besser als ihren Konkurrentinnen. „Wir müssen sie auch mal um zwei, drei Plätze hinter uns lassen“, sagt Spies trotzdem fordernd.
Das Pech der US-Amerikanerinnen (siehe Kasten) könnte Köhler in die Karten spielen. „Das weiß man aber nicht“, sagt der Cheftrainer. Und auch die BSC-Pilotin will sich ihr Olympia-Ticket lieber durch eigene gute Platzierungen sichern. Ein rein Winterberger Damenbob bei den Olympischen Spielen – das wäre schließlich eine weitere Premiere.