Hemer. .

Es gibt Geschichten, die klingen so unglaubwürdig, dass sie wahr sein müssen: Zwei Tiger verbringen zurzeit ihren „Urlaub“ auf dem Gelände einer Firma in Hemer, beaufsichtigt von einem Mitarbeiter und Dompteur in der Ausbildung, der wiederum von seinem Chef eigens freigestellt worden ist, um den Besucherstrom zu kontrollieren.

Bombay und Sierra heißen die beiden Stadtmagneten, zwei 250 Kilo schwere „Miezekatzen“, die bei den Nachbarn längst nicht nur für Freude sorgten. Da war natürlich erst einmal die verständliche Furcht vor den Wildkatzen und die Sorge, dass sich die Tiere womöglich aus ihrem Gittergehege befreien könnten. Dann aber kursierten auch noch eilige Vorwürfe im Internet, wonach es sich bei der Pflege auf Zeit gar um Tierquälerei handeln könnte. „Alles Unsinn“, kontert Andreas Steinberg, der Juniorchef des Hemeraner Unternehmens mit dem großen Tiger-Herzen: „Uns ist es selbstverständlich wichtig, dass es den Tieren gut geht und sie bei uns sicher aufgehoben sind.“ Auch werde er keinen Privatzoo aufbauen und schon gar keine Zucht anstreben, versucht Steinberg der Wogen der Entrüstung zu glätten.

Mehr als Kritik erlebt er jedoch Neugierde und fröhliche Zustimmung. Inzwischen herrscht ein regelrechter Tiger-Tourismus rund um den Hemeraner Stahlhandel, wo die Tiere untergebracht sind. „Das hat uns in dieser Dimension schon überrascht“, erzählt der Chef: „Neugierige kommen aus Soest, aus Meinerzhagen, sie stellen ihre Autos ab und marschieren einfach auf das Firmengelände. Das ist nicht ungefährlich. Gar nicht wegen der Tiere, sondern wegen des laufenden Betriebs.“

An einigen Tagen, so Steinberg, habe er seinen Mitarbeiter und Hobby-Dompteur Peter Fricke von der Arbeit abziehen müssen. „Vor allem an den Tagen, an denen ganze Kindergärten zu uns gepilgert sind.“

Per Zirkuswagen angereist

Fricke hat seit Jahren beste Kontakte zum Zirkus und hat auch eine Dompteurausbildung absolviert. An Wochenenden und im Urlaub hilft er aus. Als sich jetzt der Tiger-Besitzer einen Arm brach, kam Peter Fricke die ungewöhnliche Pflege-Idee. Die beiden Tiere kamen per Zirkuswagen nach Hemer, und es wurde ihnen ein komfortables Freigehege mit hohem Zaun eingerichtet. Dort übernachtet Peter Fricke auch, um alles stets im Blick zu haben. Eine Kamera überwacht zusätzlich das Gelände, damit es keine unliebsamen Überraschungen gibt.

Andreas Steinberg hat sich auf den Besucherstrom mittlerweile ganz gut eingestellt. An den arbeitsfreien Wochenenden will er das Gelände für die Besucher öffnen, damit sie den außergewöhnlichen Moment „Auge in Auge mit Tigern“ richtig genießen können. In absehbarer Zeit aber heißt es Abschied nehmen von Bombay und Sierra.