Hagen/Siegen. .
Wir steh’n, steh’n, steh’n auf der Autobahn. Von wegen fahr’n, fahr’n, fahr’n. Den 40 Jahre alten Hit der Düsseldorfer Band Kraftwerk summt im Auto niemand mehr mit. Der Text hat sich buchstäblich überholt.
Stau ohne Ende.
Nicht nur am Biebelrieder Kreuz oder zwischen Münster und Osnabrück.
Nein.
Der Stillstand fängt früher an. Vor der Haustür, auf der Sauerlandlinie.
Die A 45 von Dortmund bis Aschaffenburg stellt die Autofahrer auf eine Geduldsprobe. Baustellen, Verengung der Fahrbahnen und Tempolimits, gepaart mit hoher Verkehrsdichte, lösen hinterm Steuer kein Frohlocken aus. Stoßstange an Stoßstange schiebt sich die Karawane Richtung Norden und Süden, wahlweise auch umgekehrt. Drei Tage vor Beginn der Sommerferien kein erbaulicher Gedanke.
Wir steigen mit dem Text am Westhofener Kreuz ein, und Sie wissen, warum Sie stehen. Ein Nadelöhr, das nervt. Wer von der A 1 auf die A 45 Richtung Frankfurt will, hat schlechte Karten.
Warum?
„Weil die Ruhrtalbrücke verstärkt wird“, sagt Markus Miglietti von Straßen NRW in Hamm. Eine Baustelle, die mindestens bis Ende des Jahres bestehen bleibt.
Lennetalbrücke ist 2018 fertig
Der Fuß schläft fast über dem Gaspedal ein. Wenige hundert Meter weiter zuckt er. Vorsicht: Die Gefahr, zwischen Schwerte-Ergste und dem Autobahnkreuz Hagen geblitzt zu werden, ist groß. Mobile Einsatzkräfte der Autobahnpolizei schießen in diesem Abschnitt Fotos. Kurz darauf heißt es wieder Schritt-Tempo. Der Neubau der Lennetalbrücke, Mitte 2018 soll sie für 110 Millionen Euro fertig gestellt sein, fordert seinen Tribut.
Möglicherweise rollt der Verkehr zügig hinter Hagen weiter. Die Brücken Brunsbecke und Kattenohl sind passiert. Wie lange noch? Ihr Neubau ist geplant. „Mitte 2016 fangen wir an“, sagt Karl-Josef Fischer von Straßen NRW in Siegen, „für insgesamt 71 Millionen Euro.“ Die laienhafte Frage, ob es nicht besser wäre, die maroden Brücken zu sprengen, um die Bauarbeiten zu verkürzen, wird nicht ohne Humor beantwortet: „Gern. Das ging schneller, aber dafür gibt es allein aus Naturschutzgründen keine Genehmigung.“ Die alten Bauwerke werden abgetragen, und der Verkehr wird über Provisorien geleitet.
Kümmern wir uns also nicht um Zukunftsmusik, sondern lassen uns bis zur Rahmedetalbrücke treiben. Runter mit dem Tempo, es wird eng und enger, eine Spur fehlt. Der Stau ist garantiert. Notwendige Maßnahmen, um Gewicht von der baufälligen Konstruktion zu nehmen. Ein Grund mit, warum Lkw größeren Abstand halten müssen. Die Brücke ist übrigens 2018 dran. Kosten: 43 Millionen Euro.
Wem bis hierhin der Urlaub nötiger als gedacht erscheint, sollte sich auch durch Arbeiten an den so genannten Verkehrsbeeinflussungsanlagen zwischen Lüdenscheid-Süd und Meinerzhagen, Bauwerksprüfungen oder Umbauten aller Art auf der Strecke nicht weiter irritieren lassen. Trauen Sie sich, lassen Sie es rollen. Der nächste Stau kommt bestimmt
Warum?
Immer wenn es, so wie zwischen Olpe und Siegen, zweispurig wird, rücken die Autos näher zusammen. Bis nichts mehr rollt. Da hilft es auch nicht, dass Straßen NRW zu Ferienbeginn weitgehend auf Tagesbaustellen verzichten will.
Täglich 80 000 Fahrzeuge
Eine Erklärung dafür? Weil die zweispurige Piste, einst für 25 000 Autos täglich ausgerichtet, den heutigen Verkehr nicht mehr fassen kann. Aktuell sind es mehr als 80 000 Fahrzeuge bei steigender Tendenz. Die Probleme hören südlich der Landesgrenze nicht auf. Nähern Sie sich Wetzlar – und Sie steh’n, steh’n, steh’n.