Winterberg/München..


Der Schnee ist da. Ob natürlich oder künstlich, spät oder nicht zu spät: Das Sauerland freut sich auf das erste Winterwochenende. Damit liegt die Region im Trend. Der Klimawandel verlagert die Skisaison nach hinten. Hierzulande und in den Alpen. Bis 2050 wird die Zahl der Skigebiete von 542 auf eins oder zwei zusammenschmelzen. Zu dieser Erkenntnis kommt Professor Jürgen Schmude, der den Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie und Tourismusforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität leitet, in seinem jüngsten Forschungsprojekt.

Frage: Waren Sie schon Skifahren?


Jürgen Schmude: Ich wollte, aber im Brandnertal in Vorarlberg in Österreich lag kein Schnee.

Müssen wir uns an grüne Hänge und Pisten gewöhnen?

Im Mittelgebirge können die Skilifte mittelfristig eingemottet werden. Wenn es zu warm ist, helfen auch Schneekanonen nicht. Bis 2050 können sich viele Orte vom Wintersport verabschieden. Im bayerischen Alpenraum werden wir nur noch die Zugspitze haben.

Im Sauerland werden jährlich Millionen in die Wintersport-Arena investiert. Vergeblich?

Eine Zeit lang mag die technische Aufrüstung helfen. Auf Dauer sind Schneekanonen keine Lösung. Das weiße Band in grüner Landschaft bei Kälte und keinen Niederschlägen, will auf Dauer kein Wintersportler, weder im Mittelgebirge noch im Alpenraum. .

Wird der Klimawandel vielerorts einfach ausgeblendet?

Ja. Es wird eine Vogel-Strauß-Politik betrieben. Man steckt den Kopf in den Sand und hofft, damit über die Runden zu kommen.

Also der verkehrte Weg?

Nach meiner Einschätzung auf jeden Fall. Die Verantwortlichen lassen sich von dem einen oder anderen Winter, in dem viel Schnee fällt, beruhigen. Sie glauben: Alles nicht so schlimm. Es ist eben ein schleichender Prozess.

Mit welcher Tendenz?

In den Mittelgebirgen wie im Alpenraum muss nach Alternativen gesucht werden. Weiße Weihnachten wird es in den 2020er- und

2030er-Jahren nicht geben. Die optimalen Skitage verschieben sich Richtung Ostern, im März und April. Für das Marketing ist das eine besondere Herausforderung.

Was heißt das in der Konsequenz für das Sauerland?

Der Zeitpunkt rückt unweigerlich näher, an dem sich die enormen finanziellen Investitionen nicht mehr rechnen. Das gilt für alle Skigebiete in Deutschland, die nicht so hoch liegen. Zu dem Ergebnis kommen wir, nach dem wir sechs verschiedene Klimamodelle angewendet haben.

Welche Alternativen bieten
sich für die Mittelgebirge an?

Da gibt es keine Blaupause. Es muss jetzt überlegt werden, was nach dem Skitourismus kommt. Noch ist Zeit da. Man darf nicht länger in Legislaturperioden denken. Das ist zu kurz gedacht.

Wozu raten Sie?

Die Individualisierung der Gäste nimmt zu. Wenn aber alle Wellness und Tagungen machen, wird das nichts. Das geht schief. Da bleiben einige auf der Strecke. Jede Region muss sich darauf besinnen, welche Besonderheiten sie zu bieten hat.

Das heißt für das Sauerland?

Die Naturorientierung der Menschen wächst. Sie wollen raus, wollen an die frische Luft, sie wollen sich bewegen – wie und auf welche Weise auch immer.