Hagen/Düsseldorf. „Neue Ordnung in der Arbeitswelt“ erhofft sich der Deutsche Gewerkschaftsbund von der Regierungsbildung in Berlin. Warum DGB-Landeschef Andreas Meyer-Lauber optimistisch auf die Koalitionsverhandlungen in Berlin schaut, erklärt er im Interview - und attestiert Angela Merkel “ernsthaftes Bemühen“.

Das parlamentarische Aus für die FDP bei der Bundestagswahl stimmt den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) optimistisch, mit der neuen Regierung zu einer „neuen Ordnung in der Arbeitswelt“ zu kommen. „Das steht für uns im Vordergrund“, sagte der DGB-Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Andreas Meyer-Lauber (61), im Gespräch mit unserer Redaktion.

Im Zentrum stehen für ihn ein flächendeckender Mindestlohn, die Eingrenzung von Leiharbeit und Werkverträgen, das Ende für sachgrundlos befristete Arbeitsverträge sowie die Reform von Minijobs - diese müssen nach der Forderung Meyer-Laubers sozialversicherungspflichtig werden, als „Durchgangsstation in ein Normalarbeitsverhältnis“.

„Neu ist: Ich formuliere diese Anforderungen jetzt auch gegenüber der CDU“, sagte der DGB-Landeschef. „Wie oft haben wir von den Unionsparteien die Antwort bekommen: Wir müssten da etwas tun, aber das geht nicht mit der FDP.“ Dieses Argument habe der Wähler erledigt.

„Ich sehe da jetzt neue Handlungsspielräume“, fügte Meyer-Lauber hinzu. Der DGB erwarte nun, dass auch die Union Vorschläge mache: „Die Verantwortung, sichere und faire Arbeitsverhältnisse zu schaffen, ist schließlich ein zutiefst bürgerliches Anliegen.“ Er sehe bei Kanzlerin Angela Merkel und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen zumindest ein „ernsthaftes Bemühen“ in diese Richtung. Und NRW sei mit CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann „gut vertreten“.

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„Deutliche Bewegung“ bei der CDU sieht Meyer-Lauber etwa in der Frage prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Ein Beschluss der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) spreche sich für einen flächendeckenden Mindestlohn aus - dies sei „ein einfaches und transparentes System - wir schlagen 8,50 Euro vor.“

Versorgungssicherheit

Auf dem Energiesektor sieht der DGB die Frage der Versorgungssicherheit an erster Stelle: „Wir brauchen an 365 Tagen im Jahr Strom. Und dafür wird für eine Übergangszeit auch noch Strom aus konventionellen Kraftwerken nötig sein.“

Auf die Frage, welche der rechnerisch drei, realistisch aber nur zwei Koalitionsmöglichkeiten bei der Bildung der nächsten Bundesregierung er bevorzuge, hielt sich Meyer-Lauber zurück. „Die Gewerkschaften sind nicht gefordert, Entscheidungen herbeizuführen.

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Unser Appell ist aber: Verhandelt nicht so, dass die Arbeitnehmer wieder an die Wand gedrückt werden.“ Konkret fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund auch die Erhöhung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommenssteuer und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Meyer-Lauber geht dabei von einem Aufkommensvolumen von rund 20 Milliarden Euro aus, das den zum Teil notleidenden Kommunen sowie den Ländern „deutliche Mehreinnahmen“ bescheren könnte.

„Diese brauchen sie dringend für Infrastrukturmaßnahmen in Straße, Schiene und Wasser. Da ist ein riesiger Nachholbedarf“, so der DGB-Landeschef. Bei einem Vortrag in Olpe sei ihm kürzlich noch einmal vor Augen gehalten worden, wie wenig die Straßen sowie die A45 in der Region für Schwertransporte ausgerüstet seien, was viele Betriebe im Siegerland und Sauerland erheblich belaste.

Weihnachten am Ziel

Angesichts der nahenden Koalitionsverhandlungen hat Meyer-Lauber nur einen Wunsch: „Dass wir Weihnachten eine neue Bundesregierung haben.“ Das Land brauche Entscheidungen: „Für die Energiewende brauchen wir dringend wieder Investitionen in erneuerbare Energien, aber auch in moderne, konventionelle Kraftwerke und in die Stromnetze.“