Schwelm. . Cédric Pescia gibt sein Debüt beim Klavierfestival Ruhr und begeistert mit Beethoven, Schubert und Schumann das Publikum im Schwelmer Ibach-Haus. Der junge Pianist nahm sein Publikum mit auf eine Reise zu den Wurzeln des Romantischen.

Der Begriff der Romantik war für Beethovens Zeitgenossen so etwas wie ein Schimpfwort. Denn er beschrieb bis dahin unerhörte, ja schockierende musikalische Emotionen: das Schauerliche, das Groteske, das Abgründige. Der junge französisch-schweizerische Pianist Cédric Pescia nahm die Zuhörer beim Klavierfestival Ruhr mit auf eine Reise zu drei zentralen Stationen der deutschen Klavier-Romantik.

Das Ibach-Haus in Schwelm, die historische Pianoforte-Fabrik, ist ein hervorragender Schauplatz für dieses exquisite Programm - das Pescia übrigens auswendig spielte.

Auch interessant

Wie ein Einbruch des Irrationalen, so beschreibt Daniel Barenboim die ersten Takte von Beethovens Sonate Nr. 17 „Der Sturm“, mit der der Komponist selbstbewusst den neuen Ton in der Musik anschlägt. Cédric Pescia nimmt die Eröffnung leidenschaftlich, aber kontrolliert.

Erst im Verlauf arbeitet er das Zerklüftete, Unbegreifliche des Motivs mit seinem geheimnisvollen Nachhall heraus. Im Adagio löst er den choralartigen Beginn in einer schönen Steigerung zum Gebet auf, zum subjektiven Gesang, und das Finale beschwört bewusst den rätselhaften Beginn des ersten Satzes.

Ein Abend mit vielen magischen Momenten

Bei Franz Schuberts drei nachgelassenen Klavierstücken op. posth. D 946 ist es der Volkston, der eine romantische Verstörung erfährt. Cédric Pescia lässt im mittleren Impromptu den Abgrund in den grollenden Bässen lauern und den ausgedehnten Satz regelrecht überwuchern - bis dann die Befreiung eintritt: im Lied, einem kleinen schlichten Lied, wie verwunschen, wie geträumt. Hier zeigt der 1976 geborene Pianist, dass er bereits jetzt ein Meister der leisen Töne ist, der einen wunderbaren farbenreichen Piano-Anschlag kultiviert.

Bei Robert Schumanns Davidsbündlertänzen op. 6, die er kurz nach seiner Verlobung mit Clara schrieb, ist das Romantische als ästhetische Kategorie bereits etabliert - und sozusagen nach innen gewandert, denn es beschreibt jetzt Seelenzustände. Neben Zerrissenheit und Tragik kommt Humor ins Spiel. Doch eines bleibt: Im Lied liegt die Erlösung. Das Lied ist nicht mehr so mühelos erreichbar wie bei Beethoven und Schubert, es wird zur Utopie von Glück. Mit konzentrierten glockenartigen Akkordpendeln lässt Cédric Pescia die Davidsbündlertänze ausklingen - und schlägt damit den Bogen zurück zum Choral von Beethovens Sturmsonate. Diese geistigen Verwandtschaften aufzuzeigen, ist das große Verdienst des jungen Pianisten - an einem Abend, der viele magische Momente aufwies.