Bad Berleburg. .
Neuer Asphalt, endlich moderne Schranken-Technik – ein Bahnübergang wird erneuert. An sich nichts Ungewöhnliches. Was sich aber im Berleburger Stadtteil Aue-Wingeshausen aus harmlosen Bauarbeiten im Mai 2012 entwickelt hat, darüber können vor allem Anwohner nur den Kopf schütteln. Auch darüber, dass auf der ruhenden Baustelle Streckenposten der Bahn „Schranke spielen“. Immerhin schon seit zehn Monaten.
Das Provisorium
An einem ganz normalen Donnerstagnachmittag erleben es Berleburger Politiker beim Ortstermin mit: Kurz bevor die Rothaar-Bahn durchrauscht, öffnet sich die Tür eines unscheinbaren Baucontainers gleich neben den Gleisen. Eine junge Frau kommt heraus, klaubt das Ende eines Flatterbandes vom Asphalt, zieht damit quer über die Fahrbahn und verbindet es gegenüber mit einer Absperrbake. Bahnübergang dicht. Zug fährt durch, Flatterband wieder wegnehmen, zurück in den Baucontainer.
So geht das für die Streckenposten den ganzen Tag über. Für fünf Euro die Stunde, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Und im Schichtbetrieb von morgens 6 bis 20 Uhr am Abend. Denn in der Nacht fahren auf der Bahnlinie RB 93 von Siegen nach Bad Berleburg keine Züge.
Keine Gefahr
Keine Züge, keine Gefahr also für den Verkehr im Heilbach. Höchstens für die langen Lastzüge, die von der Auer Hauptstraße (L 553) aus das Autohaus im Gewerbegebiet jenseits der Gleise anfahren. Oder tiefer gelegte Autos. Denn sie setzen auf der abschüssigen Fahrbahn zum Übergang besonders häufig auf. Mal abgesehen davon, dass es hier bei Eis und Schnee auch nicht besser wird. Die wesentlichen Gründe übrigens, weshalb die Bauarbeiten am Bahnübergang im August 2012 abgebrochen wurden. Nach vier Monaten Bauzeit, kurz vor der Fertigstellung. Es fehlten nur noch die Schranken.
So war es früher
„Ich kenne den Bahnübergang noch aus meiner Kindheit“, erzählt Lothar Braun, der heute Rentner ist. Und bekennender Hobby-Bahner, der sich aktiv im „Arbeitskreis Schienenverkehr Südwestfalen“ für die Region Wittgenstein engagiert. „Damals hat noch alles gut funktioniert.“ Damals, als es noch gar keine Schranken gab, sondern nur Andreaskreuze. Und noch nicht den gefährlichen „Knick“ in der Fahrbahn. Im Übrigen hat Braun „große Bedenken“, ob die Bahn den Übergang wie angekündigt bis zum Winter komplett verkehrstauglich macht. Kommen bald also wieder Autofahrer auf glatter Fahrbahn ins Rutschen? Und auch der neue Zeitplan für die Bauarbeiten?
Nachbesserung
Die Bahn hat Vorschläge zur Nachbesserung gemacht: Die steile Straße Zum Heilbach vom Bahnübergang hinauf zur Hauptstraße muss einfach nur „um 30 Zentimeter tiefer gelegt“ werden. Ebenso ein Teil der Hauptstraße. Im Klartext: Die frisch asphaltierte Fahrbahn würde noch einmal aufgerissen. Doch inzwischen sind die Berleburger Politiker misstrauisch: Was, wenn es auch durch das Fahrbahn-Tuning nicht besser wird? Und der Stadt nur neue Kosten entstehen?
Kosten
Das Projekt Bahnübergang „Zum Heilbach“ in Euro-Beträgen: Fast 706 000 Euro haben die Bauarbeiten 2012 gekostet. Mit der Nachbesserung würden die Kosten auf fast eine Million Euro klettern. Steigen würde dann auch der städtische Anteil an den Baukosten – von rund 97 300 Euro auf 185 200 Euro. Sofern das Land NRW nicht 70 Prozent der Mehrausgaben übernimmt.
Prüfung
Unterdessen sammelt der Berleburger Ingenieur Rolf-Rüdiger Miß eifrig technische Daten zu den Lastzügen, die dort unterwegs sind, um auszuloten, „bei welchem Neigungswinkel die Wagen nicht mehr am steilen Übergang ins Gewerbegebiet auf dem Asphalt aufsetzen“. Momentan liegt das Gefälle laut Planungsbüro der Bahn bei zwölf Prozent. Ein weiteres Problem sieht Miß beim Tieferlegen der Fahrbahn, denn Gas- und Wasser-Leitungen in der Hauptstraße liegen schon jetzt relativ knapp unter dem Asphalt. „Ein leichtes Absenken der Fahrbahn, zugleich ein leichtes Anheben der Gleise“ – darin könnte ein Kompromiss liegen, sagt Miß. Sein dringender Rat an die Berleburger Politiker: „Neuen Plänen der Bahn nur unter Vorbehalt zustimmen.“ Neue Pläne würde der Ingenieur ja auch gerne prüfen, doch die Bahn hat noch nicht geliefert. Gleichzeitig macht sie bei der Stadt Druck, grünes Licht für die Nachbesserungen bis zum Winter zu geben.
Ende offen
Flatterband statt Schranke, der Zug fährt durch. Die Politiker beim Ortstermin kennen das Prozedere seit letztem Sommer. Und die Entscheidung über grünes Licht für die Nachbesserung der Bahn? Ist mal wieder vertagt. Ende offen.