Wuppertal. . Die Wuppertaler Oper zeigt Verdis „Maskenball“ ohne große Deutungsversuche, aber mit einem großartigen Sänger-Ensemble. Die Inszenierung entzieht dem Stoff jetzt allerdings alle politischen Zähne und reduziert ihn auf eine tragische Farce um einen allzu schnell verliebten Herrscher.

Verdis „Ein Maskenball“ thematisiert den Königsmord und ist damit eine hochpolitische Oper. Das beweist nicht zuletzt die Aufregung der Zensurbehörden, die den Komponisten schließlich zwangen, die Handlung aus dem Schweden des bei einem Attentat getöteten Gustav III. in das Amerika des 16. Jahrhunderts zu verlegen. Die Wuppertaler Oper zieht dem Stoff jetzt allerdings alle politischen Zähne und reduziert ihn auf eine tragische Farce um einen allzu schnell verliebten Herrscher.

Die barocke Hofgesellschaft präsentiert sich gleich zu Beginn als Historiengemälde. Doch die Figuren fallen aus dem Rahmen und stranden in der schmucklosen Wirklichkeit des nackten schwarzen Bühnenraumes. Intendant Johannes Weigand setzt als Regisseur und Bühnenbildner auf den Kontrast zwischen den explosiven Gefühlen seiner Protagonisten und der technischen, kalten Raumlösung. Gesungen wird an der Rampe.

Das ist eine Inszenierung, die keinem wehtut, die aber auch noch nicht einmal versucht, den Sprengstoff des Konflikts in eigene Bilder zu übersetzen. So eskaliert die Situation fast beiläufig, in der Renato, der treueste Beamte des Grafen Riccardo, erfahren muss, dass dieser ihm mutmaßlich seine Frau Amelia ausgespannt hat. Und die Personenführung legt nahe, dass es eben nicht der tiefgreifende persönliche Verrat ist, der Renato aus Kränkung zum Verschwörer werden lässt, sondern eine allgemeine Auffassung von Mannesstolz, der die Gattin als Besitz begreift.

Ein Opern-Traumpaar

Allein die Ulrica-Szene mit der abgesenkten Beleuchtungsbrücke erzeugt eine gewisse Magie durch ihren Kontrast zum höfischen Milieu, wenn das Volk wie in „Les Miserables“ die Rampe heraufkrabbelt. Melba Ramos und Kay Stiefermann sind ein Traumpaar für den „Maskenball“. Die wunderbare Sopranistin ist an den Wuppertaler Bühnen sozusagen großgeworden und kehrt jetzt von Wien an die Wupper zurück. Ihre Amelia singt sie mit mädchenhafter Unschuld und innigem dramatischen Glühen gleichermaßen. Kay Stiefermann legt die Rolle des pflichtbewussten Renato mit geradezu preußischer Gründlichkeit an. Der Bariton hat den Atem, um in dieser großen Partie mühelos über das Orchester zu kommen, aber den geforderten italienisch-metallischen Glanz ersetzt er durch den lyrische Schmelz des deutschen Fachs. Sein Duett mit der vermeintlich untreuen Amelia, seine Entscheidung, dem Grafen die Gefolgschaft aufzukündigen werden zu den großen Momenten dieses Abends.

Gasttenor Felipe Rojas Velozo als Graf Riccardo hatte sich bei der Premiere als erkältet ansagen lassen. Zdravka Ambric ist eine Ulrica mit schöner tiefen Lage, die noch etwas mehr Volumen in der Höhe entwickeln muss. Elena Fink gibt einen koloratursicheren Pagen Oscar.

Ein sehr konzentrierter Dirigent

Florian Frannek ist ein sehr konzentrierter Dirigent, er hält das Ensemble inklusive des hervorragenden Opernchors gut zusammen. Dabei sucht Frannek gar nicht viele Zwischentöne in Verdis Partitur, sondern konzentriert sich auf ein vorwärtsdrängendes Tempo, das die Gehetztheit, das Getriebensein der Charaktere psychologisch gut herausarbeitet und den finalen Maskenball zum gespenstischen Totentanz macht.

Die Uraufführung von „Ein Maskenball“ wurde zu einem Triumph, nicht nur für Verdi, sondern auch politisch für den Freiheitskampf der Italiener gegen die habsburgische Fremdherrschaft im Norden und die Bourbonen im Süden. Der Name Verdi wurde zum Codewort für die Revolution: Vittorio Emanuele Re dItalia, der König, der die nationale Einigung bringen sollte.

Wieder am 2., 14., 22. 24, 30. März. Karten: 0202 / 5637666.
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