Werl.. Das Oberlandesgericht Hamm hat 19 Klagen von Männern gegen die Haftunterbringung in der Sicherungsverwahrung der Justizvollzugsanstalt Werl als unbegründet abgewiesen. Die von den Betroffenen allein beanstandete Ausstattung der Hafträume als zu klein und mit baulich nicht abgetrennten Toiletten beziehe sich nur auf einen Randaspekt, heißt es in dem Urteil.

In Werl steht das „Haus am See“ auch am Ende der Straße, wie im Hit des Sängers Peter Fox. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten. Keine Romantik, keine Suche nach Neuem - im „Haus am See“ in Werl wohnen Sicherungsverwahrte, es ist Teil der Justizvollzugsanstalt (JVA). 19 Bewohner des „Hauses am Sees“ (offiziell: Haus 2) möchten größere Zellen haben. Am Mittwoch haben sie vor dem Oberlandesgericht Hamm eine Niederlage erlitten.

Sicherungsverwahrte sind ehemalige Häftlinge, die zwar ihre Strafe abgesessen haben, aber nicht in Freiheit entlassen werden - weil von ihnen noch Gefahr ausgehen könnte. Das Bundesverfassungsgericht hat im Mai 2011 alle Gesetze zur Sicherungsverwahrung gekippt und betont, dass es sich dabei um eine „Maßregel für Besserung und Sicherung“ handelt („keine Strafe“). Die Betroffenen hätten Anspruch auf intensivere therapeutische Betreuung und auf Lebensumstände, die sich von denen der Strafgefangenen abheben.

JustizDas Gros der Sicherungsverwahrten sind Gewalt- und Sexualstraftäter

Michael Skirl, der langjährige Werler JVA-Chef, hat Ende des vergangenen Jahres sein erstes Buch veröffentlicht. Der meinungsfreudige Jurist hat es „Wegsperren?! Über Sinn und Unsinn der Sicherungsverwahrung“ genannt. Am Mittwoch schilderte er ganz nüchtern die Ausstattung der Einzel-Unterbringungsräume, so der offizielle Begriff: Fenster, Fernseher und Musikanlage sind größer als bei „normalen“ JVA-Insassen, beim Wandanstrich gibt es die Wahl zwischen vier Pastelltönen, die Türen stehen zwischen 7 und 20 Uhr offen, in den vier Geschossen herrscht Bewegungsfreiheit. Im „Freistundenbereich“ draußen befinden sich unter anderem ein Volleyballfeld, ein Teich, Bänke und ein Kleingewächshaus, in dem Tomaten gezüchtet werden.

Es sind 58 Hafträume im „Haus am See“. „Das Gros der derzeit 49 Sicherungsverwahrten in Werl besteht aus Gewalt- und Sexualstraftätern“, sagt Skirl. Sie leben in Räumen zwischen 10,4 und 14,5 Quadratmetern („die meisten um die 11 qm“). Die meisten Einzelzellen der Strafgefangenen (offiziell: Hafträume) sind 7 qm groß, einige 9 qm.

Michael Skirl„Haus am See“ ist auf seine Art einmalig in Deutschland

Das „Haus am See“ ist auf seine Art einmalig in Deutschland: Die Werler Einrichtung ist die einzige JVA im Bundesgebiet mit einem separaten Unterbringungshaus für Sicherungsverwahrte, berichtet Peter Marchlewski, Sprecher des NRW-Justizministeriums. Noch teilen sich Aachen (55) und Werl (49) diesen Personenkreis. Ist der 75-Millionen-Euro teure Neubau fertig gestellt (Marchlewski: „Wenn es gut läuft, im Jahr 2015“) sollen sämtliche Sicherungsverwahrte des Landes in der Wallfahrtsstadt im Kreis Soest untergebracht sein. 150 Plätze sind eingeplant.

Die Einzel-Unterbringungsräume mit kleiner Kochgelegenheit und eigener Nasszelle (Dusche und Toilette) werden dann 20 Quadratmeter groß sein, in den ersten Entwürfen sollten es 15 qm sein. „Eine reine Vorsichtsmaßnahme“, sagt der Ministeriumssprecher und weist auf das vieldiskutierte Urteil des Oberlandesgericht Naumburg (Sachsen-Anhalt) vom Dezember 2011 hin. Darin wurde ehemaligen Häftlingen in Sicherungsverwahrung eine Zellengröße von 20 Quadratmetern zugestanden.

Gericht hält "mit Vorhang abgetrennten Toilettenbereich" für zumutbar

Das Oberlandesgericht Hamm hat in seinem Urteil vom Mittwoch nicht nur die Forderung der 19 Werler Sicherungsverwahrten nach größeren Einzelhafträumen abgelehnt. Es hielt auch den „mit einem Vorhang abgetrennten Toilettenbereich“ für zumutbar, „weil die Toilette nicht in Gegenwart Dritter benutzt werden müsse“.

Auch wenn der Neubau in Sichtweite ist, werden als Folge einiger Klagen nach und nach die Toiletten in den 58 Hafträumen im „Haus am See“ umgerüstet. „Eingehaust“, nennt Michael Skirl den Fachbegriff. An Aluminiumträgern installierte Resopalwände „ummanteln“ das besonders stille Örtchen. Kosten pro Haftraum: 1000 Euro.