Iserlohn/Attendorn. . Der Iserlohner Zuliefer-Konzern Kirchhoff kann die Folgen der Schuldenkrise in Europa bisher gut abfedern. Dank florierender Geschäfte auf den anderen globalen Automärkten, insbesondere in den USA, hat das familiengeführte Industrie-Imperium seinen Umsatz im laufenden Jahr absehbar um weitere zehn Prozent auf fast 1,5 Milliarden Euro ausgebaut. Auch für die nähere Zukunft bleibt das Unternehmen optimistisch, rechnet 2013 mit erneutem Wachstum und einer Belebung auch auf dem seit Jahren schrumpfenden europäischen Automarkt.

Krise, welche Krise? Die, meint Arndt G. Kirchhoff, beginne „in Deutschland immer abends vor dem Fernseher“. Bei der Iserlohner Kirchhoff-Gruppe kann davon jedenfalls keine Rede sein. Im Gegenteil: Dank seiner breiten, globalen Ausrichtung, der frühzeitigen Expansion in den beiden weltgrößten Automärkten Amerika und China kann der Zuliefer-Konzern die konjunkturellen Folgen der Schuldenkrise in Europa bisher locker abfedern.

Die nackten Zahlen liefern den Beleg: Bis zum Jahresende wird die Kirchhoff-Gruppe ihren Umsatz um weitere zehn Prozent auf 1,49 Milliarden Euro ausbauen - während die Belegschaft des weltweiten Imperiums mit mittlerweile 43 Werken in 16 Ländern um 1400 auf 10.600 Mitarbeiter zulegte. „Das Jahr 2012 war so schlecht nicht“, bilanziert Arndt G. Kirchhoff, der gemeinsam mit seinem Vater Jochen F. sowie seinen Brüdern Wolfgang und Johannes die Geschicke des Unternehmens lenkt.

Die Kirchhoff-Gruppe baut Müllfahrzeuge und Kehrmaschinen (Faun, Zoeller), entwickelt behindertengerechte Fahrzeugumbauten (Reha Group, Jelschen) und produziert Schraubwerkzeuge (Witte). Mit Abstand größtes Geschäftsfeld ist aber die Autozuliefer-Sparte, die allein rund drei Viertel der Gesamterlöse erwirtschaftet - und deren kräftiges Wachstum (+14 Prozent) auch 2012 der Garant für den Erfolg des Familienkonzerns ist. Dabei profitiert Kirchhoff von den florierenden Geschäften der Mehrheitsbeteiligung Van-Rob in den USA - und auch insgesamt von der guten weltweiten Auto-Konjunktur.

„Der Mobilitätshunger ist nach wie vor ungestillt, viele Länder haben noch erheblichen Nachholbedarf“, weiß Seniorchef Jochen F. Kirchhoff. Steigende Absatzzahlen allenthalben - mit einer Ausnahme: „Europa ist der einzige Markt, der schrumpft“, berichtet Arndt Kirchhoff. Eine Folge der Krise vor allem in Südeuropa, die Kleinwagen-Hersteller derzeit empfindlich trifft. Was auch Kirchhoff Automotive zu spüren bekommt: Im spanischen Werk ist die Auslastung auf 50 Prozent gesunken.

Dennoch glaubt die Kirchhoff-Gruppe an eine nahende Trendwende in Europa und rechnet nach fünfjähriger Durststrecke für 2013 wieder mit einer leichten Marktbelebung. „Wir sehen die Zukunft nicht ganz so in Moll und schauen mit einigem Optimismus in das nächste Jahr“, erklärt Wolfgang Kirchhoff. Die Zuversicht speist sich unter anderem aus der Tatsache, dass „die deutschen Premiumhersteller verstärkt in die Regionen gehen, in denen wir schon präsent sind“. Namentlich: China, USA und Mexiko. Während im planwirtschaftlichen China „Wachstum mit Augenmaß“ die Devise sei, sehe das Unternehmen auf dem amerikanischen Kontinent das größte Potenzial, so Arndt Kirchhoff. Denn: „Wir wandern im wesentlichen mit den deutschen Autobauern.“ Und deren Marktanteil in Amerika liege erst bei acht Prozent und wachse stetig.

Im laufenden Jahr hat die Kirchhoff-Gruppe 110 Millionen Euro in neue Werke und Technik investiert. Und auch 2013 wird das Automotive-Geschäft weiter ausgebaut: In den USA (Dallas) und China (Shenyang) sollen neue Fabriken in Betrieb gehen, in Ungarn und Polen sind kräftige Kapazitätserweiterungen geplant. Geprüft werden laut Arndt Kirchhoff zudem ein Markteintritt in Russland und Erweiterungen in Mexiko. Für das Autozulieferer-Geschäft rechnet der Familienkonzern 2013 mit einem Wachstum von vier bis fünf Prozent auf 1,1 Milliarden Euro.

Angesichts konjunktureller Unwägbarkeiten lässt man gleichwohl zunächst Vorsicht walten: „Kurzarbeit ist bei uns kein Thema“, betont Arndt Kirchhoff - „aber was in einem halben Jahr ist, weiß man nicht“. Neueinstellungen sind deshalb auch nicht geplant - zumindest vorerst nicht.