Hagen. Die Durchfall-Epidemie in Ostdeutschland lenkt den Blick auf die Cateringbranche: Sie boomt nicht zuletzt dank “Turbo-Abi“ und Ganztagsbetreuung - doch nicht alle Unternehmen profitieren. Gestiegene Einkaufs- und Energiekosten ließen sich beim Preis für die Mahlzeiten kaum auffangen.

Als er sein Unternehmen 1986 gründete, da hatte Jürgen Groth gerade einmal drei Mitarbeiter. Damals verkaufte er an Kiosken in Schulen Brötchen, Getränke, Süßigkeiten. Heute beschäftigt Groth in Lippetal 80 Angestellte, versorgt 25.000 Schüler und Kindergartenkinder im Raum Soest, aber auch in den Kreisen Warendorf, Gütersloh und der Stadt Münster mit Essen. Die Branche der Schul-Caterer wächst stetig - und hat doch auch mit Problemen zu kämpfen.

Einen Boom mit dem Geschäft der Mittagsverpflegung gebe es, seitdem die Einführung des Abiturs in acht Jahren angekündigt worden sei, erzählt Jürgen Groth. Im Jahr 2010 hat er seine eigene Küche gebaut, beliefert die Schulen seitdem mit dort gekochtem warmem Essen. Und bietet dazu in Bistros Vollkornbrötchen und Salate. Um 4,8 Prozent ist der Umsatz der Caterer auf dem „Schulmarkt“ 2011 gewachsen, berichtet das Fachmagazin GV-Praxis. Im Jahr zuvor waren es 2,0 Prozent. „Eine Steigerung ist da“, bestätigt Jürgen Groth, „und es ist eine weitere zu erwarten.“ Schließlich werden in NRW immer mehr Sekundarschulen mit Ganztagsbetreuung eingerichtet.

Und dennoch: „Der Umsatz bleibt für viele Player problematisch, weil Menge ohne Marge“, meldet GV-Praxis weiter. Was letztlich bedeuten soll, dass für die Unternehmer unterm Strich wenig übrigbleibt.

2,50 Euro für ein warmes Essen im Kindergarten

„Schulverpflegung macht Spaß“, betont Jürgen Groth ausdrücklich. Ein Essen müsse aber auch einen fairen Preis haben, fügt er hinzu. Und meint damit, dass er und seine Angestellten von der Arbeit leben müssen. Beim Einkauf habe er Preissteigerungen von bis zu 40 Prozent bei Fleisch verzeichnen müssen, 20 Prozent bei Gemüse. Dazu die gestiegenen Sprit- und Energiekosten. Bei den Schülern - oder vielmehr den Eltern - kann er sich das Geld nicht wieder holen. „Sie sind nicht bereit, mehr zu zahlen“, so Groth.

2,50 Euro nimmt er für ein warmes Essen im Kindergarten. 2,80 Euro bezahlen die Grundschüler und 3,20 Euro beträgt der Preis an den weiterführenden Schulen. Wie viel er davon nach Abzug seiner Kosten für den Einkauf der Lebensmittel einsetzen kann, dazu will sich Jürgen Groth nicht äußern. Jedenfalls mehr als 50 Cent pro Essen, die den Caterern in Berlin Medienberichten zufolge für die Waren bleiben.

80 bis 90 Cent Gewinnmarge pro Essen

„Mit 80 bis 90 Cent pro Essen muss ich hinkommen“, legt Michael Becker-Rasche von „Rent-a-cook“ in Sundern seine Kalkulation offen. 15 Schulen und Kindergärten beliefert er im Hochsauerland und im Märkischen Kreis. 2,80 Euro nimmt er für eine Mahlzeit. „Das ist ein harter Kampf“ sagt er. In dem die großen Unternehmen wie das nun in die Schlagzeilen geratene Sodexo klar im Vorteil seien, weil sie größere Mengen kauften, folglich also auch niedrigere Preise bezahlen müssten.

Mit der Folge, dass vom Wachstum in der Branche offenbar wenige profitieren. „Es gibt eine Konzentration“, sagt Jürgen Groth. Fast jeder zweite abgeschlossene Vertrag kam im vergangenen Jahr vom Mitbewerber, schreibt das Branchenmagazin GV-Praxis: „Deutliches Marktwachstum bringt deutlich mehr Verdrängung auf das Spielfeld“, so die Experten.

„Immer mehr Caterer beliefern Schulen gar nicht mehr“, hat auch Jürgen Groth festgestellt. Vor allem, wenn das Essen nicht nur ausgeliefert werde, sondern dazu auch noch Serviceleistungen angeboten werden wie Vorbereitung, Essensausgabe, Abspülen, Tische reinigen, dann sei das Geschäft nicht mehr rentabel, so Groth. Dann muss auch der Lippetaler zuschießen, subventioniert jede Mahlzeit mit einem Euro quer - aus den Einnahmen, die er im Bistro-Geschäft erzielt. Erst in diesem Sommer hat er deshalb die Preise für Süßigkeiten erhöht.

Wenn diese Rechnung eines Tages nicht mehr aufgeht, dann „verlassen wir die Schule“, sagt er. „Wir sparen aber nicht an der Qualität.“