Hagen. . „Gestohlen wird alles, was nicht niet- und nagelfest ist“, sagt das Landeskriminalamt. Die Polizei im Hochsauerlandkreis sieht eine eklatante Zunahme vor allem bei der Grabräuberei. Die WP gibt einen Überblick über die Situation.

20 Grabkreuze auf Friedhöfen in Olsberg und Bigge, 30 Erdungskabel an der Bahnstrecke Lippstadt - Soest, ein Anhänger mit 22,5 Tonnen Stahl in Siegen - das sind nur drei Fälle von Metalldiebstahl aus den vergangenen Tagen. Die Polizei ist beschäftigt, die Bürger sind besorgt und die Bahn muss sich für zusätzliche Verspätungen rechtfertigen. Wir versuchen zu erklären, was da eigentlich los ist.

Was wird gestohlen?
„Alles, was nicht niet- und nagelfest ist“, sagt Frank Scheulen vom Landeskriminalamt. Beispiele? 22 Toilettentüren auf Autobahnraststätten in Brandenburg, ein 1000 Meter langer Krötenzaun und fünf Kilometer Schienen auf einer stillgelegten Bahnstrecke in Hessen, 740 leere Alu-Bierfässer bei der Brauerei Andechs, drei Kupfer-Regenrohre beim Segelclub Hennesee, Dachrinnen der Ruhrquellenhütte in Winterberg, 1800 (beschädigte) Autobahnleitplanken durch vier Männer aus Wittgenstein, 120 Bleibarren bei einer Firma in Brilon. Kinderspielgeräte, Gullydeckel, Kirchendächer und Kunstwerke.

Gibt es keine Vorlieben?
Doch. Beliebt sind Orte, wo viel zu holen ist, also Baustellen und Firmen. Beim Material geht es nach dem Preis: „Dachrinnen aus Kupfer bringen etwa 4,50 Euro pro Kilo“, sagt Altmetallhändler Stefan Rump aus Arnsberg. „Da ist die Wertschöpfung am größten.“ Messing bringt 3 Euro, Alu knapp einen Euro und Zink 60 bis 70 Cent. Ein Zukunftsfeld könnten Windkraftanlagen sein. In jeder stecken im Schnitt vier Kilo Kupferkabel.

Steigen die Fallzahlen?
Ja. 2011 hat die Polizei in NRW 5312 Diebstähle gezählt, 2010 waren es 2336. In 285 Fällen ging es um mehr als 7,5 Tonnen oder 10 000 Euro. „Das hängt mit den Rohstoffpreisen am Weltmarkt zusammen“, sagt Scheulen. „Metalldiebstähle auf Friedhöfen haben eklatant zugenommen“, sagt auch Stefan Trelle, Polizei-Sprecher im Hochsauerlandkreis. Andreas Grewe von der Bundespolizei in Dortmund, die für die Bahn im Sauerland zuständig ist, spricht von „gleichbleibend hohem Niveau“. Aber die Bahn hat Kontrollfahrten verstärkt und benutzt einen unsichtbaren Zahlencode, der unter Speziallicht sichtbar wird.

Wer sind die Täter?
„Ein alternder Junkie in einer Notlage oder professionell organisierte Banden, die genau wissen, was sie wo loswerden“, sagt LKA-Sprecher Scheulen. Die Polizei im HSK hat im aktuellen Bleibarren-Fall einen Rumänen geschnappt. Und vergangenes Jahr nach einem Diebstahl im Umspannwerk Brilon eine Gruppe von Männern aus dem gleichen Land.

Wo werden sie die Ware los?
Im Osten, im Westen und in der Nachbarschaft. Organisierte Banden bringen Kupferkabel nach Osteuropa, brennen dort den Kunststoffmantel ab und verschiffen das Metall nach Fernost. Der Aufwand lohnt sich für Bronzebuchstaben von Grabsteinen oder ein paar Regenrinnen nicht. Also zum Schrotthandel vor Ort? „Ich kann nicht ausschließen, dass es vereinzelt Kollegen gibt, die beide Augen zudrücken“, sagt Stefan Rump. „Wir verlangen grundsätzlich einen Personalausweis und bei größeren Mengen oder verdächtigen Typen auch einen Herkunftsnachweis.“ Das sei purer Eigenschutz: „Wenn Sie gestohlene Ware kaufen, sind Sie wegen Hehlerei dran.“ Was tun die Diebe also? „Es gibt große Händler jenseits der Grenze in den Niederlanden oder in Belgien.“

Wie kann man sich schützen?
Objekte veranken, beleuchten und kennzeichnen, rät die Polizei. Und auf dem Friedhof? „Besucher sollten aufmerksam werden, wenn Personen scheinbar ziellos umhergehen und Handyfotos machen“, sagt Reinhard Paul von der Friedhofsverwaltung der Stadt Meschede.