Hagen/Arnsberg. .

Im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie steht es Spitz auf Knopf. Am Freitag blicken auch Südwestfalens Metaller gespannt nach Sindelfingen. Dann soll dort die Entscheidung fallen: Einigung oder Urabstimmung über den ersten unbefristeten Streik in der Branche seit Jahren - das ist die Frage, nachdem IG Metall und Arbeitgeber im designierten Pilotbezirk Baden-Württemberg ihre Verhandlungen gestern nach einer Marathonsitzung unterbrochen und vertagt haben.

Zum Stand der Gespräche drang nichts nach außen. Aber: „Die Erfahrung sagt, dass damit schon eine echte Aussicht besteht, dass die Sache rund gemacht wird“, sagt Wolfgang Nettelstroth, Sprecher der IG Metall in NRW. Auch Volker Verch, Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte, wertet die Vertagung als Signal, „dass man sich näher gekommen ist“. Dabei geht es zunächst noch nicht um die Frage der Lohnerhöhung - wenngleich auch hier Forderung (6,5 Prozent für ein Jahr) und Arbeitgeber-Angebot (3,1 Prozent für 14 Monate) weit auseinanderliegen. Aber dies ist wohl die niedrigste Hürde vor einem Kompromiss für die florierende Branche. „Beim Entgelt haben wir uns noch immer geeinigt“, heißt es unisono bei Arbeitgebern und IG Metall.

Der Fokus der Verhandlungen liegt auf den Gewerkschaftsforderungen nach einem Vetorecht für Betriebsräte beim Einsatz von Leiharbeitern und einer tariflichen Pflicht zur unbefristeten Übernahme von Azubis. Zwei Knackpunkte, bei denen eine Annäherung bisher nicht in Sicht war - weil es letztlich für beide Seiten ums Prinzip geht. Die Arbeitgeber sehen nicht weniger als ihre unternehmerische Entscheidungsfreiheit in Gefahr. „Es geht um die Grundsatzfrage, wo muss ein Unternehmer Mitbestimmung zulassen und wo nicht“, sagt Hubertus Engemann, Sprecher der Metall-Arbeitgeber NRW.

Die IG Metall kritisiert, dass es in den Betrieben mittlerweile gängige Praxis sei, Lehrlinge nach der Ausbildung zunächst nur noch für ein Jahr befristet zu übernehmen. Dem will sie mit der Übernahmepflicht einen Riegel vorschieben - davon aber wie in der Stahlindustrie Firmen ausnehmen, die über Bedarf ausbilden oder in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken.

Die Arbeitgeber bewerten die Lage für Azubis in Zeiten drohenden Fachkräftemangels ganz anders. Engemann: „Wir sehen da überhaupt kein Problem, weil 75 Prozent der Auszubildenden am Ende ohnehin übernommen werden.“ Der Rest gehe größtenteils studieren oder komme bei anderen Betrieben unter. „Es ist nicht einsehbar, Dinge zu regeln, die in der Praxis einwandfrei laufen“, sagt Verch. Und wenn ein Unternehmer über Bedarf ausbilde, „dann will er das nicht noch mit dem Betriebsrat bereden müssen“.

Mit dem Leiharbeitsveto für Betriebsräte will die IG Metall verhindern, dass Stammpersonal dauerhaft durch billigere Zeitarbeiter ersetzt wird. Die Arbeitgeber räumen zwar inzwischen Missbrauchsfälle ein, dies sei aber eine kleine Minderheit. Das Gros der Firmen nutze Zeitarbeit, um schnell auf Auftragsspitzen reagieren zu können. Die Arbeitgeber wollen sich daher auch hier nicht hineinreden lassen und fürchten zudem eine grundlegende „Einschränkung ihrer betrieblichen Flexibilität“, so Verch: „Da tun wir uns schwer mit.“

Dennoch hofft er auf einen Pilot-Abschluss in Sindelfingen. Denn: „Ein Streik hätte verheerende Folgen für die Betriebe in Südwestfalen. Das kann keiner wollen.“