Arnsberg/Sundern.
150 Filialen sind in Südwestfalen von der Schlecker-Pleite betroffen. Hunderte Mitarbeiter bangen um ihren Arbeitsplatz. Mit einer Unterschriftenaktion suchen sie bei ihren Kunden Unterstützung - und hoffen auf den Erhalt ihrer Filialen. Mit Kritik an ihrem Arbeitgeber halten sie sich bedeckt.
„Unsere Kunden sind ängstlich“, sagt Angelika Malzer. „Vor allem die Senioren im Dorf wären von einer Geschäftsaufgabe stark betroffen.“ Seit 17 Jahren arbeitet die Leiterin der Filiale in Arnsberg-Bruchhausen bei Schlecker. Genauso lange wie ihre Kollegin Gerlinde Gramenz. Beide wissen nicht, wie es weiter geht. Eines aber wissen sie, dass „sie nichts anderes machen wollen“.
Mit Kritik an der Unternehmensführung halten sich die Beschäftigten zurück. „Der Anton Schlecker ist immer noch unser Chef“, sagt Eva Meiling, „und wir wollen gemeinsam weitermachen.“ Und alle sind sie einig, sie arbeiteten gerne für Schlecker. „Wäre es so schlecht wie oft beschrieben“, sagt Margit Klute, „hätten wir uns längst etwas anderes gesucht.“
Kunden drücken sie Zettel mit der Botschaft „Wir sind weiter für sie da“ in die Hand und hoffen auf ihre Unterschrift für den Erhalt der Filialen. An aufmunternden Worten fehlt es nicht. „Wir drücken Euch die Daumen“, heißt es nicht nur einmal. Kundin Ruth Bartels: „Natürlich unterschreibe ich für Schlecker. Ich gehe schon immer hier einkaufen.“
Ob es hilft? Der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Südwestfalen, Klaus Willmers, ist ausgesprochen skeptisch: „Die 60 bis 80 Quadratmeter großen Filialen im ländlichen Raum rechnen sich nicht.“ Das Schlecker-Management habe die Folgen ihrer Strategie falsch eingeschätzt. „Sie haben einfach alle Ladenlokale genommen, die frei waren. Ein Fehler, der viel zu spät erkannt worden ist.“ Die Konkurrenz fange erst bei einer Verkaufsfläche von 400 Quadratmeter an.
Nach seiner Einschätzung ist das Image Schleckers immer noch sehr schlecht, um mehr Kundschaft anzulocken..„Es wird Jahre dauern, es wieder umzudrehen.“
Eine Zukunft der Schlecker-Filiale als Grundversorger im Dorf, als Ersatz für den früheren Tante-Emmal-Laden sieht er gegenwärtig nicht. „Da gibt es viel zu viele Überschneidungen mit dem Discounter in der Nachbarschaft.“ Willmers hält den Niedergang der Schlecker-Filialen für „einen Zug der Zeit“, der nicht mehr aufzuhalten sei. Auch hält er die Auswirkungen bei möglichen Schließungen für nicht einschneidend. „Auch heute sind Dinge des täglichen Bedarfs, sei es Brot, Wurst oder Käse, dort nicht vorrätig.“
Schlecker-Sprecher Frederic Bollhorst sieht im Gespräch mit dieser Zeitung bei der Drogeriemarktkette durchaus „eine ausbaufähige zentrale Nahversorgungs-Funktion, mit Post- und Lottoannahmestelle“.
Ob Schlecker mit seinen Filialen in den ländlichen Gebieten bleibt, davon ist er nicht überzeugt: „Am Ende bleibt die Frage, ob es sich betriebswirtschaftlich rechnet, ob sich der Laden rentabel trägt.“ Dass Gewerkschaften und Betriebsräte die Karte der Grundversorgung beim Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze spielt, sieht er nicht ungern. „Vielleicht gelingt es.“
Günter Isemeyer, Verdi-Sprecher in NRW, sieht Chancen: „Auf dem Land gibt es eine Unterversorgung. Bei der Frage, ob die Filiale geschlossen oder beibehalten wird, ist die Politik mit im Boot.“ DieMitarbeiter sitzen mit viel Hoffnung bereits drin. Fast ungläubig darüber, wie schnell sie im Rettungsboot sitzen: „Der Chef hat sogar noch 2011 ein Weihnachtsgeld gezahlt“, sagt Eva Meiling.