Siegen. .

Wie passt es zusammen, dass eine Region mit so vielen Weltmarktführern wie Südwestfalen in stark beachteten Erhebungen zur Innovationsfähigkeit und -tätigkeit oft so mittelmäßig abschneidet? Gar nicht, lautet die Antwort - Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie, die die IHK Siegen bei der Universität Siegen in Auftrag gegeben hatte. Die üblichen Messgrößen und Maßstäbe für Rankings passen nicht.

Jedenfalls nicht auf eine stark mittelständisch geprägte Wirtschaftsregion, so das Fazit von Prof. Hanna Schramm-Klein vom Lehrstuhl für Marketing. In Südwestfalen könne nicht mit üblicherweise von Forschungsinstituten bundesweit angewandten Parametern wie der Anzahl der Patente, der Höhe der Forschungsausgaben oder der Anzahl der Mitarbeiter mit Hochschulabschluss gearbeitet werden, berichtete die Professorin gestern in Siegen.

Vielmehr sei im Bezirk der IHK Siegen und darüber hinaus in ganz Südwestfalen vieles anders: „Der hochqualifizierte Mitarbeiter trägt im Produktionsprozess zu einer Produktverbesserung bei, die aufgrund einer flachen Hierarchie meist sofort umgesetzt wird.“ Die Lohnkosten dieses Mitarbeiters werden laut Schramm-Klein nicht gesondert als Forschungs- und Entwicklungskosten erfasst, und der Unternehmer setze das nun bessere Produkt am Markt ab, ohne ein Patent anzumelden. Und vor allem, so die Professorin: „Das typische mittelständische Industrieunternehmen der Region hat in der Regel keine ausgegliederte Forschungs- und Entwicklungsabteilung, deren Kosten in Bundes- und Landesstatistiken erfasst werden.“

Demnach vollzieht sich in Südwestfalens Unternehmen „eine stille, eher verdeckte Innovation, die mit hohem Markterfolg einhergeht, über die man aber nicht spricht.“ Sehr zum Ärger der Industrie- und Handelskammer, deren Hauptgeschäftsführer Mockenhaupt lakonisch anmerkt: „Klappern gehört nicht nur zum Handwerk, sondern auch zur Industrie.“

Der IHK stößt besonders die Studie des Forschungsinstituts Prognos von 2010 sauer auf, der zufolge die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe innovationstechnisch nur auf Rang 253 und 231 bundesweit rangieren. „Danach sind wir schlechter als Mittelmaß“, ärgert sich Mockenhaupt. „Wir können es uns nicht erlauben, dass von außen falsche Botschaften über die Innovationsfähigkeit unserer Betriebe verbreitet werden. Wer so erfolgreich ist, der kann nicht innovationsschwach sein.“ Das sei vor dem Hintergrund des sich verstärkenden Fachkräftemangels schlecht für das Image der Region und erschwere das Regionalmarketing. Mockenhaupts Stellvertreter Droege bringt es auf den Punkt: „In einer vermeintlich innovationsschwachen Region werden dringend benötigte Fachkräfte tendenziell keine innovativen Unternehmen und somit attraktive Arbeitgeber vermuten.“

Laut Studie liegen sie richtig, wenn sie zwar erfolgreiche, dafür aber verschwiegene und wenig kooperative Arbeitgeber vermuten - ein Rückfall in längst überwunden geglaubte Zeiten der Abschottung. Die Professorin beschreibt das zurückhaltend mit „ausgeprägter Ferne zu langfristiger Zusammenarbeit“ - mit Hochschulen und erst recht mit anderen Unternehmen. Das müsse deutlich besser werden: „Wenn die Betriebe nicht kommunizieren, dass sie innovativ sind, wird es schwer, sie als zukunftsfähig wahrzunehmen.“