Hagen. . Südwestfalens Jecken schunkeln sich schon warm. Mit der heutigen Weiberfastnacht jagt in den kommenden Tagen ein närrischer Höhepunkt den nächsten. Aber was wäre Karneval eigentlich ohne die Musik? Wohl ein echtes Trauerspiel!

Südwestfalens Jecken schunkeln sich schon warm. Mit der heutigen Weiberfastnacht jagt in den kommenden Tagen ein närrischer Höhepunkt den nächsten. Aber was wäre Karneval eigentlich ohne die Musik? Wohl ein echtes Trauerspiel!

Doch so weit kommt es selbstverständlich nicht. Ohne Klassiker wie Willy Millowitschs „Schnaps, das war sein letztes Wort“ oder Lotti Krekels „Warum muss Aschermittwoch immer alles vorbei sein“ geht es einfach nicht. Längst gibt es aber auch eine Vielzahl junger Bands und Künstler, die der Karnevalsmusik von Jahr zu Jahr neue Impulse und somit auch neues Leben geben. Was auf den Skihütten funktioniert, ist oftmals auch im närrischen Treiben ein Riesenhit. Tim Toupets „Ich Bin Ein Döner“ oder Mickie Krauses „Düp Düp“ sind nur zwei solcher Phänomene.

Für Südwestfalens Karnevalsjecken, denen schon seit Jahrzehnten närrisches Blut durch die Adern fließt, ist die musikalische Vertonung der tollen Tage viel mehr als Beiwerk. Unsere Zeitung hat vier karnevalistische Urgesteine nach ihren Lieblingsliedern und den damit verbundenen Erinnerungen befragt.

Hans Rath, 66, ist Kanzler der Kleinen Arnsberger Karnevalsgesellschaft und schon ein Leben lang den tollen Tagen verschrieben. Hinter seinem Lieblingslied „Ach, wär ich nur ein einzig Mal ein schmucker Prinz im Karneval“ des Kölschen Komponisten Fritz Weber, verbirgt sich eine fast unglaubliche Geschichte, die vor Jahren in Düsseldorf ihren Anfang nahm: „Ich wollte dort Prinz werden, hatte sogar einen Sponsor. Aber mit den 100 000 Mark kam ich mir vor wie ein Bettler“, erinnert sich Rath. Aus der rheinischen Regentschaft wurde nichts und Rath fasste einen Entschluss. „Ich habe damals in meinem Testament festschreiben lassen, dass das Lied bei meiner Beerdigung gespielt werden soll, falls ich bis dahin nicht Prinz geworden bin.“ Vor fünf Jahren erfüllte sich Raths Lebenstraum - er wurde Prinz im Arnsberger Karneval und strich die Klausel in seinem Testament. Erst vor wenigen Tagen, bei einer Karnevalsveranstaltung für Demente, ging es Rath wieder so richtig ans Herz: „Wenn ich das Lied höre, habe ich Tränen in den Augen. Auch jetzt musste ich wieder richtig schlucken.“

Auch Karl-Heinz Schäfers, Leiter der Heideschule Hohenlimburg, und im Hagener Karneval gemeinsam mit seinem Partner Franz-Martin Neudeck als „Dösköppe“ eine Legende, hat zur närrischen Musik eine ganz besondere Verbindung. „Wenn ich den Narrhallamarsch höre, dann schaltet das Gehirn um. Seit Kindesbeinen verbinde ich mit diesem Lied wundervolle Erinnerungen“, so Schäfers. Der Pädagoge legt Wert darauf, dass Karneval nicht bloß als Anlass zum „Saufen“ dienen soll: „Die Musik weckt bei mir Erinnerungen an die positiven Dinge, die der Karneval zu verkaufen hat - nicht das Oberflächliche, sondern die Freude und der Spaß, den man in der Gemeinschaft hat.“

Carsten Risse, Prinz der Session 2010/2011 der VAK Allagen in Warstein, kann sich nicht so recht entscheiden und hat deshalb gleich zwei Lieblingslieder. „Schenk mir Dein Herz“ von den Höhnern und „Glitzer im Gesicht“ von Bernd Stelter sorgen bei Risse immer wieder für Begeisterung. „Beide Lieder verbinden mich und meine Frau auf besondere Weise. Es ist eine Erinnerung an die Zeit, als meine Frau und ich gemeinsam das Prinzenpaar waren. Die Songs drücken sehr schön aus, wie es im Karneval abgeht.“ Noch immer denkt Risse gerne zurück, als mit „Schenk mir Dein Herz“ das Ende der Sitzung in Allagen eingeläutet wurde - ein ganz besonderer Moment. Erst am Mittwochabend, bei der Verabschiedung des letzten Prinzenpaares, kam Familienvater Risse wieder in den Genuss, gleich beide Lieder zu hören, die bei ihm immer wieder „Lust auf Karneval“ machen.

Ebenfalls eine Institution im südwestfälischen, aber längst auch im Kölschen Karneval, ist Gisbert Baltes. Ohne das „Heggener Kindchen“ ist für den ARD-Chefkommentator des Rosenmontagszugs die närrische Zeit nur halb so schön. „Heggen ist ein kleines Dörfchen bei Attendorn. Attendorn ist seinerseits wie Klein-Köln. Da habe ich den Karneval mit der Muttermilch aufgesogen“, sagt Baltes. Für den Journalisten ist das „Heggener Kindchen“ ein Stück Heimat. Ebenfalls ganz oben auf Baltes’ privater Hitliste sind die Bläck Fööss - sein Lieblingslied: „Unsere Stammbaum“. Für Gisbert Baltes viel mehr als nur ein Stimmungsmacher: „Das ist die einzig wahre Hymne für alle Orte am Rhein. Das ist mit keinem anderen Lied vergleichbar.“ Seit Kurzem hat Baltes ein weiteres Lied ins jecke Herz geschlossen. Kasallas „Pirate“, den Gewinner der Kölschen „Loss mer singe Tour 2012“. „Dieser Wettbewerb hat in den Veedeln stattgefunden und Kasalla hat ihn gewonnen. Sie haben mich sehr beeindruckt“, verrät Baltes. Immerhin verwies die junge Band die Bläck Fööss und Brings auf die Plätze.