Meschede/Düsseldorf.

Stolz und schnittig, der Größe nach sortiert steht die Dehler-Flotte in Reih und Glied. Schneeweiß glänzen die fünf Rümpfe im Scheinwerferlicht. Es ist der Eröffnungstag der Wassersportmesse Boot in Düsseldorf, und am Stand C23 in Halle 17 herrscht reger Publikumsverkehr. Drei Jahre nach der Pleite ist der Yachtbauer aus Meschede-Freienohl wieder gut im Geschäft.

„Bei uns geht’s mit vollen Segeln stramm weiter“, sagt Geschäftsführer Ralf Tapken.Das Sauerländer Traditionsunternehmen verbucht zweistelliges Wachstum, die neue Dehler 41 werde „vom Markt fantastisch angenommen“, und die Nachfrage ist so gut, dass die mittlerweile wieder gut 90-köpfige Belegschaft regelmäßig mit Zeitarbeitskräften verstärkt wird. Tapken: „Wir sind voll auf Kurs.“

Dessen Richtung gibt indes seit der Übernahme 2009 die börsennotierte Hanse-Yachts AG vor. Zu der Gruppe zählen neben der Hausmarke Hanse auch der britische Segelyachtbauer Moody und der norwegische Motorboot-Hersteller Fjord. Am Hanse-Yachts-Stammsitz in Greifswald hat inzwischen der Finanzinvestor Aurelius das Sagen. Firmengründer Michael Schmidt hatte seinen Mehrheitsanteil Ende vorigen Jahres an die Münchener Beteiligungsgesellschaft verkauft, nachdem das Unternehmen in der Finanzkrise in schwere See geraten war und nun - trotz wieder steigender Erlöse – bereits vier Jahre in Folge roten Zahlen geschrieben hat. Das aber soll bald ändern.

Schon im Geschäftsjahr 2010/11 (31. Juli) hat die Hanse-Yachts-Gruppe ihren Umsatz von 73,2 auf 86 Millionen Euro ausgebaut, die Mitarbeiterzahl um 71 auf 711 aufgestockt und den Verlust auf 6,58 Millionen Euro halbiert. Ein Aufwärtstrend, der sich mit einem Produktionsplus von fast 30 Prozent auch im laufenden Geschäftsjahr fortsetzt. In Düsseldorf stellt der neue Aufsichtsratschef und Aurelius-Vorstand Gert Purkert „eine deutliche Ergebnisverbesserung“, „ sehr wahrscheinlich“ sogar die Rückkehr in die Gewinnzone in Aussicht. Er schickt aber umgehend hinterher: „Uns geht’s um eine langfristig gute Entwicklung, nicht um kurzfristige Ertragssteigerungen.“ Wert legt Purkert auch auf die Abgrenzung zu anderen, in Verruf geratenen Vertretern der Branche: „Wir haben Hanse komplett mit Eigenkapital gekauft .“ Aurelius hält mittlerweile mehr als 70 Prozent der Anteile.

In einem Konferenzraum auf der Messe ist die Führungscrew der Hanse-Yachts angetreten, um der internationalen Fachwelt ihre ehrgeizigen Ziele zu vermitteln. „Mehr Produkte, mehr Innovationen, mehr Märkte“ formuliert der designierte Vertriebschef Jens Gerhardt die Devise. Mit neuen Modellen für alle Marken schon in den nächsten 18 Monaten und dem Ausbau des globalen Händlernetzes will die Gruppe nach seinen Worten schon bald den Konkurrenten Bavaria als deutscher Marktführer ablösen und sich langfristig gar zum weltgrößten Yachtbauer entwickeln. Zukäufe sind dazu nicht geplant. Mit ihren vier klar abgegrenzten Marken sieht sich das Unternehmen für die Wachstumspläne gut gerüstet. Neben den Massenmarkt-Modellen von Hanse und den Luxus-Booten von Moodys fällt Dehler dabei die Rolle der sportlich-schnellen Touren-Segelyacht zu. Oder, wie es Tapken ausdrückt: „Im VW-Konzern wären wir der Audi.“

Mit ihrem Wachstum gegen den leicht rückläufigen Markt-Trend sieht Gerhardt („Unsere Bücher sind gefüllt“) die Hanse-Yachts-Gruppe auf dem Sprung vom Mittelständler hin zum industriellen Yachtbauer. Aber ist dann noch Platz für die aufwändige und teure Handarbeit, wie sie bei Dehler in Freienohl Tradition hat? Mögliche Sorgen räumt Hanse-Yachts-Vorstandschef Thomas Stüpfert beiseite: Eine Standortschließung oder eine Produktionsverlagerung sei kein Thema. Und Purkert betont: „Woran wir nicht sparen werden, ist die Qualität.“ Effizienzverbesserungen in allen Bereichen, die aber will Stüpfert forcieren.

Dehler hat dabei allerdings schon „den großen Sprung“ hinter sich, wie Tapken später erklärt. „Wir haben im letzten Jahr die gleiche Zahl von Schiffen produziert, wie mein Vorgänger mit doppelt so viel Leuten“, sagt er. Das sei Effizienzsteigerung. Sorgen um den Arbeitsplatz müsse sich in Freienohl niemand machen. Im Gegenteil: Drei frisch ausgebildete Bootsbauer seien gerade übernommen worden, und drei neue Azubis würden gerade gesucht. Dehler, so Tapken, stehe dafür, dass man auch mit viel Handarbeit Geld verdienen könne. „Wir machen alles selbst: Der Kunststoff, die Möbel - alles made in Freienohl. Und da sind wir auch stolz drauf.“