Düsseldorf. Noch nie sind so viel Menschen in NRW gestorben wie im vergangenen Jahr, seit es die Statistik gibt. Zwei mögliche Erklärungen: Grippe und Hitze.
Im vergangenen Jahr sind so viele Menschen in NRW gestorben wie noch nie, seit diese Statistik erhoben wird. Zwar erhöhen sich die Sterbezahlen durch die Alterung der Gesellschaft fast jedes Jahr, überraschend stark ist jedoch der Anstieg von 6,4 Prozent gegenüber dem bisherigen Höchstwert aus dem Jahr 2021. Damals starben 220.000 Menschen, im Jahr 2022 waren es 234.176 Tote, teilte das Statistische Landesamt IT.NRW am Freitag mit. Gegenüber dem Jahr 2017 betrug der Anstieg sogar rund 14 Prozent.
Der Hochsommer war extrem
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Die zugehörige Statistik zu den Todesursachen wird erst im Herbst veröffentlicht, so lange kann man nur spekulieren. Allerdings zeigt der Blick in die Monatszahlen: Besonders im Juli und August, sowie im Dezember gab es viele Tote. Der Sommer 2022 war der viertwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Und im Winter erreichte eine besonders heftige Grippewelle ihren Höhepunkt.
In fast allen Monaten zeigt sich eine Sterblichkeit, die über den Werten liegt, die zu erwarten sind, wenn man den natürlichen Alterungseffekt der Vorjahre fortschreibt. Der sorgte vor der Pandemie dafür, dass jeden Monat im Schnitt rund 310 Menschen mehr starben als im Jahr zuvor. Januar, April, Mai und Juni liegen insofern im Bereich des Erwartbaren. Auch das Statistische Landesamt weist darauf hin, dass besonders die zweite Jahreshälfte 2022 ungewöhnlich verlief. Betrachtet man nur diese sechs Monate starben rund 22 Prozent mehr Menschen als im Schnitt der Jahre 2017 bis 2019. Aber auch im Vergleich zu den Pandemiejahren verstarben zwischen Juli und Dezember mehr Menschen – 12,4 Prozent mehr gegenüber 2020 und 10,2 Prozent gegenüber 2021.
Hitzewellen erhöhen Sterberaten
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Auffällig ist nun das Zusammenfallen mit Hitzesommer und Grippewelle. Das Robert-Koch-Institut (RKI) registrierte von Mitte April bis Anfang September des vergangenen Jahres eine hitzebedingte Übersterblichkeit von rund 4.500 Sterbefällen für ganz Deutschland. Allerdings starben allein in NRW im Juli und August zusammen rund 4000 Menschen mehr als in den Pandemiejahren. Das RKI weist darauf hin, dass sich im Sommer 2022 auch erstmalig während einer Hitzeperiode die Anzahl der durch COVID-19 verursachten Sterbefälle erhöhte. Zumindest zeitlich fällt dies zusammen dem Aufkommen von Massenveranstaltungen nach Aufhebung der Corona-Beschränkungen.
Akute Atemwegserkrankungen
Auch gibt es einen engen zeitlichen Zusammenhang mit der Grippewelle. In der vergangenen Saison war auch RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus) sehr stark und schon sehr früh aktiv. Für die Saison wurden „bisher 1.028 Todesfälle mit Influenzavirusinfektion an das RKI übermittelt“, erklärt eine Sprecherin. Doch weil viele atemwegsbedingte Todesfälle nicht in der Statistik auftauchen, wird ihre Zahl geschätzt; das ist noch nicht geschehen. Die Zahl der Arztbesuche wegen Influenza und RSV jedenfalls erreichte im Dezember ein Niveau „im Bereich der Spitzenwerte schwerer Grippewellen“. Um die drei Prozent der Bevölkerung wurden in dieser Zeit vorstellig – jede Woche.
Laut IT.NRW wurden auch weniger Kinder in NRW geboren. Die Zahl der Neugeborenen in NRW lag 2022 bei 164.496 – das sind rund 6,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Geburtenzahl war von 2018 an rückläufig, im zweiten Corona-Jahr 2021 war sie aber zwischenzeitlich wieder angestiegen.