Hagen/Arnsberg. Seit Elon Musk Twitter übernommen hat, steht der Kurznachrichtendienst in der Kritik. Ziehen prominente Politiker aus Südwestfalen Konsequenzen?

Langsam, so scheint es, wird der Mann unberechenbar. Elon Musk, einer der reichsten Menschen der Welt, treibt als neuer Chef des Kurznachrichtendienstes Twitter sein Unwesen. 44 Milliarden Dollar hat Musk für Twitter bezahlt. Und obwohl der Tesla-Boss sich immer wieder für die freie Meinungsäußerung ausgesprochen hatte, sperrte er jüngst ihm unliebsame Konten. Auch von prominenten US-Journalisten, die kritisch über ihn berichtet hatten. Rechtsradikale dürfen ihre Hetze dagegen weiter verbreiten. Die Journalisten-Accounts sind mittlerweile zwar wieder freigegeben, aber niemand weiß, was Donald-Trump-Freund Musk als nächstes im Sinn hat.

Keine Aussage von Friedrich Merz

Twitter lebt von den Inhalten, die von den Nutzern selbst ins Netz gestellt werden. Mehrere Werbepartner sind bereits abgesprungen, auch in Deutschland werden Boykottforderungen immer öfter geäußert. Wir haben uns bei einigen prominenten Politikern Südwestfalens und bei der Landesregierung umgehört, ob sie aus Musks Verhalten Konsequenzen ziehen wollen.

„Ich schaue mir das jetzt noch bis zum Ende des Jahres an, und dann treffe ich eine Entscheidung“, sagte Dirk Wiese, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag. Die Entwicklung von Twitter nach Musks Übernahme sei „nicht gut“, so der Briloner. Eigentlich sei der Dienst ja ein gutes Medium, um auf Inhalte aufmerksam zu werden und selbst aufmerksam zu machen. Wenn kritische Meinungen aber nicht mehr zugelassen würden, sei eine Grenze erreicht. „Das kann auch meinen Ausstieg zur Folge haben“, betonte der 39-Jährige.

Dahmen: Zerstörerische Entwicklung

Janosch Dahmen, Bundestagsabgeordneter der Grünen, sieht das ähnlich. „Sollte die zerstörerische Entwicklung so weiter gehen, habe ich große Zweifel, dass Twitter dauerhaft der richtige Ort für die freie politische Kommunikation bleiben wird“, sagte der Gesundheitsexperte dieser Zeitung. Sollte Elon Musk die Meinungsfreiheit dort weiter untergraben, werde er sich eine andere Plattform suchen.

Unangefochtener Twitter-König Südwestfalens ist Friedrich Merz. Der CDU-Vorsitzende aus Arnsberg hat rund 264.000 Follower, also Menschen die mit seinen Tweets automatisch gefüttert werden. Wiese kommt auf bescheidene 4165, Dahmen immerhin auf mehr als 28.200. Merz beschäftigt ein eigenes Team, um Nachrichten in den sogenannten sozialen Medien abzusetzen. Es verfährt nach dem Einbahnstraßen-Prinzip: Auf Kritik reagiert es in der Regel nicht. Auch nicht, wenn sich eine große Zahl von Nutzern in den Kommentaren über Merz lustig macht, so wie jüngst, als er mit einer Currywurst/Pommes in der Bundestagskantine posierte. Allein dieser Tweet erntete mehr als 2400 Kommentare, die meisten davon spöttisch.

Friedrich Merz: Kein Kommentar

Merz wollte sich auf Anfrage dieser Zeitung nicht dazu äußern, ob er aus dem Verhalten Elons Musks Konsequenzen ziehen wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der 67-Jährige dem Nachrichtendienst die Stange hält. Wo sonst könnte er mehr als 200.000 Menschen ungefiltert erreichen?

Ebenfalls nicht eindeutig äußern möchte sich die Landesregierung. „Nordrhein-Westfalen steht länderübergreifend im regelmäßigen Austausch zu Behördenkommunikation auf Social-Media-Plattformen“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage dieser Zeitung mit. „Darüber hinaus beobachtet die Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen aktuelle Entwicklungen und Veränderungen in den jeweiligen Netzwerken sehr genau und behält sich grundsätzlich vor, bei Bedarf entsprechend zu reagieren“, sagte sie. „Dies gilt auch für den persönlichen Account von Ministerpräsident Hendrik Wüst sowie den Account von Nathanael Liminski, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes Nordrhein-Westfalen und Chef der Staatskanzlei.“ Hendrik Wüst hat 23.515 Follower, Liminski 2226.

Es gibt Alternativen

Twitter ist unangefochtener Marktführer. Noch. Denn es gibt Alternativen. Eine davon heißt Mastodon. Der Dienst stammt aus Deutschland und finanziert sich durch Spenden und durch Freiwillige, die Serverleistung zur Verfügung stellen. Seit Musks Twitter-Übernahme ist die Zahl der Nutzer dort raketenhaft auf mehr als acht Millionen gestiegen. Bei Mastodon heißen die Nachrichten übrigens „Tröts“.