Hagen. Krebspatienten müssen sich zu Wort melden. Um Krebs aus der Tabuzone zu holen. hat Jörg A. Hoppe ein digitales Selbsthilfenetzwerk gegründet.

Jörg A. Hoppe (70) ist einer der erfolgreichsten Medienunternehmer in Deutschland. Als Student in Hagen hat er Extrabreit gemanagt, später Tim Mälzer, Wigald Boning, Verona Feldbusch, heute Pooth, und Joko Winterscheidt entdeckt, er gründete den Musikkanal Viva und dachte sich „Bauer sucht Frau“ aus. Die Liste ließe sich verlängern. Der Grimme-Preisträger ist der kreative Kopf hinter vielen kulturellen und medialen Erfolgsgeschichten. Dann kam die Diagnose: Leukämie. Sie brachte nicht nur Todesangst, sondern auch eine Zäsur. Hoppe gründete „yeswecan!cer“, ein digitales Selbsthilfenetzwerk für Krebs-Betroffene und ihre Angehörigen. „Ich will den Krebs aus der Tabuzone herausholen“, so beschreibt er seine Mission. Am Donnerstag, 24. November, kommt Jörg A. Hoppe nach Hagen. Auf Einladung der Westfalenpost berichtet er in einer Abendveranstaltung über sein Engagement gegen den Krebs. Unsere Leser können dabei sein. Die Anmeldung erfolgt über
wp-aktion@westfalenpost.de

Digitalisierung als Baustelle

„Die Versorgung von Krebspatienten entspricht nicht mehr dem Stand der Wissenschaft. Das ist ein Skandal“, argumentiert Jörg A. Hoppe. Es gibt viele Baustellen. Eine wichtige ist das Thema Digitalisierung. Hoppe hat eine Initiative für das Patientenrecht auf Datenversorgung und -nutzung gestartet. Das kann Leben retten. „Ich finde, es ist an der Zeit, dass sich nun endlich die Patienten zu Wort melden. Bisher wird das Thema Digitalisierung des Gesundheitssystems immer mit Angst und Schrecken verbunden, mit Datenschutz. 18 Datenschutzbehörden sind dafür zuständig. Der häufigste Satz, den ich im Krankenhaus gehört habe, war: Herr Hoppe, es geht gleich weiter, wir suchen nur noch Ihre Akte. Und die fragen immer dasselbe. Das ist so erbärmlich. In Israel, Estland oder Finnland sind die Patientendaten sogar auf dem Personalausweis gespeichert.“

Ab dem Moment, wo der Arzt erstmals signalisiert, dass etwas nicht stimmen könnte, muss alles sehr schnell gehen. Deutschland hat zwar eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt und die besten Ärzte und Forscher. Doch beim Thema Krebs greifen die Räder nicht immer effektiv ineinander. Das fängt schon bei der Vorsorge an: „Viele junge Menschen wissen gar nicht, dass man sich gegen bestimmte Krebsarten impfen lassen kann. Da wird irre viel Geld für Kampagnen ausgegeben, aber die erreichen die Leute nicht.“

Nach den Therapien kommt die Depression

Die Knochenmarkstransplantation, die Therapien, all das hat Jörg A. Hoppe überstanden. Dann kommt 2017 der Magendurchbruch als Kollateralschaden von Chemo und Bestrahlung. „Im Krankenhaus haben sie gesagt: Herr Hoppe, verabschieden Sie sich von Ihrer Frau. Als ich das auch noch überlebt habe, war ich am Ende und habe Depressionen bekommen. Da habe ich eine Selbsthilfegruppe gesucht und gemerkt, dass die Onkologen immer weniger Interesse an einem haben, und die Kollateralthemen wie zum Beispiel Dermatologie interessieren sie überhaupt nicht.“

Die App, die Hoppe in dem Moment gebraucht hätte, die gab es nicht. Also gründete er sie kurzerhand selbst. Heute sind 20.000 Betroffene über die Yes!APP vernetzt. Am 14. und 15. Oktober wird in München die 3. Yes!CON veranstaltet, mit Julia Becker, Verlegerin der Funke-Mediengruppe, zu der auch die Westfalenpost gehört, unserem Kolumnisten Hajo Schumacher, Manuela Schwesig, Joko Winterscheidt, Guido Maria Kretschmer, 100 Experten und vielen weiteren Gästen. Die Veranstaltung wird auch kostenfrei über www. yescon.org­ und zahlreiche FUNKE-Portale gestreamt.

Krebs braucht Kommunikation

„Krebs braucht Kommunikation“, davon ist Jörg A. Hoppe überzeugt. Diese Öffentlichkeit möchte er herstellen, und durch seine frühere Arbeit ist er eng vernetzt mit Multiplikatoren in Politik, Kultur und Medien. Jeder zweite Deutsche erkrankt im Lauf seines Lebens an Krebs, und trotzdem liegen noch viele Tabus auf der Krankheit: „Ich stelle immer wieder fest, wie wenig Information überhaupt zu dem Thema da ist, das ist wirklich erschreckend. Es gibt ein Leben mit und nach dem Krebs.“ Die Patienten haben Angst, und sie haben oft auch den Eindruck, sie sollten besser nicht über ihre Krankheit reden, weil Freunde, Verwandte oder Kollegen vielleicht nicht damit umgehen können. „Viele ziehen sich zurück“, hat Hoppe beobachtet. Über die Yes!APP stehen Tag und Nacht Ansprechpartner zur Verfügung, wenn Patienten etwas auf der Seele liegt oder persönliche Fragen entstehen. „Wir versuchen auch, Angebote für die Angehörigen zu machen. Viele Männer zum Beispiel kommen nicht damit klar, wenn die Frau an Brustkrebs erkrankt. Manche verlassen ihre Partnerinnen in dieser Situation sogar.“

Öffentliche Veranstaltung in Hagen: So gibt es Karten

Bei der Veranstaltung in Hagen wird Jörg A. Hoppe über diese Themen sprechen. Hagen ist ein wenig ein Heimspiel, denn Hoppe hat in der Stadt studiert, wo er mit Extrabreit die ersten Schritte in eine Musikrichtung wagte, die heute als Neue Deutsche Welle berühmt ist und wo er auch als Musikkritiker für die Westfälische Rundschau unterwegs war. Die alten Freunde von damals, Stefan Kleinkrieg, Heike Wahnbaeck, halten über WhatsApp Kontakt. Hoppes Bruder lebt in Iserlohn, er hat ihm Stammzellen gespendet. „Ja, ich bin ihm unendlich dankbar. Ich kenne Fälle, wo Geschwister das nicht gemacht haben. Bei Guido Westerwelle ist der Spender am Abend vorher abgesprungen. Stammzellen spenden, das ist keine Kleinigkeit.“

Ganz hat sich Jörg A. Hoppe nicht aus dem Mediengeschäft verabschiedet, mit Jan Josef Liefers führt er noch eine kleine Filmproduktionsfirma. Aber im Vordergrund steht jetzt der Kampf gegen den Krebs. Und da nützt ihm alles, was er je gelernt hat: „Meine Talente kann ich natürlich hervorragend in yeswecan!cer einbringen.“

Die Teilnahme an der Abendveranstaltung am Donnerstag, 24. November, in Hagen ist kostenfrei. Allerdings sind die verfügbaren Plätze beschränkt. Bitte um eine Karte bewerben:

wp-aktion@funkemedien.de

Bitte Telefonnummer nicht vergessen. Anmeldeschluss ist Freitag, 21. Oktober.