Hagen. Die Kommunen haben bei der Aufnahme von Flüchtlingen das Limit erreicht, sagt der Städte- und Gemeindebund. Das Land sieht das offenbar anders.

Der Städte- und Gemeindebund NRW schlägt angesichts der steigenden Zahl von Flüchtlingen Alarm und fordert die Landesregierung auf, deutlich mehr Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen. „Immer mehr Kommunen stoßen bei der Unterbringung von Geflüchteten an ihre Grenzen. Der Wohnungsmarkt gibt kaum noch etwas her“, sagte Hauptgeschäftsführer Christof Sommer dieser Zeitung.

„Zudem suchen zunehmend ukrainische Familien, die im Frühjahr privat untergekommen sind, nach einer eigenen Bleibe. Gleichzeitig steigen die Zahlen und wir müssen damit rechnen, dass im Herbst und Winter noch mehr Menschen aus der Ukraine bei uns Schutz suchen“, so Sommer weiter.

Es sei gut, dass das Land nun die Kapazitäten für die Erstaufnahme in Landeseinrichtungen erhöhen wolle. Dass Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) aber nur von einigen hundert Plätzen spreche, löse in vielen Kommunen Besorgnis aus. „Das wird nicht reichen, wenn der Krieg im Winter wieder Tausende zu uns treibt“, sagte Sommer.

„Größte Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg“

Es handele sich um die größte Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg. „Um sicherzustellen, dass die Geflüchteten ein Dach über dem Kopf haben, muss das Land einen Puffer schaffen, mit dem die Menschen für einige Wochen aufgefangen werden können. Bei den aktuellen Zugangszahlen läuft das auf mehrere tausend zusätzliche Plätze hinaus“, forderte Sommer.

Aus seiner Sicht sei in der öffentlichen Diskussion zudem noch nicht richtig angekommen, was es bedeute, in den Schulen in NRW kurzfristig 35.000 Schülerinnen und Schüler versorgen zu müssen. Bund und Land müssten sich dringend ein realistisches Bild von der Lage vor Ort machen. Sommer forderte einen Flüchtlingsgipfel, „sowohl auf Bundes-, als auch auf Landesebene“.

Das NRW-Flüchtlingsministerium hatte zuletzt mitgeteilt, es sei bisher noch keine flächendeckende Überlastung der Kommunen zu verzeichnen. Einzelne Kommunen hätten aber bereits signalisiert, dass sie keine weiteren Menschen aufnehmen könnten. Der Städte - und Gemeindebund geht jedoch geht jedoch nicht davon aus, dass es sich um Einzelfälle handelt.

Esloher Bürgermeister kritisiert Ministerin

Zurzeit gibt es für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine 4040 Plätze in den Landesunterkünften. Diese Zahl soll kurzfristig spürbar erhöht werden, um die Kommunen zu entlasten, hieß es aus dem Ministerium. Konkrete Zahlen wurden jedoch nicht genannt.

Zuletzt hatte der Bürgermeister von Eslohe, Stephan Kersting (CDU), mit deutlichen Worten auf die schwierige Lage hingewiesen und Ministerin Paul kritisiert. „Es macht die Situation nicht besser, wenn sich eine Landesministerin hinstellt und behauptet: Alles ist in Ordnung, die Kommunen sind gut vorbereitet und alles ist prima. Genau das ist es nämlich nicht“, sagte Kersting im Gemeinderat. Auch die Zahl der Flüchtlinge aus Afrika, die über die Balkanroute einreisen würde, steige wieder, sagte Kersting auf Nachfrage dieser Zeitung. „Ich habe noch immer nicht den Eindruck, dass das Thema in seiner Dimension in der breiten Öffentlichkeit angekommen ist.“