Hagen. Experten sind sich einig, dass die Waldbrandgefahr in Zukunft steigt. Ein Feuerwehrmann und ein Förster erzählen von ihren Überwachungsflügen.

Die dichten Rauchfahnen über dem Sauerland waren schon von weitem zu erkennen. „Ohne Fernglas, mit dem bloßen Auge“, erzählt Lars Engelhardt. Als der kleine Polizeiflieger am Dienstag vergangener Woche am Dortmunder Airport zum Waldbrandüberwachungsflug mit dem Feuerwehrmann und einem Piloten an Bord abhob, sollte es zunächst südlich nach Breckerfeld gehen.

0a56f378-0cf6-11ed-b8cd-f066c1b18821
© funkegrafik nrw | Anda Sinn

„Wir haben kurzerhand die Route geändert und uns auf den Weg nach Stemel gemacht“, schildert der stellvertretende Leiter der Feuerwehr Hattingen. In dem Sunderner Stadtteil bekämpften Feuerwehrleute vergangene Woche mehr als drei Tage lang einen großflächigen Waldbrand.

Ein Gemisch aus Trockenheit, Hitze und starkem Wind

Als Deutschland jetzt an der 40-Grad-Marke kratzte, wähnten sich Waldbrandexperten in Mittelmeer-Verhältnissen: Das dortige „Feuerwetter“-Gemisch aus Trockenheit, Hitze und starkem Wind ist auch hierzulande keine Utopie mehr, wie die jüngsten Großbrände bei Sundern-Stemel und Altena zeigten. Der Klimawandel hat die Gefahr und die Schwere von Bränden in Wäldern und Graslandgebieten deutlich erhöht.

Bei der Bekämpfung von Waldbränden zählt jede Minute

Lars Engelhardt ist stellvertretender Leiter der Feuerwehr Hattingen. Er flog in einem Polizeiflugzeug mit, dass von der Arnsberger Bezirksregierung für einen Waldbrandüberwachungsflug angefordert worden war.
Lars Engelhardt ist stellvertretender Leiter der Feuerwehr Hattingen. Er flog in einem Polizeiflugzeug mit, dass von der Arnsberger Bezirksregierung für einen Waldbrandüberwachungsflug angefordert worden war. © Feuerwehr Hattingen | Lars Engelhardt

Deshalb hatte das NRW-Innenministerium vergangene Woche Überwachungsflüge angeordnet, um Waldbrände frühzeitig zu erkennen und zügig Wehren alarmieren zu können. Denn wer ein Feuer effektiv bekämpfen will, muss schnell sein.

Für Lars Engelhardt war es der erste Waldbrandüberwachungseinsatz in einem Flieger im Regierungsbezirk Arnsberg. Von oben, so der Feuerwehrmann, sei eine Lageeinschätzung viel effektiver als vom Boden aus: „Man sieht, ob die Kameraden an den richtigen Stellen löschen und wohin sich das Feuer ausbreitet.“

Gefährliche Löscheinsätze in brennenden Wäldern

Später stieg der Westfale in einen Hubschrauber mit Löschbehälter um. Die Bekämpfung von Waldbränden ist ohne Unterstützung von oben kaum möglich. „Hinzu kommt, dass es oft sehr gefährlich ist, sich im Wald zu bewegen.“

Häufig fehlten Wege, oft schössen besonders in Nadelwäldern die Flammen Fackeln gleich in die Höhe und breiteten sich rasant aus: „So schnell können Sie gar nicht rennen, um denen zu entgehen.“

Keine Feuerwehr in Deutschland besitzt einen Löschhubschrauber

Dass die Brandbekämpfer bisweilen allein gelassen werden, prangerte jüngst Ulrich Cimolino vom Deutschen Feuerwehrverband an. So verfüge keine Feuerwehr in Deutschland über Löschhubschrauber.

Diese müssten immer erst von Landes- und Bundespolizei oder Bundeswehr angefordert werden. Wegen der verbesserungswürdigen Kommunikation zwischen den zuständigen Stellen („ein Behördenmikado“) ginge bisweilen zu viel Zeit ins Land, so Cimolino.

Zweieinhalb Stunden in der Luft

Stefan Befeld, Förster im Regionalforstamt Hochstift in Lichtenau (links) bei seinem jüngsten Waldüberwachungsflug. Neben ihm Feuerwehrmann Joachim Hartfelder.
Stefan Befeld, Förster im Regionalforstamt Hochstift in Lichtenau (links) bei seinem jüngsten Waldüberwachungsflug. Neben ihm Feuerwehrmann Joachim Hartfelder. © Wald und Holz NRW | stefan befeld

Während Feuerwehrmann Lars Engelhardt vergangene Woche den Brand im Sauerland beobachtete, stieg Stefan Befeld in eine Maschine des Luftsportvereins Oerlinghausen in Ostwestfalen. Befeld ist Förster im Regionalforstamt Hochstift in Lichtenau, 15 Kilometer vom Stadtgebiet Marsberg entfernt.

Zweieinhalb Stunden war er zusammen mit einem Piloten und zwei Feuerwehrleuten in der Luft, kurz vor dem Sauerland drehte die Maschine wieder um. „Wegen der starken Thermik an diesem Tag rüttelte das Flugzeug ganz schön“, sagt der Westfale. Drei Brände hat das Team an Bord entdeckt.

Ein Baustein in der Waldbrandvorsorge

„Überwachungsflüge sind ein Baustein in der Waldbrandvorsorge“, so Befeld, „bei ernsten Lagen sicher sinnvoll. Zumal Brandherde bei Temperaturen von fast 40 Grad unentdeckt bleiben könnten, weil Spaziergänger Kahlflächen im Wald bei dieser Hitze meiden.

Auch für Hartwig Dolgner vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW sind Überwachungsflüge bei „hochkritischen Lagen ein Faktor im Maßnahmenkatalog“. Allerdings: „Vom Personal und von der Ausstattung her kann man so etwas nicht den ganzen Sommer über machen.“

In Zukunft verstärkt Drohnen im Einsatz

Hartwig Dolgner ist Waldbrandexperte beim Landesbetrieb Wald und Holz NRW.
Hartwig Dolgner ist Waldbrandexperte beim Landesbetrieb Wald und Holz NRW. © Wald und Holz | Ulla Giesen

Dolgner geht davon aus, dass in Zukunft verstärkt Drohnen zum Einsatz kommen. „Eine Rückkehr zu Wachtürmen, auf denen Feuerbeobachter tagelang nach Rauchfahnen Ausschau halten, wird es nicht geben.“

Förster Stefan Befeld hat beim jüngsten Überwachungsflug Rauchfahnen von oben gesehen. Und wurde einmal mehr daran erinnert, wie problematisch fahrlässiges Verhalten im Wald ist: „Wenn Menschen dort grillen oder Zigaretten wegwerfen, denken sie nicht daran, dass trockener Waldboden wie Zunder brennen kann.“ Und dass es für Feuerwehrleute – abgesehen von Gefahren beim Einsatz – nicht die Erfüllung ist, bei fast 40 Grad Brände zu löschen.

Globale Erderwärmung

Was Befeld noch mehr verzweifeln lässt, ist der Umgang mit dem Klimawandel. „Der Kampf gegen Waldbrände entscheidet sich in der Frage, ob wir als Gesellschaft das Problem der globalen Erderwärmung in den Griff bekommen. Wenn wir mehrere Dürreperioden nacheinander im Jahr haben und die Bäume im Trockenstress schlapp machen, werden wir bald Zustände wie am Mittelmeer haben. Dort ist nicht mehr viel Wald.“