Hagen. Die Corona-Sommerwelle erreicht die Kliniken in der Region. Das große Engagement der Mitarbeitenden gleicht Ausfälle und Urlaubszeit aus.
Ein wenig durchatmen, so etwas wie Normalbetrieb nach mehr als zwei Jahren Pandemie. Doch die Hoffnung auf ruhigere Zeiten in den Kliniken hat sich als Wunschdenken herausgestellt. Die Sorgenfalten bei den Verantwortlichen sind angesichts von Personalausfällen durch die Corona-Sommerwelle nicht kleiner geworden. Ein Stimmungsbild aus der Region:
„Selbstverständlich haben wir uns gewünscht, dass die Infektionszahlen diesen Sommer niedriger sind, als es aktuell der Fall ist“, gibt Lara Stockschläder vom Kreisklinikum Siegen ehrlich zu. Derzeit befänden sich etwas weniger als zwei Prozent des Personals aufgrund einer Covid-19-Erkrankung in Quarantäne. „Vorhandene Ausfälle“, so Pflegedirektor Armin Heck, „können wir nur durch das große Engagement unserer Mitarbeitenden kompensieren.“
Gelernt, mit der Pandemie zu leben
„Wir haben gelernt, mit der Pandemie zu leben“, sagt Gereon Blum, Geschäftsführer der Katholischen Hospitalgesellschaft Südwestfalen, die das St. Martinus-Hospital in Olpe und das St. Josefs-Hospital in Lennestadt betreibt. „Da diese Pandemie oder auch andere Infektionskrankheiten uns in den nächsten Jahren begleiten werden“, sei der Umgang damit „für uns (leider) die neue Routine und nicht mehr die Ausnahmesituation“. Positive Tests bei Mitarbeitenden hätten zwar vereinzelt zu Engpässen geführt, die aber durch flexiblen Personaleinsatz gelöst worden seien.
Höhere Ausfallquote
Sandra Lorenz vom Helios-Klinikum in Schwelm berichtet von einer derzeit „höheren Ausfallquote“. Hinzu komme die aktuelle Haupturlaubszeit. Auch sie verweist darauf, dass man bislang alle Personalengpässe habe kompensieren können: „Viele sind bereit, bei Bedarf auf einer anderen Station zu arbeiten oder Dienste zu übernehmen.“
Aber dazu benötigt man genügend Personal. „Wie in allen Kliniken ist die Lage aufgrund des Fachkräftemangels angespannt“, sagt Astrid Nonn von der Evangelischen Stiftung Volmarstein, die das Evangelische Krankenhaus in Hagen-Haspe betreibt. Hinzu geselle sich in der momentanen Urlaubszeit das Problem, „dass selbst Leihpflegekräfte noch schwieriger zu finden sind als sonst“.
Andauernde Mehrbelastung
Seit Pandemiebeginn werden am St.-Marien-Hospital Marsberg Personalausfälle, so Susanne Stute, „durch das vorhandene Personal kompensiert. Was natürlich einer andauernden Mehrbelastung gleichkommt.“ Was die Koordinatorin des Corona-Krisenstabs und den Leiter der Klinikhygiene, Uwe Riedesel, mit Sorge erfüllt, ist der Blick auf den Herbst/Winter. Sie rechnen mit mehr Covid-19-Patienten und appellieren an die Bevölkerung: „Tragen Sie in Innenräumen – auch in den Patientenzimmern – weiter FFP2-Maske und halten Sie sich an die Abstands- und Hygieneregeln.“
Mit Sorge blickt auch Christian Tanislav, Ärztlicher Direktor des Diakonie Klinikums mit den Standorten Jung-Stilling in Siegen und Bethesda in Freudenberg, auf den Herbst: „Sollte die Zahl der auf den Intensivstationen zu behandelnden Covid-Patienten zunehmen, und der hohe Ausfall bei den Mitarbeitern bleiben oder sich sogar verschärfen.“ Allerdings habe man im Vergleich zu vorigen Wellen eine bessere Ausgangslage – zum Beispiel durch eine bessere Impfquote.
Ausfälle in allen Berufsgruppen
Aktuell gebe es hohe coronabedingte Personalausfälle in allen Berufsgruppen. „In manchen Bereichen von mehr als 20 Prozent“, so Tanislav. „Viele Mitarbeitende haben nur geringe oder keine Symptome, dagegen bleiben die Tests über längere Zeit positiv. Eine Rückkehr an den Arbeitsplatz ist bei den Betroffenen oft verzögert.“
Trotz Personalausfalls betonen alle angefragten Kliniken, dass der Versorgungsauftrag nach wie vor erfüllt wird. Sarah Leising vom Agaplesion Allgemeines Krankenhaus Hagen: „Die medizinische Versorgung unserer Patientinnen und Patienten war und ist zu jedem Zeitpunkt gegeben.“ Das Klinikum Hochsauerland mit Krankenhaus-Standorten in Arnsberg und Meschede meldet „nur geringe Einschränkungen in der Patientenversorgung“, so Werner Kemper, Sprecher der Geschäftsführung. In Einzelfällen gebe es „Terminverschiebungen elektiver Behandlungen“.
Angespannte Situation
Hubert Berschauer, Verwaltungsdirektor bei der Mariengesellschaft Siegen, die das St. Marien-Krankenhaus betreibt, spricht von einer angespannten Situation, die aber nicht schlimmer sei als in früheren Wellen. Der Krankenstand sei weiterhin hoch, sagt er. „Urlaubszeit, Krankenstand und das Tragen von FFP2-Masken sind eine Herausforderung. Insgesamt ist eine Ermüdungserscheinung wahrnehmbar.“ Ebenfalls ausgelöst durch die „teilweise mangelnde Akzeptanz von Maßnahmen bei Besuchern“.
Diskussionen ermüden
Auch Gereon Blum von der Katholischen Hospitalgesellschaft Südwestfalen kann ein Lied davon singen. Man habe mit den Hygiene- und Schutzmaßnahmen sowie Besuchsregelungen gute Erfahrungen gemacht, auch wenn diese manchmal nicht logisch erschienen: „Diskussionen und leider auch Beschimpfungen ermüden mittlerweile unsere Mitarbeitenden sehr, mehr als die Maßnahmen selber.“