Dortmund. Kevin nennt sich selbst Frauenversteher. Der Callboy aus Dortmund verrät, warum ihn so viele Frauen buchen.

Kevin ist ein Frauenversteher. So bezeichnet sich der 1,78 Meter und 41 Jahre alte durchtrainierte Dortmunder selbst gern. Er trägt ein weißes Hemd, anthrazitfarbene Stoffhose und modische Schuhe. Seine dunklen, leicht angegrauten Haare sind gegelt. Er versteht es, sich zu inszenieren. „Gestatten, Callboy Kevin“, sagt der Mann, der mit Vornamen tatsächlich Kevin heißt. Er lächelt.

Begleiter oder Sexpartner

Seit einiger Zeit will Kevin nach eigenem Bekunden als Escort Frauen über ihre Einsamkeit hinweghelfen. Er biete Gesellschaft „und mehr an“: als Begleiter beziehungsweise Sexpartner. Mit der einen oder anderen Stammkundin fährt der hauptberuflich als Techniker für ein Unternehmen arbeitende Westfale auch schon einmal in den Urlaub.

Von Scham keine Spur

Die Zeit für das Gespräch drängt. Am Abend, so Kevin, treffe er noch eine Kundin, die ihn für vier Stunden gebucht habe.

Kevin, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte, spricht anstandslos über sein Leben als Callboy. Von Scham keine Spur. Er berichtet über den „Lustkiller Routine im Bett“ und gibt eine Menge „Besser-lieben-Tipps“. In jungen Jahren, erzählt er, sei er mit einer Frau zusammen gewesen, die ihm gesagt habe, dass er sich gut und schnell auf Frauen einstellen könnte und das Zeug zum Callboy hätte. „Dieser Gedanke hat mich nicht mehr losgelassen.“ Nach dem Aus seiner Partnerschaft „habe ich es einfach einmal versucht“.

Kritik an Scheinheiligkeit

Den meisten Frauen, die ihn buchten, fehle die Aufmerksamkeit von Männern, weiß Kevin aus Erfahrung zu berichten. Das höre er in seinem Nebenjob von seinen Kundinnen immer wieder. „Viele Frauen klagen darüber, dass ihre Männer ihnen nicht richtig zuhören.“ Sie vermissten in ihrem Umfeld die Wertschätzung als Frau. „Und viele wünschen sich, endlich einmal wie eine Prinzessin behandelt zu werden.“ Das biete er ihnen.

Empathie im Überfluss

Der Dortmunder Kevin nennt sich selbst Frauenversteher.
Der Dortmunder Kevin nennt sich selbst Frauenversteher. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Dem Dortmunder mangelt es nicht an Selbstvertrauen: „Voraussetzung für einen guten Callboy“, erzählt er frei, „ist Empathie.“ Davon habe er im Überfluss. 60 bis 80 Callboys gibt es laut Kevin in Deutschland. Nur 20 seien so gefragt wie er. Während die meisten Callboys in Deutschland zwischen 25 und 30 Jahre alt seien, punkte er mit seinen 41 Jahren mit „viel Reife“. Mittlerweile sei er etabliert und werde im gesamten deutschsprachigen Raum gebucht.

„Escorts werden leider immer noch stigmatisiert“, kritisiert Kevin die angebliche Scheinheiligkeit vieler Bürger. Er kenne Männer, denen der Umgang mit dem Thema schwerfalle und die Monogamie predigten, aber die Nähe zu Prostituierten suchten. „Ich tue keinem etwas Böses, im Gegenteil.“ Natürlich sei es in erster Linie ein Geschäft, aber es gebe eben eine steigende Nachfrage. „Aufs Schärfste“ verurteilt er erzwungene Prostitution.

Üppiges Honorar

Zu Kevins Kundinnen gehören seinen Ausführungen zufolge Ärztinnen, Anwältinnen, Schulleiterinnen, „aber auch Hausfrauen, die für ein Date mit ihm über Monate Geld zusammensparen“. In der Regel seien die Frauen zwischen 40 und 60 Jahre alt. „Die älteste Dame ist 73.“ Mehr verrät der Dortmunder nicht: „Diskretion ist Grundvoraussetzung für den Job.“

Wer sich für Kevin interessiert, der findet ihn im Internet und landet schnell auf seiner Homepage mit vielen Hochglanzbildern. Er macht professionell Werbung für sich. Sein Honorar fällt entsprechend üppig aus: 300 Euro für zwei Stunden als Begleiter ohne Sex, 500 für zwei Stunden mit, 1500 für die Nacht.

Ein Treffen zum Nulltarif

„Ich bin keiner der Callboys, die sich vorab Fotos von Kundinnen zuschicken lassen. Das ist nicht mein Stil“, erklärt Kevin. Und manchmal, so der 41-Jährige, passe alles „und sogar die Frau gefällt mir gut“. Unentschlossenen oder unsicheren Kundinnen biete er ein Kennenlernen-Treffen in Dortmund zum Nulltarif an: „Eine halbe Stunde haben wir dann Zeit, uns bei einem Spaziergang oder im Café kennenzulernen.“ Die Begegnungen würden nie bei ihm zuhause stattfinden, sondern in Hotels oder bei der Kundin. So vermeide er auch, dass sich Frauen, die sich in ihn verliebten, ihn aufsuchen könnten.

„Bei manchen geht die Fantasie durch“

Seine Stammkundinnen schreiben ihm mehrmals am Tag über WhatsApp, schicken ihm Fotos und teilen ihm mit, dass sie sich auf das nächste Date freuen. Seine große Stärke, so der 41-Jährige, sei es, sich auf Menschen einzulassen: „Ich taste mich heran und merke schnell, was ihnen guttut“. Er sei kreativ, aber er mache nicht alles mit. „Manchen Menschen geht schon die Fantasie durch“, sagt er, ohne ins Detail zu gehen.

Gentleman und Arbeiter

„Ich bin den richtigen Weg gegangen“, betont Callboy Kevin. Wer nicht „damit klarkommt, was ich tue, den brauche ich nicht als Freund“. Sein Nebenjob mache ihm Spaß, es sei spannend, immer wieder neue Menschen kennenzulernen, sagt er und weist darauf hin, dass die Zeit davoneile und die nächste Dame sich ankündige. Er verabschiedet sich mit dem Satz: „Ich führe zwei Leben: Ich bin Gentleman und Arbeiter und ich bereue nichts.“