Hagen. 2015 spielten Sammelunterkünfte eine große Rolle. Warum das nun anders ist. Und die Übersicht: So viele Ukrainer leben in den einzelnen Städten.
Tina Kramps erinnert sich, als die ersten Geflüchtetenaus der Ukraine in Hagen ankamen. „Zu Beginn fehlte es an allem, später hatte man schon fast zu viele Sachspenden“, sagt sie. Gemeinsam mit Gerald Hanisch, Marianne Kerpal und weiteren Mitgliedern des Aktionsbündnis „Vorhalle hilft“ kümmert sie sich seit mehr als zwei Monaten vor allem um die Freizeitgestaltung der Geflüchteten in der Karl-Adam-Halle, einer Sporthalle im Hagener Stadtteil Vorhalle.
Doch nun ist in Kürze Schluss: Obwohl der Krieg in der Ukraine unvermindert tobt, wird die Sammelunterkunft Ende Mai geschlossen. Aktuell leben dort 40 Menschen, vergangene Woche waren es noch 80. Auch zwei weitere Sammelunterkünfte in Hagen werden geschlossen. „Wir hatten durchaus mit mehr Flüchtlingen in Hagen gerechnet“, sagt auch Helfer Gerald Harnisch angesichts der Entscheidung der Stadt.
Sondereffekt in Hagen
In Hagen gibt es zwar einen Sondereffekt: Als von der Flutkatastrophe getroffene Kommune muss die Stadt vorübergehend weniger Geflüchtete aufnehmen. Aber in Südwestfalen zeigt sich auch sonst ein ähnliches Bild: Auf Sammelunterkünfte, die bei dem Flüchtlingsstrom 2015 eine große Rolle spielten, ist man meist nicht angewiesen.
Beispiel Siegen-Wittgenstein: Das Kredenbacher Krankenhaus in Kreuztal bietet Platz für mehr als 200 Menschen – untergebracht sind dort aktuell jedoch gerade einmal 45 Ukrainer. Selbst in Hochphasen waren es nicht mehr als 80 bis 90, erklärt Kreissprecher Manuel Freudenstein. „In der Regel kümmern sich die Kommunen um die Vermittlung der Wohnungen. Dass klappt so gut, dass der Bedarf an Sammelunterkünften eher gering ist.“ Die Bad Laaspher Schlossbergklinik wird derzeit gar nicht benötigt.
Beispiel Kreis Olpe: Hier wurden gleich zwei Sammelunterkünfte – die ehemalige Jugendherberge in Finnentrop-Heggen und das ehemalige Jugenddorf des CJD in Olpe-Eichhagen – vorbereitet, mit zusammen Platz für 500 Menschen. Untergebracht ist dort derzeit aber niemand.
Beispiel Schwelm: In Schwelm leben in der auf 50 Personen ausgerichteten Unterkunft in der Kaiserstraße aktuell 22 Menschen. Die Mehrzahl der Geflüchteten wurde aber auch hier bei Bekannten und Verwandten aufgenommen. Oder Wohnungen wurden angemietet.
Und auch die Bezirksregierung Arnsberg hält in Unterkünften des Landes eine Vielzahl an Plätzen vor, die aktuell nicht benötigt werden. Die Zentrale Unterbringungseinrichtung in einer früheren Kaserne in Soest könnte mehr als 2000 Menschen beherbergen. Es leben dort aktuell aber nur 97. Gleichwohl sind in Schmallenberg im Hotel Sauerland Alpin weitere 360 Plätze von der Bezirksregierung angemietet worden.
Zahl der Geflüchteten ist weiter hoch
Doch auch wenn die Sammelunterkünfte leer sind, die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine ist weiter hoch: 27.859 Ukrainer wurden Anfang Mai in den Kommunen des Regierungsbezirkes Arnsberg registriert – am 25. März waren es noch 16.783. Das sind fast 11.000 Menschen mehr in nur wenigen Wochen. „Die Zahl der Flüchtlinge hat seit Kriegsbeginn stetig zugenommen, wobei die Zugangszahlen momentan rückläufig sind“, beschreibt Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg den Trend. Die Tabelle rechts zeigt: In vielen Städten stellen die Ukrainer weiter die mit Abstand größte Gruppe der Geflüchteten. Doch es gelingt offensichtlich, sie schnell in Wohnungen unterzubringen. Und: Viele Kommunen haben noch nicht die Quote zu 100 Prozent erfüllt, müssten also rechnerisch eigentlich noch mehr Flüchtlinge aufnehmen. Weil Ukrainer aber Freizügigkeit in Deutschland genießen, ist das derzeit schwer zu steuern.
Egal wie sich die Zahl in Hagen verändert – die Mitglieder vom Aktionsbündnis „Vorhalle hilft“ werden auch weiterhin helfen – sich aber künftig auf andere Aufgabengebiete konzentrieren. „Wir sind dabei, ein größeres Netzwerk aufzubauen, um diejenigen, die hier bei uns bleiben, weiterhin zu unterstützen – sei es bei der Einrichtung ihrer Wohnung oder bei anderen Dingen im Alltag“, so Marianne Kerpal. „Wir haben noch Geld übrig und das soll den Menschen, die zu uns kommen, beim Neuanfang helfen.“