Arnsberg. Im Bauernhofkindergarten auf dem Tiggeshof in Arnsberg sind die Kinder fast nur draußen – und kümmern sich um die Tiere.

Die große Gießkanne voll Wasser tragen Leni und Klara gemeinsam zum Stall. Sonst wäre sie viel zu unhandlich für die Kleinen, die damit gerade auf dem Weg zu den Rindern sind, um deren Tränke zu füllen. Die anderen Kinder, alle gerade mal zwischen 3 und 5 Jahre alt, haben sich bereits etwas von dem frischen Heu geschnappt, tragen so viel sie nur halten können auch zu den Ponys, Ziegen und Hasen, die auf dem Tiggeshof in Arnsberg leben. Hier mit anzupacken, die Tiere zu füttern, Eier zu sammeln oder Gemüse zu ernten, das gehört für die derzeit 18 Jungen und Mädchen inzwischen dazu.

Denn ihre Tage verbringen sie mitten auf dem Bio-Bauernhof im Sauerland. Zwischen Hühnern, Streuobstwiese und Rinderweide steht ihr Unterschlupf: Es ist ein kleiner braun-grüner Bauwagen aus Holz, extra gebaut für den „Tibaki“-Kindergarten auf dem Tiggeshof.

Vor dem Frühstück sind die Tiere dran

Drinnen trifft man hier aber nur selten ein Kind an. Denn das Konzept ist alles andere als alltäglich. Auch an diesem kühlen und durchaus trüben Herbstmorgen sind sie allesamt draußen auf der Wiese. Die Kinder sitzen auf den Holzstämmen, die dort für ihren täglichen Guten-Morgen-Kreis bereitstehen. Warm eingepackt sind sie, und mit Matschhosen und Gummistiefeln ausgestattet. Ohne die geht hier fast nichts.

Das Erste, was morgens ansteht: ein Stallbesuch. „Jaaaa“, rufen die Kinder laut und marschieren kurz darauf geradewegs den Hügel runter. Denn bevor sie sich selbst an den Frühstückstisch setzen, füttern sie die Tiere. Jeden Tag. „Das wissen die Eltern aber, deshalb gibt es Zuhause immer schon eine Kleinigkeit“, sagt Jana Dorenkamp, die zum Team des Bauernhofkindergartens gehört, der erst im August eröffnet wurde.

Bis zu sieben Stunden täglich verbringen die Kinder hier, fünf Tage die Woche. Zumindest meistens: Denn besonders die Jüngsten werden oft schon mittags von den Eltern abgeholt, manche Kinder machten auch schon mal einen ganzen Tag Pause, sagt Jana Dorenkamp. „Immerzu an der frischen Luft zu sein, das macht schließlich müde.“

Kein Wunder: Denn da wären ja auch noch der Matschplatz, auf dem sich die Kinder austoben können, und das eigene Waldstück, wo sie auch schon mal Hütten bauen und das Land erkunden. Vielmehr brauche es auch nicht, „wenn die Kleinen eine Wiese haben, finden sie immer eine Beschäftigung“, sagt Marie Tigges, die als Sozialpädagogin im „Tibaki“ arbeitet. Und außerdem selbst Landwirtin ist, hier, auf dem Hof ihrer Eltern.

Eine riesengroße Spielfläche

Und vielmehr gibt es hier auch nicht. In dem kleinen Kita-Bauwagen steht ein Esstisch, außerdem liegen ein paar Bücher und das ein oder andere Holzspiel parat. Die seien aber eher was für schlechte Tage, „also wenn das Wetter mal wirklich richtig schmuddelig ist“, sagt Jana Dorenkamp. Nahezu immer draußen zu sein, das sei für die Kinder schon eine Umgewöhnung gewesen. Besonders am Anfang, „da haben sich manche noch mit Spielsachen in den Bauwagen verzogen. Aber das hat sich schnell geändert, jetzt ist es gar keine Frage mehr, alle gehen immer sofort nach draußen“.

Spielgeräte wie Schaukeln oder Rutschen sucht man hier vergebens. Die große Wiese rund um den Bauwagen bietet dafür jede Menge Platz zum Toben: Schnell schnappen sich die ersten Kinder die Mini-Traktoren aus Kunststoff, um damit über das Gelände zu düsen. Einige andere machen sich im Sandkasten breit oder hören zu, wie die rund 200 Hühner laut gackern, die auf einer der Wiesen nebenan leben.

Einen Namen haben die übrigens auch: „Allerdings heißen die Legehennen alle Susanne“, sagt Jana Dorenkamp und lacht. „Das sind einfach zu viele.“ Dass die Ponys aber zum Beispiel Max und Toni heißen, das wissen die Kinder inzwischen ganz genau, sind sie doch jeden Tag dort und helfen auch schon mal beim Striegeln und Ausmisten.

Jeder Handgriff sitzt

Denn auch das gehört zum Konzept: „Die Kinder lernen hier, mitzuhelfen. Und das selbstständig“, sagt Jana Dorenkamp. Und ja: Hilfe brauchen sie beim Füttern der Rinder und Schafe inzwischen keine mehr, hier sitzt jeder Griff. Und was nicht alleine klappt, das klappt gemeinsam. So stampft ein Mädchen mit den Füßen das Heu in einer Kiste platt, „damit mehr reinpasst“, ein anderes hält sie fest. Für die Katzen verteilen sie auch noch eine Schüppe Futter, während ein Junge einen Batzen Heu in der Hand hält, für die Kühe. „Sie isst auch aus meiner Hand“, ruft er sichtlich stolz. „Ich mag das.“