Brilon. Dirk Wiese aus Brilon ist stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Er sagt, der Staat dürfe sich nicht vorführen lassen.

Mehr als 500 Ermittlungsverfahren hat die Berliner Polizei nach der illegalen Demo von Gegnern der Corona-Politik am Sonntag eingeleitet. Dirk Wiese aus Brilon, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, bringt ein Verbot der Querdenker ins Gespräch.

Sie wollen die Querdenker verbieten lassen. Die denken doch nur...

Dirk Wiese: Selbstverständlich besteht in Deutschland die Freiheit zu demonstrieren – für Corona-Leugner, Querdenker und für andere. Auch Extremisten und Radikale, die den Staat ablehnen, können sich auf die Versammlungsfreiheit berufen.

Beim Christopher-Street-Day in Berlin sind ebenfalls viele Menschen unmaskiert mitgelaufen. Da hat sich der Staat zurückgehalten. Wird mit zweierlei Maß gemessen?

Nein. Die Großdemonstration der Querdenker vorab zu untersagen, war folgerichtig und konsequent, da die Veranstalter und Teilnehmer angekündigt hatten, gegen pandemiebedingten Hygieneauflagen bewusst und vorsätzlich verstoßen zu wollen.

Also waren die Polizeimaßnahmen gerechtfertigt?

Dass mehrere Tausend Menschen trotz des ausgesprochenen Demonstrationsverbotes durch Berlin marschiert sind, ohne Masken zu tragen oder Abstände einzuhalten, hat die Einsatzkräfte und die Gesundheit von vielen Menschen unmittelbar gefährdet. Dass Einsatzkräfte und Journalisten körperlich attackiert wurden, hat das noch in den Schatten gestellt. Diese Vorgänge sind völlig inakzeptabel und sie müssen staatsanwaltliche Ermittlungen zur Folge haben. Dutzende verletzte Polizisten zeugen von einer deutlichen Radikalisierung zumindest von Teilen der Szene. Reichsbürgern und andere Extremisten ist es offenbar erfolgreich gelungen, die heterogene Querdenker-Community zu unterwandern. Der Staat darf sich von seinen Gegnern nicht vorführen lassen.

Ein Verbot müsste vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben.

Wer die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnt, geltende Gesetze und die Rechtsprechung missachtet und dann noch Vertreter unserer Sicherheitsbehörden angreift, muss im Sinne der Gefahrenabwehr beobachtet werden. Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass einige Landesämter und das Bundesamt für Verfassungsschutz die Querdenker-Bewegung konkret in den Blick genommen haben. Wenn hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer Bestrebungen vorliegen, muss der Rechtsstaat konsequent und mit allen ihm möglichen Mitteln reagieren. Die Innenminister von Bund und Ländern sind dann aufgefordert, über weitergehende Maßnahmen nachzudenken.

Besteht nicht die Gefahr, dass diese Menschen sich bei einem Verbot noch mehr vom Staat entfernen?

Wir können Menschen, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen und zum Teil gefährden, nicht freundlich umwerben. Unser friedliches Zusammenleben beruht auf klaren Grundsätzen, die gesetzlich festgeschrieben sind. Es ist Aufgabe des wehrhaften Staates, die Einhaltung dieser Gesetze durchzusetzen. Einen Nachlass für Verfassungsfeinde und Extremisten kann und darf es in keiner Form geben.