Hagen. Die klirrende Kälte des Wintereinbruchs hat nicht nur Vorteile: Wie Sie Autoscheiben enteisen, gefrorene Rollos lösen und Pflanzen schützen.
Der Winter hat Südwestfalen fest im Griff. Während den einen der Neuschnee ein Strahlen ins Gesicht gezaubert hat, sind andere wegen der angespannten Situation im Straßen- und Bahnverkehr genervt. Der Winter hat eben viele verschiedene Facetten. Acht Tipps gegen die Winter-Sorgen.
Der Auto-Experte
„Das A und O beim Fahren im Winter sind Erfahrung und Übung“, sagt Fahrlehrer Friedel Thiele aus Brilon. Und wie verhält man sich am Steuer richtig? „Fahren Sie mit Ruhe und Übersicht. Vermeiden Sie durch vorausschauendes Fahren abrupte Lenkbewegungen und Bremsvorgänge. Passen Sie Ihre Fahrweise den äußeren Bedingungen an“, sagt Thiele und ergänzt: „Fahren Sie so, dass Sie zügig zum Stehen kommen, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert.“
Und da sind noch zwei Selbstverständlichkeiten, die Thiele doch lieber noch erwähnt: „Nutzen Sie Winterreifen und befreien Ihren Wagen vor Beginn der Fahrt komplett von den Schneemassen.“
Das Auto fahrbereit zu bekommen, ist manchmal gar nicht leicht, wenn schon die Tür zugefroren ist. „Nie gewaltsam aufziehen, sonst kann das festgefrorene Material reißen“, warnt der ADAC. Besser: von außen gegen die Autotür drücken, damit sich das Eis aus den Zwischenräumen der Dichtungen lösen kann. Weitere Möglichkeit: Warmes – niemals kochendes (!) – Wasser (ca. 50 Grad) rund um den Türrahmen gießen. Danach gut abtrocknen. Warmes Wasser hilft auch gegen vereiste Scheiben. Auch hier: niemals kochendes Wasser nehmen, sonst kann die Scheibe platzen oder reißen.
Die Naturschützerin
Trotz der Schneemassen scheinen Blaumeise, Amsel und Spatz vergnügt umherzufliegen. Ist das so, oder müssen wir uns Sorgen machen? Birgit Königs vom Nabu-Landesverband NRW beruhigt: „Alle Vogelarten, die hier im Winter leben, sind an Wetterverhältnisse wie derzeit angepasst.“ Aber: Sie hätten es schwer, Nahrung unter den Schneemassen oder in den gefrorenen Böden zu finden. Daher seien sie dankbar, wenn der Mensch ihnen mit Winterfutter hilft. Allerdings: „Netze um Meisenknödel sollten entfernt werden, weil sich die Vögel darin verfangen können.“
Für Hasel- oder Walnüssen seien Eichhörnchen dankbar, so Birgit König, „auch wenn sie es nicht unbedingt brauchen“. Die Tiere seien als Winterruher ab und an unterwegs – zwecks Futtersuche, insbesondere ihrer angelegten Vorräte.
Der Kälte-Freund
Der gebürtige Siegerländer Sebastian Balders war 2015 am kältesten Ort der Welt: Oimjakon in Sibirien: „Es waren minus 56 Grad, die Nasenschleimhäute froren ein, ich spürte eine beißende Kälte im Gesicht.“ Dennoch spricht er von einer tollen Erfahrung: „Die Luft fühlte sich unheimlich rein an.“ Was empfiehlt er im Umgang mit Eiseskälte? „Kleidung nach dem Zwiebel-Prinzip. Also viele Schichten übereinander“, so der Diplom-Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Leipzig, „aber es muss alles dicht am Körper anliegen“. Wichtig sei zudem, den Kopf zu bedecken. „Sonst kann er schnell auskühlen.“
Der Rollladen-Helfer
Ein bekanntes Phänomen bei starker Kälte: zugefrorene Rollladen. „Für gewöhnlich ist es so, dass die letzte Lamelle auf der Fensterbank festfriert. Man muss sie erwärmen, mit warmem Wasser zum Beispiel“, sagt Christian Meyer, Geschäftsführer von Fenster und Rollladen Meyer in Hagen. Der Experte rät zur Vorsicht im Umgang mit eingefrorenen Rollos: Gewaltanwendung könne das Material schädigen, bei elektrisch betriebenen Rollos sollte darauf geachtet werden, beim kleinsten Widerstand die Fahrt zu stoppen, sonst drohe ein Motorschaden. Fortschrittlichere Elektro-Rollos halten die Fahrt automatisch an bei Widerstand. „Mein Tipp: Lassen Sie vor einer Nacht mit extremem Frost ein paar Zentimeter Platz zwischen letzter Lamelle und Fensterbank.“ Einziger Nachteil: „Als Einbruchschutzelement taugt das Rollo dann nicht mehr.“
Und wenn die Rollos einmal oben sind? Können sie dann im Rollokasten wieder festfrieren? „Ja, geht, ist aber eher selten“, sagt Meyer.
Der Gärtner
Viele Pflanzen und Hecken machen gerade einen erbarmungswürdigen Eindruck: Schnee hängt schwer in den Zweigen von Bäumen, manche Sträucher sind von einer Eisschicht überzogen. Das kann doch nicht gut sein. „Doch ist es“, sagt Dennis Harnischmacher, Garten- und Landschaftsbauer aus Menden. „Gerade mit Blick auf die frostigen Nächte bilden Schnee und Eis eine Schutzschicht für die Pflanze.“ In Weinanbaugebieten sei das ein Effekt, den man sich gezielt zunutze mache: Dort würden Reben vor Nächten mit extremem Frost zum Teil beregnet. Schnee müsse nur abgetragen werden, wenn Schneebruch drohe. Sorgen müssten sich Gartenfreunde daher nicht machen: „Im Gegenteil: Das hat sogar den positiven Effekt, dass viele Schädlinge abgetötet werden.“
Der Winterdienst
16 Räumfahrzeuge der Regionalniederlassung Sauerland-Hochstift des Landesbetriebs Straßen NRW sowie 20 externe Winterdienst-Fahrzeuge waren am Montag im Hochsauerland im Einsatz. „Alles, was zur Verfügung stand“, so Sprecher Oscar Faneca Santos. Es wurde Schnee geräumt und ein Salz-Sole-Gemisch gestreut, um das Eis auf dem Asphalt zu lockern. „Reines Streusalz wäre sofort von der Fahrbahn geweht.“
Problem in den kommenden Tagen: Das Salz-Sole-Gemisch zeigt nur bis zu einer Temperatur von minus 7 Grad seine volle Wirkung. Gleichwohl gilt: Das Fahren auf Eis ist wegen der fehlenden Haftung weitaus gefährlicher als das Fortbewegen über eine griffige, festgefahrene Schneedecke.
Die Helfer der Obdachlosen
365 Tage im Jahr sind sie unterwegs: die ehrenamtlichen Helfer von Unsichtbar, einem Verein mit Sitz in Ennepetal, der Obdachlosen hilft. Auch gestern Nacht, bei klirrender Kälte, fuhren sie durch Hagen und Wuppertal und brachten acht Obdachlosen, die im Freien ausharrten, eine heiße Suppe, Kaffee und bei Bedarf Winterschlafsäcke.
„Wir sind von 20 Uhr bis 4 Uhr morgens unterwegs“, so der 1. Vorsitzende Holger Brandenburg (51), „für uns sind diese Menschen nicht unsichtbar“. Menschen wie Klaus, der in der Nacht zum Montag fragte, ob es noch kälter werde und auf die Antwort mit Tränen reagierte.
Brandenburg bittet darum, hinzuschauen: „Wir sind unter 02333 6084982 oder 017634347385 zu erreichen. Teilen Sie uns den Standort mit – und wir kommen.“
Der Sauerländer
„Das bisschen Winter.“ Winfried Dickel, Vorsitzender des Briloner Heimatbundes Semper Idem, freut sich über die weiße Pracht. Die „ganze Aufregung“ über Kälte, Eis und Schnee kann der 73-Jährige nicht verstehen: „Gutes Schuhwerk bzw. Winterreifen, und los geht es.“
Beim Blick auf die Schneemassen vor seinem Haus wird er nostalgisch: Das sei ein „Winter wie früher“, so wie er einmal war. So lautet übrigens auch der Titel seines vierminütigen Youtube-Beitrags, den Dickel am Montag ins Netz gestellt hat. Zu sehen ist Brilon in der kalten Jahreszeit – von 1910 bis 1972. „Endlich haben wir mal wieder einen Winter, der seinem Namen verdient“, so Dickel.