Hagen. Beim ersten WP-Weihnachtskonzert begeistern die Hagener Salonlöwen die Zuhörerinnen und Zuhörer. Dabei entsteht sogar ein digitaler Leserchor.

Diese Gänsehaut-Momente! Wenn ganz am Schluss „Stille Nacht“ so zart beginnt und dann anschwillt zu einer innigen Weihnachtshymne, steht dem einen oder anderen im Publikum durchaus ein Tränchen der Rührung in den Augen – auch wenn er das Programm nur am Bildschirm verfolgen kann. Die Salonlöwen ermöglichen beim ersten Weihnachtskonzert der WP eine musikalisch außerordentlich exquisite halbe Stunde, virtuos und konzentriert, berührend und spielfreudig zugleich. Mehr als 700 Leserinnen und Leser waren dabei.

Klarinettist Alexander Schwalb von den Hagener Salonlöwen.
Klarinettist Alexander Schwalb von den Hagener Salonlöwen. © WP | Michael Kleinrensing

Der Applaus zwischen den Stücken fehlt naturgemäß, davon lassen sich die sechs Musiker des Philharmonischen Orchesters Hagen aber nicht irritieren, die seit 18 Jahren eine populäre Größe im Musikleben der Region sind (www.die-salonloewen.de). Corona zwingt die Künstler zum Umdenken, digitale Formate statt Nähe im Saal; die vorgeschriebenen Abstandsregeln machen das Aufeinander hören und die notwendige nonverbale Kommunikation schwierig, man verständigt sich mit den Augen.

Der Dreivierteltakt grüßt bereits ins Neue Jahr hinein

Wenn dann Werner Köhn (Violine Direktion) zum großen Geigensolo in „Schwarze Augen“ ansetzt, wenn Klarinettist Alexander Schwalb den Kontrapunkt zur Melodie von „Es ist ein Ros’ entsprungen“ zaubert, ist Magie im Spiel, spätestens dann weiß das Publikum, dass das WP-Weihnachtskonzert nicht nur eine schöne Idee ist, sondern musikalisch etwas zu sagen hat.

Die virtuellen Hörerinnen und Hörer kommen den Musikern durch die Kamera übrigens näher als im Konzertraum. Und so lernt man auch viel über Musik. In den Walzern, Foxtrotts und Tangos wird deutlich, wie der Satz aufgebaut ist, etwa wenn Cellist Rüdiger Brandt und Hubert Otten am Kontrabass überraschend in „Ole Guapa“ die Melodie übernehmen, oder wenn Pianist Steffen Müller-Gabriel in der „Petersburger Schlittenfahrt“ am Klavier tanzt und Vali Darnea (Violine Obligat) bei den Walzern aus der „Fledermaus“ von Johann Strauß mit keckem Schwung die Terzen ansetzt. Ach ja, der Dreivierteltakt, er bietet Spannung und selige Erlösung zugleich und weist schon auf das Neue Jahr 2021 voraus.

Das tut auch Westfalenpost-Chefredakteur Dr. Jost Lübben in seinem Weihnachtsgruß an die Leserinnen und Leser und die Mitarbeiter. „Dieses Jahr hat uns allen einiges abverlangt“, sagt Lübben. „Es sollte daher nicht einfach so zu Ende gehen, sondern wir möchten etwas zurückgeben, was wir an Solidarität, Zusammengehörigkeit und Miteinandergefühl erlebt haben.“

Kein Mittel eignet sich so gut, Gemeinschaftsgefühl auszudrücken wie die Musik. Also verwandeln die Salonlöwen die neue Arena im Pressehaus Hagen in einen Konzertsaal - und in ein Tonstudio für die digitale Übertragung.

Große Gefühle erblühen in der Musik auf kleinstem Raum

Primgeiger Werner Köhn von den Hagener Salonlöwen
Primgeiger Werner Köhn von den Hagener Salonlöwen © WP | Michael Kleinrensing

Große Gefühle erblühen auf kleinstem Raum, wenn die Salonlöwen Foxtrotts aus den 1920er Jahren spielen, wenn flirrende Glissandi und exotische Klarinettenmelodien das kosmopolitische Flair der Großstädte hörbar machen. Mit der Besetzung Klarinette, Geigen, Cello, Kontrabass und Klavier können die Salonlöwen viele musikalische Farben realisieren. Das ist außerordentlich spannend, wenn zum Beispiel die Klarinette sich vom mondänen Swing in Foxtrott und Tango wenig später in den Weihnachtsliedern in ein volkstümliches Hirteninstrument verwandelt.

Ganz selbstvergessen spielen die Musiker und genießen die wunderbaren Klänge voller Freude. Dazu gehört nicht zuletzt, dass Violinen und Klarinette in „Schwarze Augen“ miteinander flirten, bevor die Klarinette Gas zu einer fulminanten Schlusssteigerung gibt.

Auftakt zum 75. Geburtstag der Westfalenpost

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Das WP-Weihnachtskonzert gibt den Auftakt zum 75. Geburtstag der Zeitung, den wir im kommenden Jahr mit vielen Projekten und Ideen gemeinsam mit den Leserinnen und Lesern feiern wollen. Die neue Arena ziert ein Motto von Hannah Arendt: Wenn Menschen zusammenkommen, dann muss man mit Wundern rechnen. „Wir wollen mit Ihnen gemeinsam mit Wundern rechnen“, verspricht Jost Lübben und wünscht „im Namen der gesamten WP eine friedliche und besinnliche Weihnachtszeit. Bleiben Sie gesund!“

Wie feierliche Glockenschläge erfüllen die Geigentriller den Raum, mit denen Stille Nacht endet. Dann sind die Zuhörer an der Reihe. Mit den Musikern singen sie O du fröhliche: Gemeinsam, obwohl jeder für sich im Wohnzimmer am Bildschirm sitzt. Alle drei Strophen. Ein digitaler Leserchor. Das ist eine merkwürdige Erfahrung. So ergreifend. Und da kommt es wieder, das Tränchen.