Hemer/Dortmund. Oberverwaltungsgericht Münster weist Eilantrag von 19 Gastronomen in NRW ab. Warum eine Barbetreiberin aus Hemer trotzdem noch Hoffnung hat.
So recht weiß Daggy Szlachta gar nicht, was sie sagen soll. Sie hat die Nachricht vor ein paar Minuten erst erhalten. Einer der anderen Gastronomen aus der Klägergemeinschaft hatte sie in die Chatgruppe gepostet: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster sieht die von der NRW-Landesregierung beschlossene Sperrstunde ab 23 Uhr als legitimes Mittel an, die Infektionszahlen in der Corona-Pandemie zu reduzieren. Das Gericht folgte damit am Montag dem Eilantrag von 19 Gastronomen aus Bonn, Köln und dem Rhein-Sieg-Kreis nicht. Weitere Klagen – und anderem die von Daggy Szlachta – sind am OVG anhängig.
Anhängige Verfahren am Oberverwaltungsgericht
Die gebürtige Hemeranerin betreibt in Dortmund die Event-Bar „Pirates Boo“, die samstags und sonntags normalerweise erst ab 22 Uhr öffnet. Da ihr Verfahren formal noch nicht betroffen ist, „habe ich noch ein Fünkchen Hoffnung“, sagt sie. Aber die erste Entscheidung ist ein Fingerzeig und damit ein schwerer Rückschlag.
„Die Nachricht hat mich gerade erst erreicht“, sagt sie: „Wir waren total optimistisch, weil in Berlin die Sperrstunde vom Gericht wieder aufgehoben wurde“, berichtet sie. „Dass es nun in NRW anders gekommen ist, ist ein harter Schlag. Ich verstehe nicht, warum die gleiche Sache dort gestattet ist und woanders nicht.“ Das Berliner Verwaltungsgericht hatte die Sperrstunde für elf klagende Berliner Bars und Clubs in der vergangenen Woche aufgehoben.
Sperrstunde leistet Beitrag zur Kontaktreduzierung
Sein Urteil begründete das OVG damit, dass die Sperrstunde einen Beitrag zur Kontaktreduzierung leiste, „indem sie verhindere, dass sich wechselnde Gäste oder Gästegruppen auch noch nach 23 Uhr in den Einrichtungen einfänden und auf dem Weg von und zu den Gaststätten begegneten. Auch das nächtliche Alkoholverkaufsverbot trage zu der vom Verordnungsgeber bezweckten Verringerung infektiologisch bedenklicher Kontakte bei.“
Daggy Szlachta sieht das weiterhin anders. „Wenn die Gäste nach 23 Uhr zu uns kommen dürfen, hätten wir mit einem funktionierenden Hygienekonzept einen Blick auf das Geschehen. Viele werden es sich jetzt nicht nehmen lassen, sich trotzdem zu treffen. Aber da steht dann keiner mehr und achtet auf die Regeln.“ Ein letzter Rest Hoffnung ist noch vorhanden. Wenn das Urteil in ihrem Fall nicht anders ausfällt, „dann ist es für mich und für viele andere fünf vor zwölf. Die Sperrstunde wird ja vermutlich keine Sache sein, die nach zwei Wochen wieder erledigt ist. Was das für meinen Laden heißt, kann ich noch nicht sagen.“
Wenn es wirklich so käme, dann würde sie vermutlich die Öffnungszeiten ändern, vielleicht auch donnerstags den Laden aufschließen. „Man hört ja nicht auf zu kämpfen und Ideen zu entwickeln.“
<<< Hintergrund >>>
Seit dem 17. Oktober gilt in Nordrhein-Westfalen in allen Kommunen mit hohen Corona-Neuinfektionszahlen eine verpflichtende Sperrstunde für die Gastronomie. Alle Kneipen und andere gastronomische Betriebe müssen ihre Türen zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr morgens für Gäste geschlossen halten. Laut der aktualisierten Coronaschutz-Verordnung gilt die Sperrstunde in Kommunen, die innerhalb von sieben Tagen 50 oder mehr Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner aufweisen. Davon sind bereits Millionen Menschen betroffen.