Bei sexuellem Missbrauch steht Täterschutz immer noch vor den Rechten der Betroffenen. Das muss sich ändern.

Der Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger war früher kirchenrechtlich als Verstoß gegen den Klerikerzölibat ein Sittlichkeitsdelikt. Das Leid, das den betroffenen Kindern dadurch angetan wurde und wird, hatte in den Kirchenverwaltungen lange niemand im Blick. Selbst vorbestrafte Priester wurden in immer neue Gemeinden versetzt.

Heute noch tun sich viele Bistumsverwaltungen mit der Opferperspektive schwer. Wie erklärt es sich sonst, dass bereits im Jahr 2010 offenbar wurde, in welchem Umfang und wie systematisch Geistliche Missbrauch betrieben haben. Zehn Jahre später beklagen Juristen und Wissenschaftler immer noch Vertuschung und juristische Winkelzüge, damit die Namen der Täter und der Verantwortlichen dahinter nur nicht genannt werden. Die Aufklärung gestaltet sich vielfach außergewöhnlich zäh, ungeachtet der hohen Fallhöhe bei Priester-Tätern. Eine Ausnahme hinsichtlich der Transparenz bildet das Bistum Essen.

Ansonsten steht der Täterschutz kirchenintern oft immer noch höher als die Rechte der Betroffenen. Die Betroffenen hingegen fordern zu Recht, dass die Kirche endlich Namen nennt, damit ihre Peiniger öffentlich benannt und so zumindest moralisch zur Rechenschaft gezogen werden können. Wie die Kirche mit dem Thema Missbrauch umgeht, ist inzwischen so erschütternd wie die Taten selbst.