Sauerland/Düsseldorf. Wie sieht der Pendlerverkehr in der nächsten Statistik vom Corona-Jahr 2020 aus? Verkehrsforscher Dr. Michael Schreckenberg gibt einen Ausblick.

Etwa jeder zweite Erwerbstätige in NRW pendelte im Jahr 2019 arbeitstäglich über die Grenzen des eigenen Wohnortes hinaus zur Arbeit. Das gab nun das Statistische Landesamt in der alljährlichen Pendlerstatistik bekannt. Mit einer durchschnittlichen Einpendlerqoute von 52,3 Prozent und einer Auspendlerqoute von 51,7 Prozent liegen die NRW-Werte nur minimal höher als die des Vorjahres 2018 (Ein: 52 Prozent und Aus: 51,5 Prozent).

  • Die Pendlermobilität konzentriert sich dabei stark auf die Hauptverkehrsachsen: Die Nord-Süd-Achse von Bonn bis Duisburg und die West-Ost-Achse von Mönchengladbach über das Ruhrgebiet bis nach Dortmund und Bielefeld. Stark gependelt wurde auch nach Münster und nach Aachen.
  • 4,47 Millionen der 9,3 Millionen Erwerbstätigen in NRW pendeln innerhalb ihrer Gemeinde. 53 von den 396 Städten und Gemeinden des Landes wiesen dabei einen Einpendlerüberschuss auf.
  • Im Durchschnitt legt ein Pendler 19,8 Kilometer Luftlinienentfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort zurück.
  • Das meist genutzte Fortbewegungsmittel ist der PKW (70,2 Prozent). Danach kommt der ÖPNV (13,1 Prozent) (Daten aus 2016). Generell gilt bei dem genutzten Verkehrsmittel: Je größer die Gemeinde, desto geringer der Anteil an PKW-Fahrern und desto mehr Menschen nutzen öffentliche Verkehrsmittel. In ländlichen Kreisen, in denen die Vernetzung mit Bus und Bahn nicht so ausgebaut ist, wie in Großstädten, bleibt das Auto also das wichtigste Fortbewegungsmittel.

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Weniger Pendler im Sauerland und Märkischen Kreis

Der Regierungsbezirk Arnsberg liegt im Durchschnitt mit einer Einpendlerqoute von 49,8 Prozent und einer Auspendlerqoute von 50,4 Prozentunter etwas unter den NRW-Wert. Der Blick auf die Werte der einzelnen Kreise zeigt jedoch, dass die Erwerbstätigen im Sauerland und Westfalen deutlich weniger über die Kreisgrenzen hinaus zur Arbeit fahren. Außerdem ist hier auch die Zahl der Menschen, die von außerhalb in die Kreise pendeln geringer als der NRW-Durchschnitt. So fährt beispielsweise nur noch etwa jeder fünfte Erwerbstätige in beziehungsweise aus den Hochsauerlandkreis zur Arbeit. In den ländlichen Kreisen liegt die Zahl der Erwerbstätigen, die auch am Wohnort arbeiten, damit höher als im Durchschnitt.

Prof. Dr. Michael Schreckenberg, Verkehrsforscher an der Universität Duisburg-Essen erklärt, dass dies vor allem daran liegt, dass diese Kreise flächenmäßig sehr groß sind: „Dort wird mehr innerhalb des Kreises gependelt, als nach außerhalb in eine weiter entfernte Großstadt oder einen anderen Kreis.“ Der Weg in ein anderes Kreisgebiet sei schlichtweg länger als zum Beispiel im Ruhrgebiet, wo Großstadt an Großstadt schließt und es demnach viel mehr Pendler gibt. Eine weitere Rolle spiele natürlich auch die Zahl der Arbeitsplätze, die in größeren Städten einfach höher sei.

Einpendlerüberschuss in Holzwickede

Bezogen auf die kreisangehörigen Städte und Gemeinden lässt sich sowohl der niedrigste Werte der Einpendler als auch der höchste im Regierungsbezirk Arnsberg finden: Holzwickede hat mit 85,7 Prozent einen deutlichen Einpendlerüberschuss. Hingegen fahren die wenigsten Erwerbstätigen nach Schmallenberg (30,4 Prozent) und Marsberg (30,5 Prozent) zur Arbeit. Überdurchschnittlich viele Auspendler gibt es in Nachrodt-Wiblingwerde im Märkischen Kreis (80,3 Prozent) und nur wenige verlassen hingegen Lüdenscheid (34 Prozent). Ähnlich sahen bereits die Quoten des Vorjahres aus.

Corona wird in der nächsten Statistik spürbar sein

Wie die Statistik für das laufende Jahr aussehen wird, müsse man abwarten, sagt Dr. Michael Schreckenberg. Eindeutig sei aber, dass sich die Corona-Pandemie bemerkbar machen wird. Es lassen sich bereits erste Veränderungen erahnen: „Die Corona-Zeit hat einen massiven Einfluss auf den Verkehr. Die Menschen haben stärker auf den PKW zurückgegriffen“, berichtet der Experte. Außerdem sei gerade in den Sommermonaten deutlich mehr Fahrrad gefahren. Hingegen nahm die Nutzung des ÖPNV ab. Weil viele Erwerbstätigen, gerade im März und April, im Homeoffice waren, beziehungsweise noch immer sind, geht Dr. Schreckenberg davon aus, dass es in der nächsten Statistik weniger Pendler geben wird. Je nachdem, ob sich das Homeoffice auf lange Sicht etabliert, könne die Pendlerqoute auch langfristig niedriger bleiben. „Wir müssen sehen, wie sich der Verkehr jetzt entwickelt. Wir sind aktuell auf 85 Prozent des Vorjahres“, sagt der Verkehrsforscher.

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Die Ein- und Auspendlerqoute der einzelnen Kreise und Städte des Regierungsbezirks Arnsberg im Überblick:

  • Bochum: 46,9 Prozent; 45,1 Prozent
  • Dortmund: 42,8 Prozent; 35,9 Prozent
  • Hagen: 41, 8 Prozent; 39,9 Prozent
  • Hamm: 34,8 Prozent; 38,0 Prozent
  • Herne: 52,0 Prozent; 58,7 Prozent
  • EN-Kreis: 39,9 Prozent; 47,3 Prozent
  • HSK: 20,1 Prozent; 20,3 Prozent
  • MK: 21,5 Prozent; 21,7 Prozent
  • Kreis Olpe: 25,6 Prozent; 24,4 Prozent
  • Kreis Siegen-Wittgenstein: 22,7 Prozent; 20,2 Prozent
  • Kreis Soest: 23,1 Prozent; 29,0 Prozent
  • Kreis Unna: 40,3 Prozent; 46,6 Prozent