Hagen. Wer soll eigentlich die Einhaltung der Corona-Regeln kontrollieren? Der Städte- und Gemeindebund bringt private Sicherheitsdienste ins Spiel.

Was nützen die strengsten Corona-Regeln, wenn sie nicht überprüft und durchgesetzt werden können? Der Städte- und Gemeindebund hat festgestellt, dass den Ordnungsämtern das Personal fehlt, um beispielsweise Abstandsregeln, Maskenpflicht und Sperrstunden flächendeckend zu kontrollieren – und schlägt daher den Einsatz privater Sicherheitsdienste vor. Schwarze Sheriffs auf Corona-Streife? Nicht jeder könnte sich an diesen Anblick gewöhnen.

Harald Olschok, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft, ist naturgemäß ein Befürworter eines „Pakts für die kommunalen Ordnungsdienste“: „Natürlich könnten unsere Mitgliedsbetriebe das“, sagt er, „aber dazu benötigen sie Minimalbefugnisse.“ Ein Sicherheitsmann, der keine Personalien aufnehmen könne, sei ein zahnloser Tiger.

Nicht wie „Rambo“ auftreten

Olschok weiß, dass Corona ein sensibles Thema ist, die Nerven bei Bundesbürgern blank liegen. „Da darf keiner wie Rambo auftreten“, sagt er und möchte nichts vom Klischee des breitbeinigen und breitschultrigen Türsteher-Typen im Sicherheitsdienst wissen.

Man habe vielfältige Aufträge zu erledigen, vom Objektschutz über Wachdienst und Flughafen-Security bis hin zu Sicherheitstätigkeiten bei Sport- und Musikereignissen, im Handel und im Öffentlichen Personenverkehr, so Olschok: „Natürlich muss jeder Mitarbeiter für die jeweilige Aufgabe qualifiziert werden. Wenn er kontrollieren soll, ob Corona-Regeln eingehalten werden, muss ihm neben der rechtlichen Komponente auch die menschliche nahegebracht werden. Also: Wie er Personen anspricht und wie überzeugend er einen Sachverhalt vermittelt.“

Zweifel an der Kompetenz zur Deeskalation

Private Sicherheitsleute mit der Kompetenz zum deeskalierenden Einwirken? Stephan Leukert hat so seine Zweifel. Der Sicherheitsberater­ hat bereits vor vier Jahren – als Übergriffe von Wachleuten in der Flüchtlingsunterkunft Burbach im Siegerland bekannt wurden – die Branche der privaten Sicherheitsunternehmen kritisiert.

„Die Gemengelage aus einem einfachen Zugang zu dem Gewerbe und einer niedrig bezahlten Arbeit zieht ein bestimmtes Klientel an“, hatte er seinerzeit gesagt­. Und jetzt? „Es hat sich nichts Entscheidendes geändert. Nur die Löhne in NRW sind leicht gestiegen. Es beginnt bei 11 Euro pro Stunde.“

Minimale Anforderungen für eine Unternehmensgründung

Leukert kann die aktuelle Not der Kommunen nachvollziehen. Aber: „Der Einsatz privater Sicherheitsdienste mit vielen 450-Euro-Kräften ist nicht zielführend. Auch wenn zu Beginn der Corona-Krise Sicherheitsleute Dienst vor Supermärkten geschoben haben, hat die Kontrolle von Corona-Regeln nichts mit ihren sonstigen Tätigkeiten­ zu tun. Ganz selten werden diese Menschen in Deeskalation und Gesprächsführung ausgebildet.“

Und was ist mit den vom Städte- und Gemeindebund ins Spiel gebrachten „zertifizierten“ Unternehmen, die im Rahmen einer „Beleihung mit hoheitlichen Aufgaben“ als rechtliche Grundlage von den Ordnungsämtern eingesetzt werden könnten? „Nur 150 von 6000 deutschen Sicherheitsunternehmen sind zertifiziert“, sagt Leukert. Weil es nur minimale Anforderungen für eine Unternehmensgründung gebe, existierten sehr viele Kleinstunternehmen im Markt.

Keine Pläne in Hagen und Wuppertal

Nachfrage in den Risikogebieten Hagen und Wuppertal, wo unter anderem Sperrstunden eingeführt werden. Die Beauftragung privater Sicherheitsdienste sei nicht geplant, so Clara Treude (Hagen). Denn diese dürften keine hoheitlichen Maßnahmen durchführen. In Hagen seien „Private“ nur in der Zugangskontrolle zu städtischen Liegenschaften“ eingesetzt.

Auch in Wuppertal ist derzeit nicht angedacht, so Thomas Eiting, für die Kontrolle der Corona-Regeln auf private Firmen zurückzugreifen. Eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung der Coronaschutzverordnung wäre selbst bei Personalverdoppelung kaum möglich: „Deshalb setzen wir auf Schwerpunktkontrollen und werden außerdem bei Anzeigen tätig.“

Weitere Aufgaben für Ordnungsamts-Mitarbeiter?

Die Stadt Hagen will den neuen Anforderungen „bei Bedarf“ mit „internen Umschichtungen“ begegnen. Clara Treude: „Zum Beispiel aus der Überwachung des ruhenden Verkehrs Richtung Ordnungsdienst“. Beim Umgang mit Parksündern dürften Stadt-Mitarbeiter vielfältige Erfahrungen in Sachen Deeskalation­ gesammelt haben.