Hagen/Hamm. Eine Hochzeit macht Hamm zur Corona-Hochburg. Der Oberbürgermeister ist wütend: „In der Corona-Zeit hat sich noch niemand so sperrig verhalten.“
- Hamm hat die höchste Neuinfektions-Rate bundesweit.
- Auslöser für den Corona-Ausbruch ist eine Großhochzeit.
- Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann ist wütend.
Die Stadt Hamm hat deutschlandweit den höchsten Wert bei der Sieben-Tage-Inzidenz. Der Wert, der die Zahl der Infektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche darstellt, lag am Donnerstag (Stand 0 Uhr, Quelle Robert-Koch-Institut) bei 88,2 - ausgelöst durch eine türkische Hochzeitsfeier. Ab dem Grenzwert von 50 müssen neue Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus getroffen werden. Wir sprachen mit dem Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann (CDU).
Herr Hunsteger-Petermann, die Zahl der Infektionen ist weiter angestiegen. Wie beurteilen Sie die Lage gerade?
Ich kann das leider nicht abschließend sagen, aber wir haben die Hoffnung, dass wir den Höhepunkt jetzt erreicht haben. Es hat sich wahnsinnig schnell aufgebaut. Vergangene Woche hatten wir noch 19 Infizierte in der ganzen Stadt. Aber Donnerstag sollten einige Infizierte aus der Statistik herausfallen und ich hoffe, dass sich der Zustand Ende der nächsten Woche wieder normalisiert hat.
Sind weitere Maßnahmen geplant?
Aus meiner Sicht muss das nicht sein. Wir haben den verkaufsoffenen Sonntag abgesagt und sind zur alten Regelung von Kontaktbegrenzungen in der Öffentlichkeit zurückgekehrt. Und weil wir nicht wissen, wie viele Infizierte in den weiterführenden Schulen lauern, haben wir dort die Maskenpflicht wieder eingeführt.
Was macht das mit Ihnen und den Menschen in der Stadt?
Ich bin wütend über diesen Vorfall. Eine einzige Familie hat die ganze Stadt in diese Situation gebracht und setzt damit das Zusammenleben der unterschiedlichen landsmännischen Gruppen unter Stress. Dafür habe ich kein Verständnis. Wichtig ist mir aber auch der Appell an alle Bürger, nicht vom Fehlverhalten einzelner Personen auf ganze Gruppen zu schließen.
Was wissen Sie mittlerweile über die Hochzeitsfeiern, von denen die Infektionen ausgehen?
Es hat offenbar mehrere Feierlichkeiten gegeben. Die erste am 4. September, eine Art Junggesellinnenabschied in Hamm. Hier scheinen die Regeln der Maximalpersonen eingehalten worden zu sein, allerdings hat sich im Nachgang herausgestellt, dass dort unwissentlich zwei Infizierte waren. Am Tag darauf fand die eigentliche Hochzeit in Dortmund statt, hier scheint sich der Virus weiter verbreitet zu haben. Das Brautpaar selbst stammt aus Hamm. Mittlerweile sind mehr als 320 Personen aus Hamm identifiziert, die eine der Veranstaltungen besucht haben. Eine Woche später kam es in Dortmund zu einer anderen Hochzeit, wo sich ein in großen Teilen ähnlicher Kreis erneut traf. Wir kennen die Locations.
Wie kooperativ ist das Brautpaar und die Familie?
Gerade zu Beginn sind wir mit keinen oder falschen Informationen versorgt worden. Zunächst hieß es, es seien 80 Gäste gewesen, mittlerweile sind wir bei mehr als 320. Wir prüfen mit Nachdruck, wo und wie wir diejenigen, die gegen die Regeln verstoßen, in Haftung nehmen können. Das könnten eine ganze Reihe von Anzeigen werden.
Gibt es so etwas wie Einsicht oder Reue?
Die Zusammenarbeit ist zumindest besser geworden. Ob es Einsicht ist oder die Angst vor den Behörden kann ich nicht genau sagen. In der ganzen Corona-Zeit hat sich noch niemand so sperrig verhalten. Aber weil es ein regionales Ereignis ist, dass im Wesentlichen in Hamm spielt, ist es steuerbar.
Sie wollen wieder ins Amt gewählt werden, Sonntag ist die Stichwahl. Wie beansprucht fühlen Sie sich?
Ich will nicht herumjammern, aber ich bin schon bis an die Leistungsgrenze belastet. Wir haben hier – leicht übertrieben gesagt – gerade alle zwei Stunden eine neue Lage.