Hagen/Lüdenscheid. Corona-Tests werden bis tief in die Nacht ausgewertet: Warum das Labor Wahl bis zum Anschlag arbeitet und was den Leiter an der Politik ärgert.

Bis 1 Uhr morgens arbeiten seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter derzeit, um all die vielen Corona-Tests auszuwerten, die in diesen Tagen anfallen. Dr Hans Günther Wahl, der das Medizinische Labor Wahl in Lüdenscheid leitet, sagt: „Meine Mitarbeiterinnen im Bereich der Corona-Diagnostik arbeiten zwölf Tage am Stück, dann zwei Tage frei. Ich selbst habe kaum noch Zeit für andere Patienten, telefoniere fast nur noch den ganzen Tag. Wir sind hier wirklich am Anschlag.“

Wahl (64) hatte bereits zu Beginn der Pandemie massiv investiert, um noch mehr Tests auswerteten zu können und ein über 100.000 Euro teures Analysengerät gekauft. Die hilft nun auch massiv, um die derzeit täglich bis zu 800 Tests auszuwerten. Hans Günther Wahl ist sogar auf der Suche nach weiteren Maschinen. Aber die Fachpersonalknappheit wird zu einem noch größeren Problem: „Ich habe schon Stellen ausgeschrieben, die aber noch nicht besetzt werden konnten.“

Sorge vor Herbst und Winter

Was der Laborleiter aus Lüdenscheid insbesondere kritisiert: die bürokratischen Hemmnisse und EDV-Probleme aufgrund übereilter Aktionen: „Es wird politisch beschlossen, dass kurzfristig Reiserückkehrer, Lehrer und Erzieher getestet werden sollen, ohne dass vorher ausreichend mit den betroffenen Stellen wie Gesundheitsämter, Kassenärztliche Vereinigungen, Hausärzten und Laboren das Procedere besprochen wurde. Wir müssen das dann schnell umsetzen, obwohl vieles unklar ist.“ So habe die Kassenärztliche Vereinigung kurzfristig zwei neue Überweisungsscheine eingeführt, die aber zum Start noch nicht einmal gedruckt vorgelegen hätten.

Nachdem täglich bis zu 30 Personen direkt beim Labor nach der Durchführung des Coronatests angefragt hätten, habe er mehrfach angeboten, die Abstriche auch selbst abzunehmen, um Hausärzte zu entlassen. Zunächst sei dies abgelehnt worden, weil man keinen Bedarf gesehen habe. Erst nachdem die Anzahl der Personen im Laufe der letzten Woche dramatisch zugenommen habe, sei es ihm jetzt gestattet worden. Die Kassenärztliche Vereinigung hat dazu gestern auf WP-Anfrage noch keine Antwort geben können.

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Hans Günther Wahl teilt die Kritik von Michael Müller, dem Vorsitzenden des Verbands der akkreditierten Labore der Mediziner (ALM) . Der hatte gegenüber unserer Zeitung breit angelegte Tests als „wenig sinnvoll“ beschrieben. Es solle anlassbezogen getestet werden, auch um die Kapazitäten der Labore nicht zu überfordern. „Wir haben jetzt erst August“, so Hans Günther Wahl. „Was sollen wir machen, wenn wir erst in den Herbst oder Winter mit noch mehr Fällen kommen?“ Labore wie das von Wahl, die Corona-Tests auswerten, gibt es nur wenige in der Region.

Schulklassen in Quarantäne

Indes gibt es einen Tag nach Schulbeginn mehrere Klassen in der Region, die in Quarantäne gehen müssen, weil Lehrer oder Schüler positiv getestet wurden. Am Mittwoch – wie berichtet – in Halver und in Wilnsdorf. Am Donnerstag kamen auch vier Klassen im Kreis Soest und weitere Klassen in Wenden und Arnsberg-Hüsten hinzu. Dort war eine Schülerin positiv getestet worden bei den flächendeckenden Überprüfungen in Bayern, die derzeit für Schlagzeilen sorgen.