Hagen/Sauerland. Stefan Götze aus Hagen hatte in seinem Leben schon mehr als 200 Zecken an seinem Körper. Einmal wurde es gefährlich.

Täuscht der Eindruck oder gibt es tatsächlich mehr Zecken als noch vor ein paar Jahren in unserer Region? Der Eindruck täuscht nicht. Tatsächlich bestätigen Experten diese Beobachtung: „Die Risikogebiete für einen vermehrten Zeckenanfall sind dieses Jahr größer“, so Professor Peter Sefrin, Bundesarzt des Deutschen Roten Kreuzes. Aufgrund des milden Winters gibt es zudem noch mehr Zecken als in den Vorjahren.

Auch Stefan Götze, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Biologischen Station Hagen, teilt die Meinung: „Wir hatten keinen richtigen Winter, so dass viele Tiere überlebt haben. Durch die Trockenheit der letzten beiden Jahre hatten die Zecken ebenfalls gute Bedingungen.“ Denn bei Regen seien die Parasiten weniger mobil und ihre Verbreitung gehe zurück.

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Generell mögen es die Zecken eher warm: „Meistens kommen sie, wenn im Frühjahr die Gräser nach oben schießen“, sagt Götze. Dort hängen sie dann und warten auf einen Wirt. Der Gemeine Holzbock, die in Deutschland häufigste Art, ist hingegen ein aktiver Jäger. Das heißt, er krabbelt durch die Gegend und sucht seine Beute. Den Zecken hilft dabei ein bestimmtes Organ: das Haller-Organ. „Das sitzt an den beiden vorderen Beinen. Sie strecken sie wie Fühler aus und können damit menschlichen Schweiß oder das Atmen eines Tieres erkennen. Wenn sie registrieren, dass etwas oder jemand kommt, halten sie sich direkt daran fest“, erklärt Stefan Götze.

Eher beißen als stechen: Die Weibchen stehlen das Blut

Es sind hauptsächlich die Weibchen, die uns das Blut stehlen. Sie brauchen es für die Jungenaufzucht. Wie machen sie das? Zecken haben ein Mundwerkzeug, mit dem sie eine Wunde aufreißen. Sie geben Speichel hinein, damit das Blut nicht gerinnt und sie es aufsaugen können. „Es ist also eher ein Beißen als ein Stechen“, sagt Götze. Er selbst habe bisher „weit mehr als 200 Zecken“ gehabt, schätzt er. Und er ist auch bereits einmal an Borreliose erkrankt. Zecken können diese Krankheit über Bakterien, die Borrelien, übertragen.

Stefan Götze hat schon weit mehr als 200 Zecken gehabt. In einem Fall musste der wissenschaftliche Mitarbeiter der Biologischen Station Hagen im Anschluss länger ein Medikament einnehmen.
Stefan Götze hat schon weit mehr als 200 Zecken gehabt. In einem Fall musste der wissenschaftliche Mitarbeiter der Biologischen Station Hagen im Anschluss länger ein Medikament einnehmen. © Wiebke Schemann | Wiebke Schemann

„Frühe Symptome einer Borreliose können Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit, Fieber und Kopfschmerzen sein. Auch von Mensch zu Mensch können sich die Borreliose-Symptome stark unterscheiden. Charakteristisch ist die Wanderröte, die sich an der Einstichstelle als Hinweis auf eine mögliche Erkrankung ausbildet“, erklärt Dr. Klaus Schmidt, Arzt beim Gesundheitsamt des Hochsauerlandkreises.

Die Wanderröte tritt jedoch nicht bei jedem auf und auch nicht unmittelbar nach dem Zeckenbiss. Bei Stefan Götze hat es etwa neun Tage gedauert, bis die Wunde „wie eine Zielscheibe“ ausgesehen hat. Mehrere Wochen lang musste er ein Medikament einnehmen, das in seinem Fall zum Glück noch früh genug gegeben werden und somit Schlimmeres verhindern konnte. Immun ist Götze nach der Erkrankung allerdings nicht.

Wie sollte die Zecke am besten entfernt werden?

Wenn sich Zecken auf den menschlichen Körper verirren, suchen sie sich Stellen, die warm und feucht sind wie die Achselhöhlen, Kniekehlen oder der Schambereich. Wer eine Zecke an sich entdeckt, sollte sie so schnell wie möglich entfernen. Das geht zum Beispiel mit einer Zeckenpinzette, Zeckenkarte oder Zeckenzange. „Wichtig bei allen Hilfsmitteln ist, dass die Zecke möglichst hautnah gegriffen wird. Dies verhindert ein Quetschen der Zecke und somit auch die Freigabe von möglicherweise gefährlichen Körperflüssigkeiten. Die goldene Regel bei der Technik lautet: die Zecke hautnah, langsam und kontrolliert entfernen ohne größere Drehbewegung oder Ruck“, rät Dr. Klaus Schmidt.

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Aber wohin dann mit dem lästigen Tier? Es zu ertränken erfordert etwas Geduld, denn Zecken halten es eine Weile unter Wasser aus. Sie zwischen den Fingernägeln zu zerdrücken geht zwar, jedoch sind manche Zecken so robust, dass es nicht so einfach ist. „Am besten ist es, sie mit einem Streichholz oder Feuerzeug abzuflämmen“, empfiehlt Stefan Götze.

>> INFO: Wie kann man Zeckenbissen vorbeugen?

  • Wer durch hohes Gras läuft, sollte das in einer langen und hellen Hose tun. Auf ihr sieht man die dunklen Spinnentiere besser und kann sie abklopfen.
  • Manche Wanderer schwören auch auf die Chemiekeule und sprühen ihre Kleidung mit einem Zeckenschutz-Spray ein.
  • Nach dem Spaziergang ist es ratsam, die Kleidung bereits vor Eintritt ins Haus abzusuchen und ggf. auch schon auszuziehen. Den Körper sollte man dann unter der Dusche gründlich auf eventuelle Zeckenbisse hin untersuchen.

>> HINTERGRUND: Warum die „Super-Zecke“ gefährlich werden kann?

Weltweit gibt es etwa 900 Zeckenarten, in Deutschland ist der Gemeine Holzbock die meist verbreitete. Aufgrund der veränderten Klimabedingungen fühlt sich hier aber auch eine neue, tropische Art immer wohler: die Hyalomma-Zecke. Weil sie fünfmal größer werden kann als der Holzbock, wird sie in den Medien auch „Super-Zecke“ genannt. Sie ist besonders gefährlich, weil sie die seltenen und lebensbedrohlichen Krankheiten Fleckfieber und das Krim-Kongo-Fieber übertragen kann.

Hyalomma-Zecken stammen ursprünglich aus den Trocken- und Halbtrockengebieten von Afrika, Asien und Südeuropa. Während 2015 und 2017 jeweils nur ein Exemplar der tropischen Eindringlinge mit den gelb-braun geringelten Beinen gefunden worden ist, wurden im Jahr 2018 insgesamt 19 Hyalomma-Funde aus acht unterschiedlichen Bundesländern übermittelt: Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein.

 Die Zecken Gemeiner Holzbock (l, Ixodes ricinus) und Hyalomma marginatum liegen  zum Größenvergleich nebeneinander.
Die Zecken Gemeiner Holzbock (l, Ixodes ricinus) und Hyalomma marginatum liegen zum Größenvergleich nebeneinander. © dpa | Lidia Chitimia-Dobler

2019 registrierte das RKI fünf Exemplare der Super-Zecke. Im selben Jahr wurde der erste Fall von Fleckfieber durch einen Zeckenbiss bekannt. Ein Pferdehalter aus Siegen soll von einer infizierten Hyalomma-Zecke angesteckt worden sein. Er konnte erfolgreich mit Antibiotika behandelt werden.

Angst haben müssen man deshalb jetzt aber nicht, sagt Stefan Götze: „Die Zecken können die Fieberkrankheiten nur übertragen, wenn sie direkt aus ihrer Heimat importiert werden, zum Beispiel von Zugvögeln. Wenn sie sich bei uns etablieren sollten, können sie nur Erreger jener Krankheiten sein, die auch hier bei uns zu finden sind.“