Attendorn. Die Atta-Höhle in Attendorn gilt als eine der schönsten Tropfsteinhöhlen in Deutschland. Wer sie nicht gesehen hat, hat etwas verpasst.

In der geheimnisvollen Welt einer Höhle scheint die Zeit still zu stehen: Ein Tropfstein wächst in zehn Jahren um einen ganzen Millimeter. Kein Vergleich zu der Geschwindigkeit über der Erde.

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Es ist fast fünfzig Jahre her, dass der Reporter die unterirdische Wunderwelt der Atta-Höhle in Attendorn bestaunt hat. Als Schüler auf Klassenfahrt. Eine Beschreibung, bei der Geschäftsführer Wolfgang Böhmer schmunzeln muss: „Wie Ihnen ergeht es vielen Besuchern: Sie waren als Kinder in der Atta-Höhle und kommen als Erwachsene mit Familie oder Freunden gerne wieder.“

Beliebtes Klassenfahrts-Ziel

Von dem Standard-Klassenausflugsprogramm profitiere man bis heute, sagt Böhmer. „Wir leben von der Mund-zu-Mund-Propaganda.“

Wolfgang Böhmer ist Geschäftsführer der Attendorner Tropfsteinhöhle. Sein Urgroßvater war dabei, als im Jahr 1907 die Höhle entdeckt wurde.
Wolfgang Böhmer ist Geschäftsführer der Attendorner Tropfsteinhöhle. Sein Urgroßvater war dabei, als im Jahr 1907 die Höhle entdeckt wurde. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Umso wichtiger, weil das Geschäftsfeld Klassenfahrten und Gruppenreisen in Corona-Zeiten weggebrochen ist. „Im Moment sind es vor allem junge Familien, die zu uns kommen und an einer Führung teilnehmen.“

Bei Sprengungen entdeckt

Böhmers Urgroßvater war dabei, als im Jahr 1907 Steinbrucharbeiter der Biggetaler Kalkwerke bei Sprengungen das unterirdische Labyrinth aus Tropfsteingebilden entdeckten. Schon als Kind „war ich hier oben“, sagt der 66-Jährige und meint den Eingang zum Weg nach unten.

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Bis heute hat ihn die Faszination Atta-Höhle nicht losgelassen. Wenn man ihn fragt, welche Stelle sein Lieblingsort ist, kommt seine Antwort in Windeseile: „alles“.

Und schiebt man die Frage hinterher, warum er die nach Fürstin Atta benannte Höhle gerne als die Königin unter den Tropfsteinhöhlen bezeichnet, sagt er zunächst kurz und bündig: „Das sehen Sie gleich selbst.“ Und ergänzt dann doch: „Die Gebildevielfalt in dieser Form gibt es in keiner anderen Höhle.“

Konstante 9 Grad Celsius

Plötzlich vom Gang aus zu sehen: ein kleiner „Teich“.
Plötzlich vom Gang aus zu sehen: ein kleiner „Teich“. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Gut, der Reporter hätte keine drei Jacken mitnehmen müssen, die er in der vermeintlich kühlen Höhle übereinander anziehen wollte. Wolfgang Böhmer hatte noch rechtzeitig dazwischen gegrätscht: „Brauchen Sie nicht. Es ist windstill in der Höhle. Deshalb kommen Ihnen die 9 Grad, an allen Stellen und das ganze Jahr über, nicht kalt vor.“

Er wird recht behalten und hat bei aller Befangenheit in Hinblick auf die Schönheit der Schauhöhle mit ihren verborgenen Schätzen nicht zu viel versprochen. Johanna Rath vom Atta-Höhlen-Team­ geht voraus.

Siegessäule in der Ruhmeshalle

Ist der 80-Meter-Tunnel hinter dem Eingang passiert, stellt sich augenblicklich der Aha-Effekt ein – der erst nach der 45-minütigen Führung am Tageslicht wieder abflauen wird: Es ist beeindruckend, was die Natur erschaffen hat.

Johanna Rath bleibt in der Ruhmeshalle stehen: „Hier finden Sie die verschiedensten Tropfsteingebilde“, sagt sie und zeigt auf die Siegessäule, sozusagen das Wahrzeichen der Höhle.

Kalkablagerungen hängen wie Gardinen herunter

Bei einer 45 Minuten dauernden Führung weiß man oft nicht, wohin man zuerst schauen soll.
Bei einer 45 Minuten dauernden Führung weiß man oft nicht, wohin man zuerst schauen soll. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

An einer schrägen Decke vor uns hängen vorhangartige Kalkablagerungen herunter, sogenannte Sinterfahnen. Man erkennt sofort, warum sie in der Fachwelt Gardinen genannt werden.

Ein paar Meter weiter entführt uns Johanna Rath in die Speisekammer. „Sehen Sie den Schinken, der wie in einer Räucherkammer herunterhängt“, fragt sie und aktiviert die Phantasie. In einer Tropfsteinhöhle entdecken auch Erwachsene mit kindlicher Freude vermeintliche Figuren und Gegenstände.

Die Atta-Höhle ist ein Naturwunder voller Überraschungen. Die Zeit stand unter der Erde tatsächlich still.