Hagen. Wie sind die ersten Stunden mit der verringerten Mehrwertsteuer? Wie machen es die Eisdiele und der Bäcker? Und was sagen die Kunden dazu? .
Im Zuge des Konjunkturpakets hat die Bundesregierung die Mehrwertsteuer gesenkt. Die Regelung gilt seit Mittwoch (1. Juli) bis zum Ende des Jahres. Aber wie wird sie umgesetzt? Händler sind nicht verpflichtet, die Ersparnis an die Kundern weiterzugeben. Tun sie es trotzdem? Was kommt beim Kunden an? Die Handelsriesen wie Aldi, Lidl, Rewe und Edeka werben schon mit den Rabatten. Und was kostet jetzt mein Brötchen, mein Sportschuh, mein Frühstück? Wir fragten…
… den Hotelier und Gastronomen:
Edgar Stracke leitet den Landgasthof Hubertus in Schmallenberg-Fleckenberg. Anderthalb Tage, bevor die Umstellung vollzogen sein soll, ist er noch beim Steuerberater gewesen. Er hatte Fragen. „Da wollte jemand etwas Gutes tun, hat es aber nicht zu Ende gedacht“, sagt Stracke über die Mehrwertsteuersenkung. „Das ist ein riesengroßer Aufwand für uns.“
Eine neue Kasse habe er erst neulich gekauft, die müsse aber umprogrammiert werden. Der Servicemann vom Hersteller sei aber seit Wochen ausgebucht. Zusammen mit seiner Nichte hat er sich nun die Betriebsanleitung aus dem Internet heruntergeladen, um selbst Hand anzulegen. „Wenn ich das bis zum 1. Juli mittags hingekriegt habe, ist alles ok“, sagt er, bevor der Tag der Umstellung gekommen ist.
Doch die Tücken stecken weiterhin im Detail, denn Stracke muss alles hübsch auseinanderrechnen. Auf Getränke werden für ein halbes Jahr 16 Prozent Mehrwertsteuer (statt 19) gerechnet, auf Speisen aber nur fünf Prozent (statt 7). Vor wenigen Tagen sind Gäste angereist, die anderthalb Wochen bleiben: Auch da muss er zwei Rechnungen machen. Eine bis Ende Juni, eine mit Beginn des Juli. „Es gibt Betriebe, die lassen die Preise wie sie sind“, sagt er und versteht das: „Viele brauchen die Mehreinnahmen, um überhaupt wieder Liquide zu werden.“
… im Sportartikelgeschäft:
Klaus Strojnowski ist Inhaber von Sport Strojnowski, einem Geschäft in der Neheimer Innenstadt. Auf den Preisschildern werden die Kunden bei ihm nichts sehen können, auf der Rechnung schon. „Wir werden die drei Prozent an der Kasse an die Kunden weitergeben“, sagt Strojnowski. Eine Änderung der Preisauszeichnung wäre „zu aufwändig“, sagt er. Auch die Umstellung sei nicht zu kompliziert gewesen, eine Stunde habe das gedauert. „Ich finde die Aktion gut. Wir haben viele Stammkunden, die von dem Vorteil profitieren sollen.“
… in der Bäckerei:
Was ist eigentlich mit meinem Brötchen? Wird das auch einen Cent günstiger? Nein, wird es nicht. Zumindest nicht bei der Bäckerei Vielhaber, die u.a. Standorte in Hagen, Sundern, Neheim, Hüsten, Werl, Soest, Iserlohn und Meschede hat. „Wir haben viel und lange darüber diskutiert, wie wir damit umgehen und nun entschieden, dass wir nicht auf jedes einzelne Brötchen einen Nachlass geben, sondern dass wir den Angebotsbereich erweitern auf Brot und Heißgetränke“, sagt Elisabeth Vielhaber.
Alle zwei Wochen werde ein anderes Brot und ein anderes Heißgetränk im Angebot sein, so dass jeder Kunde seine Vorlieben vergünstigt kaufen könne. „Wichtig bei diesem Vorgehen ist uns, dass das Angebot immer einen deutlichen Preisnachlass mit sich bringt, den der Kunde dann auch bemerkt – eventuell im Gegensatz zu den zwei bis drei Prozent durch die Mehrwertsteuersenkung“, sagt Vielhaber, die die Pläne der Bundesregierung zunächst nur wenig begeistert zur Kenntnis nahm: „Wir fühlen uns ein bisschen ferngesteuert mit den ganzen Maßnahmen“, sagt sie. „Aber vielleicht hilft es ja, die Geschäfte in allen Bereichen wieder mehr anzukurbeln.“
… die Kunden:
Benno Janke kommt gerade aus der Bäckerei Vielhaber in der Hagener Innenstadt. Dort ist das Siegerbäcker im Angebot: 3,80 statt 4,15 Euro. Janke aber kaufte das Brot, das er immer kauft, ohne auf die Mehrwertsteuer zu achten.
Er kramt aber den Bon vom Drogeriemarkt heraus. Dort sind die verschiedenen Mehrwertsteuersätze ausgewiesen. „Jetzt wo Sie es sagen bin ich gespannt, wie es die Eisdiele macht“, sagt er. Enkel Manuel hat sich eine Erfrischung verdient. „Wenn ich eine Eisdiele hätte, würde ich ein Schild aufstellen, auf dem steht: Ab heute drei Prozent mehr Eis pro Kugel“, lacht Janke. Tatsächlich aber werden im Eiscafé San Marino an der Ecke die Minderkosten an der Kasse abgezogen. Zumindest sobald die Kasse umgestellt ist.
Alexander Schücker brauchte neue Kleidung, zwei Tüten hat er an der Hand. Ob es darauf den Rabatt gab? „Keine Ahnung“, sagt er und kramt ebenfalls den Bon hervor. „2,45 Euro gespart“, sagt er nach einem prüfenden Blick, ohne größere Begeisterung erkennen zu lassen. „Weniger Geld ausgeben zu müssen, ist immer gut, aber ich glaube der Effekt wird sich für uns in Grenzen halten“, sagt er und seine Partnerin Stammer nickt dazu. „Ich denke, am Ende des Monats werden wir mehr wissen. Beim Einkaufen im Supermarkt seien ihr vor Tagen schon die krummen Preise aufgefallen. „Eine Familie mit drei Kindern wird das vermutlich eher merken als das bei uns der Fall ist“, sagt sie.
„Das bringt für die Dinge des alltäglichen Bedarfs nicht allzu viel“, sagt Edda Tischhart, die mit ihrer Freundin Brigitte Lange in der Stadt unterwegs ist. Für größere Anschaffungen wäre das schon was anderes. Beide überlegen. Ja, gut, die Waschmaschine sei alt, sagt Frau Tischhart, aber sie ginge ja schließlich noch. Daher: Es bleibt also bei Centbeträgen an Ersparnis.