Die Corona-Krise belastet uns seit Monaten. Aber können wir am Ende auch etwas Positives daraus ziehen? Zwei Meinungen.

Kann man der Corona-Zeit auch Positives abgewinnen? Zwei Positionen zu einer umstrittenen Frage.

Pro: Ein wohltuender Zusammenhalt

Wer durch Corona einen nahen Menschen oder seinen Job verloren hat, wird dieser Argumentation nichts abgewinnen können. Zurecht. Alle anderen – und das sind auch viele – werden es gespürt haben: Dass diese kollektive Krise auch Gutes zu Tage gefördert hat. Dass sie uns vereint gegen den unsichtbaren Gegner. Nicht kämpferisch, sondern in gemeinsamer Hoffnung.

Daniel Berg
Daniel Berg © FFS | NN

Wildfremde Menschen kauften für andere ein, wildfremde Menschen musizierten für Pflegeheimbewohner oder Nachbarn, wildfremde Menschen waren und sind einander näher, weil sie sich zum Abschied nur eines wünschen: „Bleiben Sie gesund.“ Es klingt nicht wie eine Floskel, sondern wie ein aufrichtiger Wunsch.

Und darum geht es doch: Um die Rückbesinnung auf das, was wirklich wichtig ist. Die Kontakt- und Ausgehverbote waren hart, aber sie waren auch wohltuend. Wie fasten. Fasten von all den Dingen, die vermeintlich wichtig sind, die man scheinbar so dringend im Alltag für sein Glück braucht.

In einer Welt, die sich immer schneller dreht und rücksichtsloser erscheint, ist die Erkenntnis tröstlich, dass da irgendwo auch Zusammenhalt schlummert. Zusammenhalt, der hoffentlich auch nach der Krise noch da ist. Aber dafür können wir sorgen. Jeder Einzelne. Daniel Berg

Kontra: Jetzt wird halt mit Mundschutz geschossen

Der Mensch ist vielerlei. Aber vernünftig ist er nicht“, hat Oscar Wilde gesagt. Der irische Schriftsteller ist zwar schon lange tot, seine Aussage ist aber heute noch so gültig wie vor 120 Jahren. Das passende Symbolbild dazu aus der Corona-Krise: Soldaten tragen jetzt einen Mundschutz, wenn sie auf andere schießen.

Wir müssen aber gar nicht bis nach Libyen schauen. Hierzulande halten Raucher jetzt einen Mindestabstand ein, um sich vor einer Lungenkrankheit zu schützen...

 Martin Korte.
Martin Korte. © FFS | Volker Hartmann

Zur Unvernunft gesellt sich gern die Vergesslichkeit: Was haben wir die „Helden des Alltags“ vor ein paar Wochen gefeiert. Und jetzt? Leider können Pflegerinnen, Erzieherinnen und viele andere von Applaus nicht leben. Ist eine Einmalzahlung als Wertschätzung nachhaltig? Wohl kaum. Mittlerweile klingt der Beifall wie Hohn.

Das Coronavirus wird zudem zahlreichen kleinen Händlern und Gastronomen den Todesstoß versetzen. Wir merken, dass unsere soziale Marktwirtschaft gar nicht so sozial ist, weil die Gewinnmaximierung auf Kante genäht ist. Und der Klimaschutz? Plötzlich gar nicht mehr so wichtig.

Also den Kopf in den Sand stecken? Niemals! Sondern Verantwortung übernehmen. Oder wie würde Oscar Wilde sagen: „Sei du selbst, alle anderen sind bereits vergeben.“ Martin Korte