Hagen. 30 Jahre war das Wandmosaik von Carl Baumann im Theater Hagen hinter einer Leichtbauwand verborgen. Niemand wusste, wie groß es wirklich ist.

Nicht weniger als 100.000 Mosaiksteinchen füllen die gigantische Wandfläche mit ihren 11 Metern Länge im Foyer des Theaters Hagen. Die meisten der winzigen Kacheln sind schwarz, tiefschwarz. Aus diesem Abgrund schwebt an der rechten Seite ein farbenprächtiger Paradiesvogel wie ein Phönix aus der Asche empor. Die Botschaft des Wandmosaiks aus dem Jahr 1962 von Carl Baumann ist leicht zu übersetzen: Aus den Trümmern der NS-Herrschaft und des Zweiten Weltkriegs erhebt sich die Kultur auf bunten Schwingen. Fast 30 Jahre lang war Carl Baumanns monumentales Kunstwerk hinter einer Leichtbauwand versteckt. Jetzt ist es wieder freigelegt.

Die Werke von Künstler Carl Baumann

Edelstahlrelief von Carl Baumann 
Edelstahlrelief von Carl Baumann  © WP | Michael Kleinrensing
08. Juni 2020, Hagen. Das Mosaik vom Künstler Carl Baumann wurde im Foyer im Thetaer Hagen wieder freigelegt.
08. Juni 2020, Hagen. Das Mosaik vom Künstler Carl Baumann wurde im Foyer im Thetaer Hagen wieder freigelegt. © WP | Michael Kleinrensing
08. Juni 2020, Hagen. Das Mosaik vom Künstler Carl Baumann wurde im Foyer im Thetaer Hagen wieder freigelegt.
08. Juni 2020, Hagen. Das Mosaik vom Künstler Carl Baumann wurde im Foyer im Thetaer Hagen wieder freigelegt. © WP | Michael Kleinrensing
08. Juni 2020, Hagen. Das Mosaik vom Künstler Carl Baumann wurde im Foyer im Thetaer Hagen wieder freigelegt.
08. Juni 2020, Hagen. Das Mosaik vom Künstler Carl Baumann wurde im Foyer im Thetaer Hagen wieder freigelegt. © WP | Michael Kleinrensing
08. Juni 2020, Hagen. Das Mosaik vom Künstler Carl Baumann wurde im Foyer im Thetaer Hagen wieder freigelegt.
08. Juni 2020, Hagen. Das Mosaik vom Künstler Carl Baumann wurde im Foyer im Thetaer Hagen wieder freigelegt. © WP | Michael Kleinrensing
Erhalten oder Nicht? Michael Schuh, Vorstand Bürger für Hohenlimburg, weist auf die Bedeutung des Kunstwerkes aus den 1950er-Jahren hin.
Erhalten oder Nicht? Michael Schuh, Vorstand Bürger für Hohenlimburg, weist auf die Bedeutung des Kunstwerkes aus den 1950er-Jahren hin. © Westfalenpost | Marcel Krombusch
Das Carl Baumann Relief (Kunstwerk
Das Carl Baumann Relief (Kunstwerk "Edelstahlwand) an der Ecke Neumarktstraße und Bahnhofstraße. WP-Foto: Michael Kleinrensing  © WP Michael Kleinrensing | Michael Kleinrensing
Carl Baumann malte die führenden Köpfe der „Roten Kapelle“ im Jahre 1941.
Carl Baumann malte die führenden Köpfe der „Roten Kapelle“ im Jahre 1941. © WR | Privat
Das alte Stadtbad Boele (Hallenbad) Hospitalstraße. Mosaik des Hagener Künstler Carl Baumann
Das alte Stadtbad Boele (Hallenbad) Hospitalstraße. Mosaik des Hagener Künstler Carl Baumann © WP Michael Kleinrensing | KLEINRENSING, Michael
Das Kunstwerk
Das Kunstwerk "Edelstahlplastik" von Künstler Carl Baumann von 1970 an der Wand oberhalb des Ischelandbach. © WP Michael Kleinrensing | Michael Kleinrensing
Zum 100 Geburtstag von Carl Baumann, einem bekannten Hagener Künstler Sgraffito Ecke Mittelstraße/Mariengasse. Bei diesem Sgraffito handelt es sich um die erste Arbeit von Carl Baumann für den öffentlichen Raum der Stadt Hagen. Dargestellt sind Szenen aus dem ländlichen und industriellen Leben des Raumes Hagen: eine Feldarbeiterin mit Ährenbündel und ein Stahlkocher. 
Zum 100 Geburtstag von Carl Baumann, einem bekannten Hagener Künstler Sgraffito Ecke Mittelstraße/Mariengasse. Bei diesem Sgraffito handelt es sich um die erste Arbeit von Carl Baumann für den öffentlichen Raum der Stadt Hagen. Dargestellt sind Szenen aus dem ländlichen und industriellen Leben des Raumes Hagen: eine Feldarbeiterin mit Ährenbündel und ein Stahlkocher.  © WAZ FotoPool | Theo Schmettkamp
Das im Jahre 1960 hergestellte Wandbild ist als Kunst am Bau für die damalige Volksschule und heutige Berufsschule entstanden. Dargestellt sind Segelschiffe, die sich im Wasser spiegeln. 
Das im Jahre 1960 hergestellte Wandbild ist als Kunst am Bau für die damalige Volksschule und heutige Berufsschule entstanden. Dargestellt sind Segelschiffe, die sich im Wasser spiegeln.  © WAZ FotoPool | Theo Schmettkamp
Der Hagener Künstler Carl Baumann wäre am 5. November 2012 100 Jahre alt geworden.
Der Hagener Künstler Carl Baumann wäre am 5. November 2012 100 Jahre alt geworden. © WR | Privat
zum 100. Geburtstag von Carl Baumann
zum 100. Geburtstag von Carl Baumann © WR | Privat
zum 100. Geburtstag von Carl Baumann Bild von Carl Baumann
zum 100. Geburtstag von Carl Baumann Bild von Carl Baumann © WR | Privat
Mit diesem monumentalen Wandbild leistete Baumann 1964 seinen Beitrag zur Verschönerung des damals neuen Rathauses. Die in Mosaik-Technik ausgeführte Arbeit gibt eine Darstellung der Stadt Hagen. 
Mit diesem monumentalen Wandbild leistete Baumann 1964 seinen Beitrag zur Verschönerung des damals neuen Rathauses. Die in Mosaik-Technik ausgeführte Arbeit gibt eine Darstellung der Stadt Hagen.  © WAZ FotoPool | Theo Schmettkamp
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Der Unbekannte aus Hagen unter den großen Künstlern Westfalens

Der Hagener Bildhauer Carl Baumann gehört zu den großen westfälischen Künstlern der Gegenwart. Im Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kultur in Münster hängt in der Dauerausstellung sein bekanntestes Bild, die „Rote Kapelle“. Es zeigt den Künstler mit seinen Freunden von der Widerstandsgruppe Rote Kapelle, von links: Harry Schulze-Boysen, Offizier, von den Nazis erhängt am 22. Dezember 1942, Walter Küchenmeister, Dreher und Redakteur, enthauptet am 13. Mai 1943, Kurt Schumacher, Bildhauer, erhängt am 22. Dezember 1942. Ganz rechts hat sich der Maler ins Bild gesetzt, der überlebt, allerdings wegen seiner verdächtigen Kontakte fünf Monate in Gestapohaft verbringen muss und danach an die Ostfront geschickt wird.

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Carl Baumann wird als Sohn eines Malermeisters am 5. November 1912 in Hagen geboren und beginnt mit 14 Jahren eine Malerlehre, um später den elterlichen Betrieb zu übernehmen. Doch ein Berufsschullehrer erkennt sein Talent, und so kann Baumann ab 1931 an der Kölner Werkkunstschule Sgraffito, Schrift- und Aktzeichnen sowie Glas- und Wandmalerei bei dem berühmten Johan Thorn-Prikker studieren. Bereits 1932 fertigt er für die Berufsschule in Hagen-Haspe ein Fresko von 18 Metern Länge und 4,50 Metern Breite.

Meisterschüler in Berlin

Nach Wanderjahren wird er von 1936 bis 1941 Meisterschüler an der Berliner Akademie der Bildenden Künste bei Bildhauer Prof. Ludwig Gies, dem späteren Schöpfer des Bundesadlers im Plenarsaal. Als Student erlebt Baumann die Gleichschaltung der Kunsthochschule. Er lernt Künstlerfreunde kennen, die aus unterschiedlichen Motivationen Widerstand gegen die Nazis leisten, darunter den Bildhauer Fritz Cremer aus Arnsberg.

Die Rote Kapelle von 1941  ist das bekannteste Bild von Carl Baumann. Es hängt im Landesmuseum für Kunst und Kultur in Münster.
Die Rote Kapelle von 1941 ist das bekannteste Bild von Carl Baumann. Es hängt im Landesmuseum für Kunst und Kultur in Münster. © LWL Museum für Kunst und Kultur Münster

1947 kehrt Baumann in seine Heimatstadt Hagen zurück, wo er bis zu seinem Tod am 7. Juli 1996 als freier Maler und Bildhauer wirkt und mit seinen Arbeiten im öffentlichen Raum das Gesicht der jungen Bundesrepublik mitgestaltet. „1950 wurde bundesweit das Kunst-am-Bau-Programm aufgelegt“, erläutert Dr. Birgit Schulte, stellvertretende Leiterin des Osthaus-Museums Hagen. „Man wollte die Republik nicht nur utilitaristisch wieder aufbauen, sondern auch künstlerisch. Dazu waren die Kommunen als öffentliche Bauträger verpflichtet.“

Wandarbeiten und Mosaike in Meschede, Bestwig und Winterberg

Der Bildhauer ist hoch angesehen. Nicht nur das Stadtbild seiner Heimatstadt prägt er bis heute mit Fassadenmalereien, Sgraffitos, Mosaiken und Edelstahlplastiken; vor allem für die Deutsche Post schafft er zahlreiche Werke, darunter für die Postämter in Hagen, Frankfurt, Meschede, Bestwig und Winterberg. Das heutige Schicksal dieser Kunst am Bau ist häufig unbekannt. 1964 entsteht ein abstraktes Glasmosaik für das Fernmeldehochhaus in Meschede, damit will Baumann das Wesen der Fernmeldetechnik in ein künstlerisches Gleichnis übersetzen, hat die Hagener Kunsthistorikerin Petra Holtmann recherchiert.

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„Carl Baumann hat es als seine genuine Aufgabe betrachtet, Kunst am Bau zu schaffen“, erläutert Birgit Schulte. „Er hat sich nie als Künstlergenius betrachtet, sondern als Kunstmaler. Diese Auffassung ist von seinem Lehrer Thorn-Prikker beeinflusst und geht auf den Bauhaus-Gedanken zurück, dass der Bau das Ziel aller Kunst ist.“

Fenster in der Lukaskirche Bochum

Zu den bekannten Arbeiten Carl Baumanns in der Region gehören die Fenster der ev. Lukaskirche in Bochum und das Tränenkreuz auf dem Friedhof Loxbaum in Hagen. Im Landesmuseum Münster zieht die „Rote Kapelle“ immer wieder alle Blicke auf sich. Der Schriftsteller Peter Weiss hat der Roten Kapelle mit seinem Buch „Die Ästhetik des Widerstands“ übrigens ein literarisches Denkmal gesetzt.

Mehr Fotos finden Sie unter: wp.de/baumann